Es braucht Brücken mit mehr Seilen, Foto: hinsehen.net E.B.

Den Krieg endlich verstehen

Ein neues Semester beginnt. Kommen junge Leute, die nicht nur eine Berufsausbildung, sondern eine bewohnbare Welt bauen wollen? Der Ukrainekrieg beendet die Epoche falscher Hoffnungen. Der wissenschaftliche Fortschritt konnte die humane Katastrophe nicht unmöglich machen. Krieg siegt sogar über das Profitinteresse der Wirtschaft. Was wäre eine Friedensperspektive, die die Hirne einer Generation mobilisiert:

Es geht um die Köpfe, ob in der Klimakrise oder in dem Krieg zwischen den Ostslawen. Universitäten trainieren Gehirne. Sie sind aber noch auf Naturbeherrschung und Wirtschaftswachstum gepolt. Denn Wissenschaft wurde zum Großprojekt, um die Natur "in den Griff zu bekommen“. Die 90 Kriege nach 1945 wie die Umweltkrise zeigen, dass Wissenschaft den Menschen anders in den Blick nehmen muss. Die Fortschritte der Medizin, die mögliche Überwindung der Armut, eine Welt, in der die Menschen die Früchte ihrer Arbeit genießen und nicht mehr in Kriege investieren, das Handeln im Sinne der nächsten Generation zeigen, dass der Mensch es könnte - stattdessen Krieg gegen ein Brudervolk und dessen Idee von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung. Denn dieser Krieg geht nicht um ein paar Quadratkilometer, sondern um das Wie des Zusammenlebens. Die Antwort, die die Ampelkoalition bisher gefunden hat, ist kläglich:  bessere Waffen. Wo bleiben die Ideen! Als wäre Krieg ein technisches Problem. Er ist eine Katastrophe der Gattung "Homo Sapiens". Was bringt diese Variante aus der Familie der Menschenaffen dazu, ihre junge Generation zu bewaffnen, damit sie sich gegenseitig umbringen, anstatt Lehrerin, Fernfahrer, Krankenschwester oder Gärtner zu werden? Warum ist man trotz so vieler Forschung nicht so weit wie bei dem Impfstoff gegen ein sehr erfolgreiches Virus? Offensichtlich können wir "Naturwissenschaft" besser als "Zusammenleben". Oder liegt es an den zuständigen Wissenschaften?

Die Geisteswissenschaften erforschen den Homo Sapiens

Der Mensch, weniger seine Organe und auch nicht mehr das Gehirn, sondern der Mensch als Herrscher über die ganze Welt ist das bisher von den Wissenschaften ungenügend erklärte Wesen. Wie kann es dazu kommen, dass diese Affenart nicht nur alle Tiere dominiert und in einem Zoo internieren kann, sondern sich selbst auch noch ausrottet? Es ist ja nicht das Handeln eines einzelnen, es ist nicht Putins, sondern Russlands Krieg, so wie der Zweite Weltkrieg einen wie Hitler brauchte, der das Militär in Bewegung setzte, aber doch nur möglich war, weil die deutschen Soldaten marschiert sind und sich an den ersten gewonnenen Schlachten berauscht haben. Warum mussten die Alliierten den Krieg beenden und warum konnten die Deutschen das nicht selber? Das sind Fragen, die auch die Studentenbewegung, als ihre Protagonisten auf den Lehrstühlen angelangt waren, liegen gelassen hat. Was hört man von den den Instituten, die für Friedensforschung eingerichtet wurden. Erklärungen wären jetzt dringend notwendig, um es nicht bei der Aufrüstung der Bundeswehr bewenden zu lassen, sondern wirksam einen Frieden zwischen den Ostslawen zu entwickeln. Sind Leopard-Panzer das einzige, was Deutschland anbieten kann? Was hat die Universität wissenschaftlich beizutragen, nachdem Deutschland in zwei Weltkriegen eigentlich alles gemacht hat, was menschenfeindlich ist, nicht nur militärisch, sondern auch mit Konzentrationslagern, Rassengesetzen und Völkermord. Nach jetzt 7 Monaten Krieg stellt sich eine Frage, die auch für andere Kriege schon zu beobachten war:

