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Christ – in der Vorläufigkeit festsitzen

Fast alles, was wir vorhaben, wird durch Neues abgelöst, ohne dass es seine Vollendung gefunden hat. Das gilt auch für Jesus. Er hat das Reich Gottes angekündigt, wurde hingerichtet, ist in den Himmel entrückt. Wie soll man in einer Welt leben, die nie zu einem Ergebnis kommt?

Fast alles bleibt unfertig

Die ständige Unfertigkeit, verursacht durch den Zeitstrom, der schneller fließt als unser Handeln und Planen ihm nachkommt, ist für alle Religionen eine Herausforderung, die asiatischen wie für den Islam. Religion gibt es nicht zuletzt deshalb, weil der Mensch in dieser Welt nicht bis zu einem befriedigendes Ziel kommt. Das, so die logische Schlussfolgerung, kann er erst in einer anderen Welt erreichen. Es gab aber auch immer wieder Versuche, es in dieser Welt doch hinzubekommen: „Yes, we can.“ 

Die Formel für eine perfekte Welt

Im Rückblick auf die letzten Jahrzehnte gab es immer neue Konzepte, wie wir die Welt gestalten wollten. Nach dem Wiederaufbau suchten die Achtundsechziger vertiefte Gemeinschaft, eine Sexualität, die so befreit werden sollte, dass sie zu einer Unmittelbarkeit der Begegnung führt. Die Abschaffung des Kapitals als steuernde Gestaltungskraft sollte jede Arbeit zufriedenstellend werden lassen. Dann kam die Gegenbewegung des Neoliberalismus mit dem Konzept, die Marktkräfte freizusetzen, viel Geld in Umlauf zu bringen, um den Wohlstand zu maximieren. Dann seit den neunziger Jahren die digitale Umgestaltung der Kommunikation und dann auch der Produktion. Was den freien Zugang zu jeder Information eröffnen und jedem die freie Meinungsäußerung ermöglichen sollte, wird von einer Informationsflut erstickt und führt in eine Totalüberwachung, von der die Geheimdienste der Diktaturen nur träumen konnten. Jeder Ansatz blieb  stecken, bevor für alle ein zufriedenstellendes Umfeld gestaltet werden konnte.
Die künstliche Intelligenz wird nicht mehr euphorisch erwartet. Es scheint nicht geheuer, dem Computer die Steuerung nicht nur der Maschinen, des Verkehrs, des Haushalts zu überlassen, sondern auch noch das Lernen. Selbstlernende Algorithmen übernehmen dann für uns schließlich die Bewältigung der Alltagsaufgaben.

Erfahrung der Sinnlosigkeit

Wenn der Kampf ums Überleben seine Härte verloren hat, muss der einzelne entscheiden, was er, was sie mit ihrem Leben wollen. Wenn die perfekte Welt nicht gelingt, dann klopft die Frage an, für was es sich eigentlich lohnt. Mein Engagement löst sich dann in Sinnlosigkeit auf. Oder ich bleibe auf Distanz zu der Welt, die die Erwachsenen mit so viel Leistungsdruck aufgebaut haben. Die GenerationZ, die in diesen Jahren eine Ausbildung machen oder ein Studium absolvieren soll, scheint der Welt nicht zu trauen, die sie durch Klimakollaps ja auch ernsthaft bedroht sehen. Eigentlich ist der Abbau dieser voll durch-technisierten Zivilisation unausweichlich. Aber was dann?

Das Ziel muss sicher sein

Wenn ich mich voll einbringen soll, dann muss es sich lohnen. Warum so viel wissen, wenn in Zukunft die Algorithmen das meiste übernehmen? Warum eine Sprache lernen, wenn demnächst mir ein Hörgerät alles direkt übersetzt und ins Ohr flüstert? Warum noch weiter Straßen bauen, wenn alle Benzin- und Dieselmotoren still gelegt werden müssen. Wir sind in eine Welt gestellt, die uns viele Möglichkeiten eröffnet. Diese Gestaltungsmöglichkeiten haben wir durch Arbeit ziemlich weit ausgeschöpft. Eine weitere Forcierung verträgt das Klima nicht. Wofür sind wir dann auf dieser Welt. Eigentlich befinden wir uns in einem Wartezustand.

Sehnsucht nach Inspiration

Für das christliche Weltbild stehen nur die Eckdaten fest: Gott will die Rettung des Menschen mit seiner Welt. Diese Schöpfung soll weiter bestehen. Nach dem Schöpfungsbericht hat er den Menschen zum Gärtner eingesetzt. Obwohl der Mensch diesem Auftrag nicht gerecht geworden ist, wird ihm am Ende das Gelingen versprochen. Wie die jetzige Katholikengeneration diesen Rahmen ausfüllt, dafür fehlen die Ideen. Sie arbeitet sich seit der Jahrtausendwende an jeweils neuen Organisationsplänen ab. Sicher ist nur, dass die jüngeren Jahrgänge den jetzigen Katholizismus nicht weiter tragen wollen. Wenn es Sehnsucht nach Neuem gibt und nicht nur das Bisherige notdürftig aufrechterhalten wird, ist uns ein Beistand versprochen.

Der Heilige Geist ist Tröster

Trost wird in der spirituellen Praxis das innere Übereinstimmen zwischen Mensch und Gott genannt. Trost spendet der Heilige Geist. Er hat sicher in das Empfinden und die Gedanken einiger bereits die Vorstellung gelegt, wie diese und die nächste Generation den Rahmen, den Gott nicht verändert wird, konkret ausfüllt. Eine inspirierende Chance, dass die religiöse Praxis wieder anziehend wird. In einem Lied wird der Geist so besungen: "Wohin sein Atem fällt, wird Gottes Reich lebendig."

 

 

 


Kategorie: hinsehen.net Entdecken

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