Nach dem Erklärungsmodell der Evolution haben sich Veränderungen am Erbgut durch Zufall eingestellt. Die meisten dieser Mutationen verschlechtern die Überlebenschancen eines Lebewesens, wenige verbessern sie. Diese Verbesserungen werden nicht gezielt hergestellt, sondern entstehen zufällig durch äußere Einwirkungen. Das kann auch durch körperfeindliche Stoffe und Strahlungen geschehen. Nach einer langen Entwicklung ist dann ein Lebewesen herausgekommen, das sich nur zu einem Teil biologisch bestimmen lässt. Also durch Hunger getrieben nach Nahrung sucht, sich wie Vögel und Kaninchen eine Unterkunft baut, seinem Bewegungsdrang nachgeht, Nachkommen zeugt und großzieht. Daneben gibt es aber auch Ideen, die nicht aus biologischen Antrieben kommen. Z.B. die Idee der Gerechtigkeit.
Leitideen, die der Mensch in sich, nicht in der Realität findet
Der Mensch trägt Vorstellungen in sich, die er auch noch verwirklichen soll. Diese Ideen sind erst nur Möglichkeiten, jedoch andere als z.B. ein Haus zu entwerfen oder mit einem Boot den Verlauf eines Flusses zu erkunden. Diese Tätigkeiten kann der Mensch ausführen oder auch nicht. Anders als ein Haus zu entwerfen oder eine Region zu erkunden ist die Verpflichtung, die er im Zusammenhang mit der Idee der Gerechtigkeit spürt. Diese drängt ihn nicht nur, sondern verpflichtet ihn. Es ist dem Menschen nicht einfach überlassen, ob er gerechte Verhältnisse anstrebt, vielmehr verlangt die Idee der Gerechtigkeit ihre Umsetzung, sie beansprucht Geltung. Ähnlich verlangt das Wahrheitsprinzip, dass der Mensch andere nicht täuscht. Da Affen ihre Artgenossen ebenfalls täuschen können, ist beobachtet worden. Könnte man auch ebenso beobachten, ob diese Artgenossen des Menschen ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie einen anderen getäuscht oder übervorteilt haben. Wir müssten dem Innenleben der Affen näherkommen. Sie müssten sprechen können, damit wir erfahren, was in ihnen vorgeht und ob sie überhaupt ein Gewissen haben. Von anderen Menschen können wir es in Erfahrung bringen.
Der unbedingte Anspruch ermöglicht Freiheit
Der Anspruch auf Geltung hat sogar etwas Unbedingtes. Der Mensch kann diesen nur entgegennehmen, aber nicht außer Kraft setzen. Er kann zwar ungerecht handeln, jedoch bleibt der Anspruch der Idee. Der Mensch wird in die Idee der Gerechtigkeit noch weiter eingebunden, indem die Umsetzung der Gerechtigkeitsidee seiner Kreativität überlassen bleibt. Die Idee selbst lässt nicht zu, dass er sie relativiert, sie beansprucht ihn ohne "Wenn und Aber". Da die Idee sich aber nicht mit physikalischer oder biologischer Gesetzmäßigkeit umsetzt, sondern den Menschen in seiner Entscheidungsfähigkeit beansprucht, setzt der Mensch zwar seine Gehirnzellen in Gang, um die Realisierung zu entwerfen und kommt dann zu bestimmten Handlungen, für die er dann seine Arme und Beine braucht. Gerechtigkeit wird damit zu Gehirnaktivität und die Umsetzung in die physikalische Ebene von Bewegungen und Handlungen. Die Idee handelt also nicht wie ein physikalisches Gesetz. Damit entbindet ihr Geltungsanspruch den Menschen von den biologischen Instinkten. Er kann nicht mehr allein durch biologische Mechanismen gesteuert werden. Das liegt in dem Anspruch der Freiheit
Gegenüber der Freiheit ist der Mensch nicht frei
Es ist Erstaunliches zu beobachten. Gerade der unbedingte Geltungsanspruch der Idee eröffnet den Raum der Freiheit. Etwas, das dem Menschen unbedingt vorgegeben ist, setzt ihn frei, nämlich sein Leben und sein Umfeld nach der Idee der Gerechtigkeit zu gestalten. Damit verliert die Freiheit den Charakter Willkür, sie wird erst frei, wenn sie den absoluten Anspruch der Ideen an sich heranlässt.
Dieser Geltungsanspruch der Ideen erfordert für seine Umsetzung nicht nur die Freiheit des Menschen, sondern die Freiheit kommt auch mit einem Anspruch auf den Menschen zu, nämlich frei zu sein. Der Mensch kann seiner Freiheit nicht entkommen. Die Freiheit ruft ihn jeden Tag neu dazu, dem eigenen Leben eine Gestalt zu geben. Wir sind sozusagen zur Freiheit gezwungen. Auch wenn wir andere über uns bestimmen lassen, ist unsere Freiheit insofern im Spiel, als sie das zulässt. Damit schriebt die Freiheit ständig neue Geschichten.
Freiheit ist Wurzelgrund der Kultur
Weil jeder selbst sein Leben leben muss, er selbst sein soll und sich nicht von anderen leben lassen darf, bietet die Freiheit ständig neue Konflikte und Biografien, die dargestellt, in ihren Konflikten, in ihrem Gelingen und Misslingen beschrieben werden werden. Die vielen Romane, Filme, Fernsehserien handeln von dem, wie einzelne mit ihrer Freiheit umgehen und die der anderen achten. Wenn man unterdiesem Aspekt das Fernsehen einschaltet, bringt es eine erstaunliche Vielfalt zustande. Vielleicht ist dann der Krimi gar nicht mehr so interessant, sondern die Arzt- und Nonnenserien, die Komödien und Liebesfilme.
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Die von Rémi Brague geforderte metaphysische Verankerung des Menschen in der Metaphysik wird in dem Beitrag oben aufgegriffen und an einem Aspekt „heruntergebrochen“
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