Vor dieser Glocke im Kreml lassen sich Viele fotografieren, Foto:hinsehen.net E.B.

Den Kriegs-Geist in seine Höhle zurückdrängen

Kriege sind keine Naturereignisse. Sie werden aus einem bestimmten Geist heraus geführt. Es gibt auch den Geist, der Frieden verbreitet. Wird er diesen Kriegs-Geist in seine Löcher zurückdrängen? Eine Vergewisserung zu Pfingsten ist nicht nur für Christen dringend.

Der Geist, der zum Krieg drängt, scheint stärker als der, der Gedanken des Friedens verbreitet. Er macht die Waffen erst gefährlich, denn der Kriegsgeist bringt sie in Stellung. Deshalb können auch 100 Milliarden für Rüstung nicht den Kriegsgeist außer Kraft setzen, sondern allenfalls die Angreifer in Schach halten. Der Geist, von dem an Pfingsten die Rede ist, braucht keine Waffen, um der anderen, der bewaffneten Seite entgegenzutreten. Deshalb sollten wir auf diesen Geist setzen. Erst wenn wir wie auch Russen und Ukrainer diesem Geist Raum geben, können wir den nächsten Ukrainekrieg verhindern. Denn wenn der Kriegsgeist weiter das Denken bestimmen kann, müssen die Russen schlagkräftigere Panzer bauen, noch zerstörerische Raketen konstruieren und eine funktionierende Logistik aufbauen, um die Ukraine bis nach Lemberg und Czernowitz zu unterwerfen. Damit nicht der Kriegs-Geist die Herrschaft über die Köpfe behält, bräuchte es eigentlich die Kirchen, die die Herzen der Menschen für den Geist Gottes öffnen. Nicht nur die Kirchen in Russland und der Ukraine.

Nicht die Materie, also nicht die Waffen sind entscheidend, sondern die Köpfe

Ob es einen zweiten Ukrainekrieg geben wird, ist also eine geistige Frage. Das widerlegt den Materialismus, ob den der Bolschewiken oder den seiner heutigen Vertreter. Sie nennen sich Naturalisten. Als ob die Natur den Ukrainekrieg ausgeheckt hätte. Wenn die Natur die Ursache dafür wäre, dass Russland u.a. Imperien sich vergrößern wollen, dann müssten z.B. die Löwen auch Großreiche errichten. Ein Löwenrudel würde dann z.B. über Kenia herrschen und die umliegenden Länder unter seine Herrschaft zwingen. Auf so etwas kommt nur der Mensch.
Wenn das so ist, dann bleiben 100 Milliarden für die Bundeswehr eine Fehlinvestition, wenn nicht die Politik, die Kulteinrichtungen, die Universitäten, die Kirchen, die Medien den Kriegsgeist entmachten - nicht mit Waffen, sondern mit dem guten Geist, der jedem Menschen seine Würde gibt, ihn mit seinen Begabungen unentbehrlich macht, ihn in die Verantwortung ruft, der jedem den Blick auf das Ganze eröffnet.