Die Mehrheit ist manipulierbar, die Protagonisten des Friedens noch machtlos

Wie die Deutschen im Zweiten Weltkrieg lässt sich auch die Mehrheit der Russen für den Krieg einspannen. Die Deutschen ließen es zu, dass ihre Städte bombardiert wurden, obwohl der Krieg seit Stalingrad und im letzten Aufbäumen in der Schlacht um Kursk im Juli 1943 verloren war. Italien war abgesprungen. Aber erst als die Hauptstadt militärisch, nicht geistig eingenommen wurde und der Diktator Selbstmord beging, waren die Deutschen zur Kapitulation bereit. Dann kämpfte Japan gegen die USA noch bis September 45 weiter. Da die USA das einzige Land war, das damals die Atombombe einsetzen konnte, wurde der Krieg mit einer Waffe beendet. Dieses Modell bestimmt auch heute noch die Köpfe der Russen, in den Fernsehprogrammen wird wie selbstverständlich von einem Atomschlag gesprochen. Der Konfessionskrieg zwischen Schiiten und Sunniten begann mit dem Angriff Saddam Husseins auf Persien 1980-88, wurde im zweiten Golfkrieg gegen Kuweit und dann im Syrienkrieg seit 2011 fortgesetzt - ein Ende ist nicht abzusehen.

Die Religion hilft auch nicht weiter

Über Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Raub und Mord hat die Religion gesprochen. Christentum und Buddhismus verstehen sich als bedingungslose Friedensinitiative. Das hält sie nicht davon ab, in Myanmar die muslimischen Rohingya zu vertreiben und seitens des christlichen Patriarchen von Moskau die Kriegshandlungen gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine gutzuheißen. In Deutschland schafft es die Katholische Kirche auch im 12. Jahr nicht, den Sumpf des Sexuellen Missbrauchs auszutrocknen. Offensichtlich hat die Religion in ihr sehr langen Geschichte kein wirksames Instrumentarium entwickelt hat, das die zerstörerischen Tendenzen des Homo Sapiens neutralisiert. Ein neuer Anlauf ist notwendig.  Eine Perspektive sei aufgezeigt, die aus einer Kooperation von Politikwissenschaft, Psychologie und Medien entwickelt werden könnte und die Theologie vielleicht aufwachen lässt.

