Paulus hat die Anhänger Jesu verfolgt. Er ist sogar mit einer Eskorte nach Damaskus aufgebrochene, um die Anhänger des „Neuen Weges“ vor das Jerusalemer Gericht zu bringen. Es waren keine politischen Motive, warum aus seiner Sicht Christen verfolgt werden mussten. Die ersten Christen hatten sich noch nicht einmal vom Judentum losgesagt. Sie sprachen von einem Neuen Weg innerhalb der jüdischen Gemeinschaft. Jesus hatte die religiöse Ordnung seines Volkes nicht in Frage gestellt. Dem folgten seine Anhänger. Die Bibel der Juden gilt bis heute auch als ihre Bibel. Sie betrieben auch nicht die Absetzung des Hohenpriesters noch beanspruchten sie Führungspositionen. In den Augen des Paulus stellten sie nicht das jüdische Gemeinwesen, sondern Gott infrage. Er wird Mittäter, als der erste christliche Märtyrer, Stephanus, gesteinigt wird. Er hat weiterhin die Christen verfolgt und ihre Hinrichtung betrieben. Eine Lichterfahrung hat ihn zum Jesusmissionar gemacht und von seinem Racheimpuls befreit.
Gottes Ehre wiederherstellen – ist das nötig?
Für den Frommen wird Gott offensichtlich beleidigt, wenn die bisherige Form der Verehrung aufgegeben wird. Auch wenn Paulus den Christen ihre Frömmigkeit nicht absprechen konnte, waren sie in seinen Augen Abtrünnige und verdienten Strafe. Jahre später wurde Paulus dann selbst als christlicher Missionar von der jüdischen Obrigkeit angeklagt und fand sich in der Situation wieder, in die er selbst die ersten Christen gebracht hat. Warum befand er die Anhänger Jesu für todeswürdig? Es ist der Vorwurf der Gotteslästerung. Zitat
Das Muster lässt sich auch heute beobachten. Gott braucht offensichtlich den Verehrer, der die Idee von Gott rein hält. Im muslimischen Verständnis wird dann nicht nur der zum Märtyrer, der von der Hand der Feinde seiner Religion den Tod erleidet, sondern auch der, der den Tod findet, wenn er im bewaffneten Kampf die Ungläubigen zu töten versucht.
Attentäter machen Gott die Seelsorge streitig
Die eigenartige Unentschlossenheit der Muslime in ihrer Reaktion auf Attentate ist wohl auf den Koran zurückzuführen. Anders als die Christen aus dem Neuen Testament können die Muslime aus dem Koran herauslesen, dass Allah die Bestrafung all derer verlangt, die sich nicht der Predigt Mohammeds, d.h. der im Koran niedergelegten Offenbarung unterwerfen. Auch Paulus verwehrte die jüdische Bibel nicht strikt die die Verfolgung von Abtrünnigen. Aber hat der Islam in sich die das Potential, seine Anhänger nicht durch die Gesetzgebung eines säkularen Staates, sondern durch religiöse Erfahrungen besonders fromme Anhänger von religiösen Gewaltvorstellungen zu befreien. Das Beispiel des Paulus zeigt, dass eine tiefere Erkenntnis diese Befreiung ermöglicht. Paulus hört aus der Lichterscheinung heraus eine Stimme Jesu: „Saulus, Saulus, warum verfolgst Du mich!" In diesem Moment werden die Zweifel, die Paulus schon begleitet haben müssen, Gewissheit. Bei ihm kann ja nach einer erfolgreichen Verurteilung und dann Hinrichtung von Jesus-Anhängern kein erhebendes Gefühl zurückgeblieben sein. Statt innerer Friede blieb bei ihm wahrscheinlich Ungenügen und wohl auch eine Leere zurück. Die Erfahrung vor Damaskus hat diese Ahnungen in die Erkenntnis eines gnädigen Gottes umgewandelt. Seine Bekehrung hat dem Christentum zu der tiefen Einsicht geführt, dass das Eintreten für die Ehre Gottes Gott ins Herz treffen und den Menschen von der Gewalt befreien kann. Als Bedürfte Gott der Racheakte der Menschen. Wenn er andere, die ja ebenso Gott suchen, verfolgt und tötet, dann hindert er ja Gottes Geist, diesen Menschen zu einer tieferen Erkenntnis zu führen. Deshalb trifft der Eindruck auch nicht-religiöser Beobachter zu, dass Attentate, vor allem wenn sie nicht politisch motiviert sind, sondern Fromme anderer Bekenntnisse treffen, gerade nicht von einer tiefen Religiosität zeugen. Der Attentäter verteidigt nur auf den ersten Blick die Ehre Gottes. Eigentlich zerstört er die Tiefe der Beziehung, die Gott zu den Menschen, auch zu demjenigen haben will, der ihn nicht angemessen verehrt. Der Attentäter greift mit seiner Bestrafungsabsicht direkt in die Beziehung Gottes zu seinem Geschöpf ein. Er setzt sich an die Stelle Gottes, ohne wissen zu können, was Gott mit dem "Abtrünnigen" vor hat. Zudem spricht der Attentäter Gott ab, dass er den Abtrünnigen noch bekehren könnte.
