Um mich herum gibt es so Vieles, das ich nicht nur anschauen kann, sondern regeln, bearbeiten, verkraften muss. Schaut mir derjenige dabei zu, der mich hierher geschickt hat?
Was hier ist, kann nicht alles gewesen sein. Noch einen Schritt weiter gedacht, kann Gott nicht so erkannt werden wie eine Milchstraße oder ein Virus. Ich muss daher über dieses Weltall hinausschauen. Die Fähigkeiten, die ich für den Alltag brauche, habe ich aus der Evolution mitgebracht. Die Menschenaffen, die Delphine und die Rabenvögel und inzwischen auch die Computer kommen an unsere Fähigkeiten heran. Auf jeden Fall schaffen sie das Überleben, die Tiere ohne uns, die Technik nicht. Denn ich stamme aus der Evolution. Diese hat mich wie alle Lebewesen mit den Fähigkeiten ausgestattet, die zum Überleben notwendig sind. Deshalb braucht es für das Autofahren, für das Essen sorgen, gegen Corona einen Impfstoff zu entwickeln, Gott nicht. Diese Fähigkeiten hat die Evolution hervorgebracht. Allerdings sind die nur nur für diese Welt gemacht.
Diese Welt und vor allem unser Zusammenleben braucht unsere volle Aufmerksamkeit. Wir sind mit unseren körperlichen und geistigen Fähigkeiten so ausgelastet, dass wir selten den Blick über das, was täglich zu erledigen ist, "hinausdenken". Gott kann in dieser Beanspruchung nicht vorkommen, denn er ist nicht Teil dieser Welt. Für diese sind in uns die notwendigen Fähigkeiten erst einmal angelegt. Sie sind nicht dafür “gemacht“, um mich mit der größeren, mich umgebenden Wirklichkeit zu beschäftigen. Erst eine Blickerweiterung führt mich über das hinaus, für das wir auch „gemacht“ sind. Nicht nur zu überleben, sondern das Ganze zu betrachten, nicht nur zu werkeln, sondern um dieses zu meditieren. Diese Blickerweiterung können wir nicht selber bewerkstelligen. Wie kommen Menschen dann zu der festen Überzeugung, dass Gott nicht nur gedacht werden kann, sondern auch existiert, dass er “wirklich ist”? Dazu vier Erfahrungen, die ich von Anderen gehört habe. Mein Weg war über das Denken.
Durch Blickerweiterung: Unsere Aufmerksamkeit ist erst einmal auf die Erledigungen unseres Alltags gelenkt. Das ist ein sehr enger Blickwinkel. Wenn wir darin aufgehen, wird das Leben zu einer Last. Deshalb brauchen wir Feste. Die Weihnachtsmärkte verlieren deshalb ihre Anziehungskraft nicht. Aber auch ein Fest verengt schnell unseren Blick. Das festliche Essen macht Stress. Dann muss das Ganze noch gelingen. Einzelne können die Stimmung verderben. Unsere Erwartungen an die Anderen sind meist zu hoch, um nicht enttäuscht zu werden. Um Gott zu erfassen, braucht es offensichtlich eine viel größere Weite. Wir können ihn auch dann nur erahnen. Wir bleiben dann nicht in dem, was wir selber erledigen und schaffen können. Wenn sich unser Blick weitet, geht uns auf, dass unser Leben viel größer gedacht ist. Es eröffnet sich mir ein neuer Horizont. Mir geht auf, wie sehr ich am Kleinteiligen kleben geblieben bin. Der anglikanische Bischof Ian Ramsey spricht von Disclosure-Erfahrungen. Ich kann mir eine solche Erfahrung nicht machen, sondern “mir wurden die Augen geöffnet”. Die Mönche in den japanischen Zen-Klöstern meditieren, um zu dieser Erfahrung zu kommen. Sie nennen diese Sartori – Erleuchtung. Auch im Westen wird von diesen Erfahrungen berichtet. Und überall die Sehnsucht, aus dem Alltag einmal aussteigen zu können.
Durch Rettung: Menschen entrinnen einer Gefahr, in der sie hätten untergehen müssen. Nach menschlichem Ermessen haben sie eine Hand gespürt, die sie vor dem Schlimmsten bewahrt hat.
Im Denken: Unser Nachdenken wird durch Staunen ausgelöst. So hat Platon seinen Zuritt zum Denken erklärt. Im Denken gibt es eine Dynamik, die grundlegenden Zusammenhänge zu erkennen, auf die tieferliegenden Fragen eine Antwort zu finden, ethische Maßstäbe zu entwickeln, die das Leben gelingen lassen. Da unsere Kultur durch die Religion die Vorstellung von Gott in sich trägt, gehört die Frage nach Gott in den Wunsch, das Leben tiefer zu verstehen.
Durch Katastrophen: Aus dem Zweiten Weltkrieg haben nicht Wenige die Einsicht mitgebracht: Der Mensch ist zum Schlimmsten fähig Es muss jemanden geben, der die Menschen aus dieser sich immer weiter steigernden Aggression herausholt.
“Mir ist aufgegangen”
Diese vier hier beschriebenen und sicher noch andere Zugänge haben eines gemeinsam. Wir machen sie nicht, sie kommen uns entgegen.
Das “ist mir aufgegangen” beschränkt sich nicht auf das, was diese Welt übersteigt. Es gibt es auch in dieser Welt, meist in der Erkenntnis eines Zusammenhangs, der mir “aufleuchtet”. Ein solcher war die Erkenntnis Darwins, dass die Lebewesen nicht einzeln gemacht worden, sondern aus einander hervorgegangen sind. Es gibt solche Einsichten auch in unserem Zusammenleben, die das Bisherige überschreiten, z.B. wenn mir das Verhalten und die Reaktionen Anderer auf den ersten Blick unverständlich sind. Erst wenn ich die Motive, auch die unbewusst wirkenden, verstehe, wird mir das Verhalten erklärbar, so dass ich auf den Anderen nicht mehr wütend sein muss. Sigmund Freud hat dieses Verstehen-können zu einer Therapie entwickelt.
Die Zeit vor Weihnachten ist geeignet, unseren Blick zu weiten. Die drei Weisen sind einem Stern gefolgt. Diese Erzählung hat eine symbolische Ebene. Es ist das Licht, welches uns die Augen öffnet.
Zur Blickerweiterung schenkt auch meist ein tieferes Verständnis der Freiheit hier einige Links
Freiheit braucht eine Philosophie - ein Bild von der Welt
Gott, der mehr Freiheit will
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