Adam Kraft unter der Last des Sakramenteshauses in St.Lorenz, Nürnberg, Foto: hinsehen.net E.B.

Algorithmen: Am Ende Leistungs-Geißeln

Die Algorithmen versprechen uns Erleichterung durch Abnahme von Routinearbeiten. Wir haben dann mehr Zeit für Wichtigeres. Aber werden wir nicht vorher aus den Arbeitsprozessen herausfliegen. Sicher werden wir einen erhöhten Leistungsdruck spüren, denn wir werden demnächst an den Algorithmen gemessen.

Durch das Navi sind wir mit der Leistungsfähigkeit der kleinen Maschinen vertraut. Eine bestimmte Hausnummer in einer Großstadt zu finden, können sie besser als wir. Weitere Lebensbereiche werden für die Digital-Maschinen handhabbar gemacht. Das Autofahren selbst wird uns abgenommen, ebenso Kochen, Bügeln, Putzen. Für das Einkaufen brauche ich nur die Bestell-Liste einzutippen, ein Roboter sucht die Lebensmittel zusammen, der selbstfahrende Lieferwagen bringt die Tüte vorbei. Es sind genau die Nudeln und der Kaffee drin, die ich beim letzten Mal gewählt hatte. Das klingt für den Konsumenten verlockend, wo verdient dieser aber dann sein Geld?

Nicht mehr besser als der Algorithmus?

Wenn alle Geräte durch eine kleine digital Maschine gesteuert werden, dann braucht man nicht mehr diejenigen, die putzen, ausliefern, Auto fahren, die Buchhaltung fortschreiben, sondern diejenigen, die diese Roboter einsetzen können. Sie müssen das Gerät verstehen, es für die anstehende Aufgabe, z.B. eine Wand grün zu streichen, einrichten können und wenn es sich verhakt, wieder flott bekommen. Es wird viele Fachkräfte brauchen, wenn in jeder Waschmaschine, in jedem Rasenmäher, in jedem Einkaufswagen eine kleine digitale Maschine steckt. Diejenigen, die bisher gewaschen, den Rasen gemäht, im Supermarkt gearbeitet haben, smüsse so gut ausgebildet sein, dass sie diese Technik einsetzen und reparieren können. Das bereits erhöht den Leistungsdruck. Es wird aber noch einen Druck geben, der empfindlicher wirkt.

Algorithmen sind entwicklungswilliger

Algorithmen lassen sich viel einfacher verbessern als Menschen. Einen Menschen, der anderen das Leben schwermacht, müssen wir ertragen. Denn trotz vieler Rückmeldungen will er sein Verhalten nicht ändern. Anders der Algorithmus. Man kann ihn immer weiter verbessern, bis er das macht, was man von ihm will. Anders als bei Menschen stellen sich die Emotionen nicht quer. Ein Algorithmus wird auch nicht erklären, dass ihm das Ganze zu anstrengend wird. Auch bleibt dem Algorithmus die Mühe, seinen Körper fit zu halten, damit das Gehirn höhere Leistungen erbringt, erspart. Wie schon der Computer verbraucht eine digitale Maschine kein Serotonin oder Gaba, Neurotransmitter, die alle zwei Stunden von den Nervenzellen nachproduziert werden müssen. Es spricht immer mehr für den Algorithmus. Weil seine Technik viel weniger Wartung braucht als ein Mensch, eine Maschine nicht gegen eigenen Unwillen, gegen Lustlosigkeit ankämpfen muss und auf die schlechte Laune eines Kollegen oder Vorgesetzten emotional reagiert, spricht immer mehr für die digitale als für die neuronale Maschine. Das schlägt auf uns zurück.