Die Kirchen verschärfen den Konflikt

Was man von den Kirchen in den kämpfenden Ländern erwarten kann, passiert nicht. Wie in den Konfessionskriegen im Westen Europas vermischen sich Politik und Religion.
Der Moskauer Patriarch hält den Krieg für notwendig. Er interpretiert ihn als Kampf gegen das Bösen. Er verfolgt jedoch noch ein anderes Ziel, nämlich wieder Patriarch der ganzen Ukraine zu werden. Die Armee seines Landes soll nämlich nicht nur eine Russland- freundliche Regierung in Kiew installieren, sondern die junge ukrainische Kirche wieder auflösen, deren Gemeinden ihm früher unterstanden wie die in Belarus heute noch. Diese neue ukrainische Kirche hat sich erst nach dem Ende der Sowjetunion gebildet, als die Ukraine eigenständig wurde. 2018 wurde sie vom Oberhaupt der Orthodoxie, dem Patriarchen von Konstantinopel/Istanbul anerkannt. Wie im Westen Europas im 16. Jahrhundert sind einfach Gemeinden und Bistümer zur neuen Kirche übergewechselt. Die noch beim Moskauer Patriarchen verbliebenen Bistümer haben sich kurz vor Pfingsten von ihm losgesagt. Die eine Kirche der Rus hätte die Basis für eine neue Friedensordnung werden können. Wie nach dem Ende der Konfessionskriege in Westeuropa wird man wahrscheinlich die Neuordnung der Staatengemeinschaft im Osten Europas unter bewusster Ausklammerung der Religion bauen. Als Neuordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen durch zwei Weltkriegen zertrümmert wurde, waren es christliche Politiker wie Robert Schumann, die mit der Montanunion den Grundstein für ein neues Europa legten. Dies war noch nicht die heutige Wirtschaftsgemeinschaft. Mit der Einrichtung einer übernationalen Behörde, die mit der Kontrolle über Kohle und Stahl, wurde ein neues Wettrüsten verhindert

Der Ukrainekrieg führt zur gegenseitigen Aufrüstung

In diese Richtung hat auch Kyrill die Weichen gestellt. Das, wofür Religion und gerade die christliche da ist, hat er ins Gegenteil verkehrt. An die Christen, auch hier im Westen, ist die Frage gestellt, ob sie dem einfach zuschauen wollen. Der nächste Ukrainekrieg wird dann wie der Zweite Weltkrieg wahrscheinlicher, nach dem Motto "Wenn wir diesen Krieg nicht gewin­nen konnten, dann den nächsten!" Christen können es nicht bei der Aufrüstung bewenden lassen. Sie brauchen Glauben, dass der Geist Gottes es ohne Waffen zustande bringt.

Immun gegen den Kriegsgeist

Wir können dazu die Bilder nehmen, die für den Corona-Virus vertraut geworden sind. Wie das Virus hat der Kriegsgeist bei vielen Russen angedockt und ist, wie das Virus in die Zellen, so in den inneren Geist der Menschen eingedrungen. Man kann auch hier von Heilung sprechen. Dafür genügt der Verzicht auf Waffenlieferungen. Das Virus selbst muss abgewehrt werden. Es kann nämlich durch Waffen nur gestoppt werden, erst die Impfung macht immun. Das wird auch für die Staaten in der EU dringend. Denn Herden-Immunität gegenüber dem Kriegsgeist ist auch innerhalb der EU nicht mehr vollständig selbstverständlich. Das Demokratiefest auf dem Hamburger Schloss am 28. Mai 2022 wurde durch 3.000 weißgekleidete Querdenker und Reichsdeutsche infrage gestellt. Deren Geist wurde daran deutlich, dass sie die anderen Teilnehmer beschimpften und mit Müll bewarfen. Das steht die Ukraine anders da. Während Russland dem Land Faschismus unterstellt, liegt die Zahl der antijüdischen Straftaten um ein Vielfaches untern denen in Frankreich oder Deutschland.

Es dem Geist Gottes zutrauen

Pfingsten 2022 braucht keinen Rückblick auf das Jahr 33 in Jerusalem, um zu verstehen, worum es geht. Trauen wir dem Geist Gottes zu, dass er die Herzen verändert, so dass der Kriegs-Geist nicht mehr andocken kann? Konkret heißt das, sich in Gemeinschaft mit anderen Christen zu fühlen. Auch mit den Christen Russland? Der Drang, Probleme mit Waffen zu lösen, kann sich nur geistig verflüchtigen. Im Himmel muss man dann doch mit den anderen auskommen. Es geht auch um einen neuen Geist im Politischen, dass die russische Staatsführung nicht mehr auf Gewalt setzt, um das Land zusammenzuhalten, sondern die Menschen aus Überzeugung zu dem riesigen Land gehören wollen. Erst wenn im Inneren das Recht die Macht kontrolliert, freie Medien zu freien Wahlen führen, wird Russland auch nach außen auf Gewalt verzichten. Ein Vergleich zwischen der EU und der Russischen Föderation zeigt, für was die EU-Staaten werben sollten. Denn Russland ist schon eine Föderation, aber eine ganz andere als die EU.