Das Beispiel des Paulus zeigte den Christen, dass Gott aus den Reihen der Widersacher einen der engagiertesten Missionare gewinnen kann. Das mussten die Christen in Damaskus noch realisieren."Ist das nicht der, „ wird ihre Reaktion geschildert. Paulus, der da noch Saulus hieß, war ja mit Schreiben des jüdischen Hohen Rates und in Begleitung damaliger Polizeikräfte nach Damaskus unterwegs, um Juden, die Jesus als den Messias bekannten, zu einem Prozess vor das jüdische Gericht in Jerusalem abzuführen. Er wird der große Theologe und Prediger, der das Evangelium über die Grenzen des Judentums in den hellenistischen Kulturkreis hineinträgt.
Überwindung der Gewalt ist Aufgabe der Religion selbst
Religion ist aus sich nicht gewaltfrei. Fromme brauchen einen Kick, um davon frei zu kommen. Am Beispiel des Paulus ist ablesbar, dass es dafür einer religiösen Bekehrung bedarf. Denn wenn der Fromme meint, dass Gott seiner rächenden Hand bedarf, kann ihn von dieser Zwangsvorstellung nur eine tiefere Einsicht in das Wesen Gottes befreien. Die Einsicht muss bis zu dem Punkt gelangen, dass das Attentat die Pläne Gottes mit dem "Ungläubigen" durchkreuzt, nämlich dass Gott auf die Bekehrung jedes Menschen zielt. Das hat aber eine entscheidende Voraussetzung:
Der gewaltbereite Fromme muss anerkennen, dass Gott das Heil aller Menschen will. Obwohl das ausdrücklich im Neuen Testament steht, war das im Selbstverständnis der Christen nicht immer gegeben. In der Reformationszeit ist diese Frage „Wie findet der Mensch einen gnädigen Gott“ elementar aufgebrochen. Im Koran findet der Muslim viele Stellen, wo den Ungläubigen und noch mehr den Abtrünnigen ewige Höllenstrafe definitiv zugesprochen wird.
Theologisch formuliert ist es die Frage, ob wir mit dem Universellen Heilswillen Gottes rechnen. Dann geht es nämlich zwischen Christen und Muslimen nicht letztlich darum, wer Recht hat, sondern um die Rettung jedes Menschen. Dann würde Religion wirklich anstrengend.
Sowohl die Islamverbände wie auch die Kirchen können die Aufgabe nicht dem Staat zuschieben, die durch religiöse Vorstellungen herbeigeführten Gewaltimpulse aufzulösen. Das ist ureigene Aufgabe der Religion selbst und verlangt eine Intensivierung des Dialogs darüber, wer eigentlich der Gott ist, der im Koran spricht und ob dieser Gott die Aussagen Jesu zur Feindesliebe einfach aufgehoben hat. Das kann deshalb thematisiert werden, weil der Koran ausdrücklich Allah mit dem Gott der Bibel identifiziert und Jesus als zweitgrößten Propheten nach Mohammed bezeichnet. Es ist nicht Aufgabe des Staates ist, sondern der Religion, die Gewalt der Frommen zu überwinden
Links
Islamismus - Sozialwissenschaften
Der Islam ist nicht Grundgesetz-kompatibel
Gewalt-Religion-Attentate in Paris
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