Die Technik bestimmt unsere berufliche Situation

Technik scheint immer aus sich selbst evident. Wenn sie serienreif ist, kommt sie allen zugute. Selten wird vorher bedacht, was das mit dem Menschen macht. Z.B. dass die Autos nicht nur hunderttausende Kilometer Straßen durch das Land ziehen, sondern auch Lärm machen. Man muss sie sich auch leisten können und das ständige Sitzen durch Joggen oder Radfahrer ausgleichen. Das Handy liefert nicht nur Videos und Telefongespräche auf den Schirm, es macht einem an jeder Ecke der Welt Tag und Nacht erreichbar und flutet den Nutzer mit Appellen, Kaufimpulsen und Fake News.
Da ein Algorithmus anders als bisher ein Auto oder ein Staubsauger nicht mehr von uns gesteuert wird, sondern sich selber steuern und sogar inzwischen lernen kann, tritt er in Konkurrenz zu uns. Einmal mit seiner Rechenleistung, aber auch mit seiner Sorgfalt, seinem Durchhaltevermögen und das ohne launisch Tage und Unwillen gegen Überstunden. Wenn es um menschliche Intelligenz geht, überlegt der Vorgesetzte beim dritten Konflikt, ob ein Algorithmus nicht weniger Aufwand macht und den Betrieb nicht störungsfreien laufen lässt. Es wird sich zeigen, ob der Mensch für die Entlastung durch die Künstliche Intelligenz sehr viel mehr an sich selbst arbeiten muss – um mithalten zu können.   Sicher wird im Berufsleben niemand mehr sagen können "Das muss ich nicht wissen!" Wer seinen Arbeitsplatz behalten will, muss zumindest den Algorithmus verstehen, der für ihn arbeitet.

Lernen und Entwicklung werden fordernder

Die besseren Voraussetzungen der digitalen Maschinen in Konkurrenz zu unserem biologischen Gehirn liegt zuletzt und vor allem im klaglosen Hinnehmen von Verbesserungen. Während wir eher dazu tendieren, neue Verfahren in unserer Umwelt erst einmal abzulehnen, weil sie uns neue Routinen abverlangen, spüren Maschinen keine solchen Ängste. Sie müssen zwar auch bisherige Rechenschritte durch neue ersetzen, jedoch empfinden sie nicht das Risiko, mit dem Neuen zu scheitern. Wenn es auf Anhieb nicht gelingt, hat der Algorithmus seine Informatiker. Anders ich als Betreiber des biologischen Systems „Gehirn“. Das kann ich keinen Neuronen-Klempner herbeirufen, ich muss mich selber umprogrammieren. Kein Fortbildner kann in meinem Gehirn neue Synapsen einrichten, das kann ich nur selbst. Da werden nicht wenige auf der Strecke bleiben, bis die Gesellschaft lernt, 30% ihrer Berufswelt mit Fortbildung zu verbringen und wieder eine Epoche einzuleiten, die wie die Griechen, die karolingische Reform, die Hochscholastik, die Aufklärung und das späte 19. Jahrhundert "aus dem Menschen mehr zu machen.“ Studiere, was Dir Spaß macht" wird dann wie aus einem dekadenten Epoche klingen. „Studiere, damit Du überhaupt mit der technischen Entwicklung mithalten kannst,“ sollte es jetzt schon heißen.

                                                                                     ODER

die Menschen versammeln sich nicht mehr um die Technik, vergessen ihr Handy, finden Autofahren so unbefriedigend, wie es jetzt schon für ist, sind lieber im Garten als vor dem Bildschirm, weil die Lebendigkeit der Pflanzen sie mehr reizt als der Benzingeruch oder das eintönige Dröhnen der vielen Motoren. Ob sie sich eher den Wind um die Nase spielen lassen als das hohe Summen der Flugzeugmotoren im Ohr zu haben. Warum soll sich die Gesellschaft nicht umorientierten, das Lernen so wie im Kindergarten ausgehend von Beobachtung und Erfahrung zu entwickeln und nicht die Rechengeschwindigkeit zu erhöhen, sondern in die Persönlichkeitsentwicklung zu investieren. Diese Flucht aus der Zivilisation gab es im zu Ende gehenden Römischen Reich, als Männer und Frau in die Wüste umzogen, ein einfaches Leben praktizierten, um hauptsächlich an ihrer Person zu arbeiten.


Kategorie: Analysiert

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