Die Friedens-Promotoren vernetzen

Ob in einer Religions- oder Volksgemeinschaft, ob in internationalen Verbänden wie den Pfadfindern oder  Rotary, ob Sport- oder Berufsverbände, in jeder Gruppierung gibt es Mitglieder, die sich der unbedingten Vermeidung von Krieg verpflichtet fühlen. Neben ihnen gibt es andere, die nicht entschieden sind und oft auch welche, die die Kriegstreiber unterstützen. Das zeigt die jetzige "militärische Intervention". In fast jeder Gruppierung gehen die Friedens-Promotoren unter, sobald Waffen zum Einsatz kommen. Sie sind jedoch auch in Russland keine Minderheit. Diese sind aber fast nicht mit den Friedens-Promotoren in anderen Ländern vernetzt. Hätten sich diese auf Frieden hin orientierten Menschen schon im Ersten Weltkrieg über die Schützengräben hinweg verbunden, wäre der Krieg 1916 schon zuende gewesen, denn ab da gab es kein Kriegsziel mehr. Die Grabenkämpfe bei Verdun kosteten nur das Leben einer Generation. Hätten die Protagonisten des Friedens den Krieg beendet, wäre auch ein anderer Friedensvertrag zustande gekommen. So haben aber nicht die Friedfertigen den Frieden konstruiert, sondern die Regierungen. Vor allem Frankreich wollte erreichen, dass Deutschland die Kriegskosten des Nachbarlandes bestreitet. Diese Reparationen führten zu Wirtschaftskrisen und dann zum Emporkömmling Hitler. Dasselbe wird nach Ende des Ukrainekriegs geschehen. Russland wird so gedemütigt werden, dass es nach Unterschrift unter einen Friedensvertrag die Vorbereitungen für die Revanche in Angriff nehmen wird.
Es gab Momente, in der solche Koalitionen der Friedfertigen wirksam wurden. Die Gründung des Völkerbundes, der UNO und die Montanunion wurden möglich, weil die Regierungen tatsächlich Frieden wollten. Da aber weder Politik noch Religion noch die internationale Wissenschaftsgemeinschaft den Krieg unbedingt ausschließen wollen, muss es wohl eine neue Struktur geben, die jetzt schon ermöglichen würde, dass die Friedensprotagonisten sich genseitig vernetzen und absprechen. Die Friedensinstitute hätten mit den digitalen Medien eine solche Struktur aufbauen können. Stattdessen hat man auf die Politik gewartet. Die Politiker haben aber nur mit den russischen Politikern gesprochen. Die tausende Fäden zu russischen Bürgern sind nicht gesponnen worden. Weil der russische Präsident sowieso bestimmt, was im Land passiert, war es für die Politiker logisch, nur mit ihm zu verhandeln. Es braucht jedoch eine möglichst dichte Vernetzung zwischen den Völkern. Das ist heute mit den digitalen Medien, auch über Satelliten, viel effektiver möglich als über die „alten Medien“ Zeitung, Radio und Fernsehen. Der Einsatz von Medien ist eine entscheidende Achse, über die der Friedenswille an Kraft gewinnen wird.

Der Rückblick auf die Geschichte zeigt, dass Menschen zu Innovationen fähig sind. Die Aufklärung, so immer noch die Berliner Ampel, lenkt die Energien jedoch weiter in die Naturwissenschaften, die Ingenieurskunst und in die bessere Steuerung der Wirtschaft. Betriebswirtschaft ist das Studium, das am meisten gewählt wird.
Die Geschichte zeigt uns, dass es darauf ankommt, wofür sich die junge Generation engagiert. Die Psychologie kann helfen, die menschliche Antriebe zu verstehen. Die Forschung zeigt inzwischen auch, wie sich die Hirnstrukturen durch Bildung aufbauen. Wäre Frieden nicht auch die Perspektive, die dem Demokratiegedanken eine neue Dynamik verleihen könnte.
Selbst die Kirchen könnten sich aus ihrer Selbstbeschäftigung lösen. Auch wenn beide Kirchen ihre Ausstrahlung verloren haben, sie könnten neu über Gott nachdenken, warum er nicht eingreift, obwohl er seinen Sohn mit einem Friedensversprechen in die Welt gesandt hat. Wenn den Gläubigen deutlich wird, dass jede Vorstellung von Gott von Menschen gemacht worden ist, dann können sie auch erkennen, wie die vom Menschen gemachte Gottesvorstellung die gesellschaftlichen Vorstellungen spiegelt. Beim Ausbruch des ersten Weltkrieges hat ein Priester in der Geburtsstadt meines Vaters diesen als Strafe Gottes gedeutet. Will Gott die Ukrainer bestrafen oder was erkennen Christen aus diesem Krieg?

Die Montanunion als Friedeninitiative, die gegenseitiges Aufrüsten unmöglich macht
Krieg - Herausforderung der Evolution seit dem Neolithikum
Krieg ist ein geistiger Vorgang:
Den Kriegsgeist in seine Höhle zurückdrängen
Die Religionen, vor allem die Orthodoxie, finden nicht zu ihrer zentralen Berufung
Friede – Aufgabe der Religionen


Kategorie: Verstehen

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