Eine andere Ordnung zwischen den Staaten

Wenn es dabei bliebe, in Kriegsgebiete keine Waffen zu liefern, dann würde der Angreifer nicht vom Einsatz seiner Kanonen und Raketen lassen, nur weil der andere unbewaffnet ist. Verträge reichen dafür nicht, denn die kann einer aufkündigen. Die Ukraine hatte gegen Sicherheitsgarantien Russlands die auf ihrem Territorium lagernden Atomwaffen an Russland abgegeben. Als Russland die Krim und den Donbass annektierte, stand die Ukraine fast unbewaffnet da. Es muss also eine Instanz geben, die das verhindern kann. Der UN-Sicherheitsrat ist das nicht, das Vetorecht führt z.B. dazu, dass die USA ohne UN-Mandat in den Irak einmarschierte.
Die Westeuropäer haben viele Kriege gegeneinander geführt. Mit der Montanunion haben sie sich auf eine Rüstungskontrolle verständigt. 6 Staaten unterstellten 1952 einer “Hohen Behörde“ die Kohle- und Stahlindustrie. Damit konnte eine einseitige Aufrüstung eines der Staaten unterbunden werden. Allerdings hätte auch eines der Mitglieder die Union verlassen können, um gegen ein anderes Krieg zu führen. Dazu ist es deshalb nicht gekommen, weil man innerhalb der EU nicht mehr Gebiete eines anderen erobern muss, um erfolgreich zu sein. Jeder kann in einem anderen Land eine Filiale gründen, alles, was in einem anderen Land produziert wird, kann jeder zollfrei kaufen. Auch in der EU wirken zentrifugale Kräfte. Aber es braucht keine Eingreiftruppe, um den Staatenbund zusammenzuhalten. Den anderen wird auch nichts weggenommen, wenn ein Land austritt. Der Brexit führt nicht dazu, dass die EU einen Krieg mit England anfängt.
Russland ist auch eine Föderation, mit 85 Gebieten, darunter 21 Republiken, jeweils für einzelnen nicht-russische Ethnien. Eigentlich könnte die Ukraine dieser Föderation beitreten. Diese wird jedoch nicht wie die EU im ständigen Aushandeln von Vereinbarungen geführt, sondern von Moskau dominiert und durch Polizeigewalt, Demonstrationsverbote, eine gelenkte Justiz und Unterdrückung einer Opposition zusammengehalten. Deshalb strebten die drei baltischen Staaten direkt nach dem Zerfall der Sowjetunion in die Nato und die EU. Auch die Ukrainer wollen Mitglied des westeuropäischen Staatenbundes werden.
Bereits die Schweiz ist aus der mittelalterlichen Eidgenossenschaft hervorgegangen, die EU aus der Einsicht, dass ein dritter europäischer Krieg noch mehr zerstören würde als der Zweite Weltkrieg. Der Vergleich zeigt: Es wird von der russischen Bevölkerung abhängen, welchem Geist sie folgen wird. Wie sollten nicht zuschauen, wie es zu einem nächsten Krieg kommen könnte, sondern einem anderen Geist Zugang zu den russischen Köpfen verschaffen – durch Studienplätze für Russen und Ukrainer, durch Kulturaustausch, Einladung von Chören, Städte-Partnerschaften und möglichst bald durch Partnerschaften hiesiger Kirchengemeinden mit solchen in Russland und der Ukraine. Überhaupt legt der Krieg nahe, sich mehr für den Osten zu interessieren.

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Kategorie: Analysiert

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