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Weihnachten: Das Christkind ist nicht das Jesuskind

Das Christkind bringt Geschenke und erscheint auf dem Christkindlesmarkt. Der Christus, der Gesalbte, der Messias ist selbst das Geschenk, denn mit ihm kommt das Reich Gottes, kommen Heilung, Erlösung, Friede. Warum dann die liebevollen Gestalten?

Wenn das Christkind nicht das Baby in der Krippe ist, wer ist es dann? 

Am Freitag vor dem 1. Advent begrüßt das Christkind die Besucher des Nürnberger Weihnachtsmarktes, der mit Sicherheit schon über 500 Jahre durchgeführt und Christkindlesmarkt genannt wird. Christkind, weil auf dem Markt Geschenke gekauft wurden. Nicht für das Kind in der Krippe, sondern für die Kinder.

“Christkind” ist eine Gestalt, die im Mittelalter erdichtet wurde. Martin Luther hat es zum Geschenkebringer erklärt. Damals hatten die Erwachsenen noch keinen Anspruch auf Geschenke. Auch war es Aufgabe der Paten und nicht der Eltern, den Kindern etwas zu schenken. Das ist in Holland immer noch der Nikolaustag. Weil er der Patron der Kinder ist. Eine Legende, wahrscheinlich mit einem wahren Kern, erzählt von ihm, dass er bei einem nächtlichen Rundgang drei Geldbeutel in das Schlafzimmer von drei Töchtern eines verarmten Kaufmanns warf. Geschenke zur Krippe bringen die drei Sterndeuter, deshalb ist der 6. Januar in Spanien der Geschenktag. Die Hirten sind nicht zu Geschenkebringern geworden., obwohl sie sicher etwas mitgebracht haben, zumindest eine Wolljacke. 

Noch zum Christkind: das Christkind von Nürnberg wird jeweils von einer jungen Frau dargestellt. Es kann auch deshalb nicht das Jesuskind sein, weil dieses ja noch nicht geboren ist. Auch wird es auf den Weihnachtsmärkten in der Krippe als Baby dargestellt.

Ob Christkind, Weihnachtsmann oder Nikolaus, diese Gestalten gehören neben der Krippe und den Engeln zu Weihnachten, wie auch die Lieder, das Weihnachtsoratorium und Gewürze wie Vanille, Zimt und Kardamom. Aber warum für die Geschenke einen Überbringer, eine Überbringerin? Wenn wir zum Geburtstag schenken, suchen wir doch keinen Vermittler, auch für die Kinder nicht. Vielleicht erklärt eine theologische Deutung, warum das Christkind nicht das Jesuskind ist und daher von einer Frau verkörpert werden kann:

Gott, der Vater, ist der Schenkende, “Er schenkt uns seinen Sohn” heißt es in einem Weihnachtslied. Alles, was wir uns schenken können, reicht an dieses Geschenk nicht heran. Nur Mütter können einem Kind das Leben schenken. Da Weihnachten das größte Geschenk an die Menschheit ist, empfinden wir Geschenke zu diesem Fest dazugehörig, nicht zu Ostern oder Pfingsten. Ansonsten schenken wir nur Einzelnen etwas, zur Erstkommunion, Konfirmation einem bestandenen Examen, zum Geburtstag. Weil wir an Weihnachten Jedem und Jeder, die uns nahestehen, etwas schenken sollen, ist die Adventszeit noch einmal stressiger, zumal der Dezember faktisch nur drei Wochen hat, die letzte eignet sich nur noch zum Umtausch. 

Am Umtauschen wird deutlich, dass wir mit dem Allen-etwas -Schenken überfordert sind. Und was will ich einem älteren Menschen schenken, der schon alles hat?

In größeren Gruppen, z.B. in einem Heim oder in meiner Ordensgemeinschaft bekommen alle das gleiche. Das kann praktisch sein. Mich erinnert immer noch ein Maniküre-Etui an ein Weihnachten. Es geht sogar noch einfacher. Wir widmen uns zwischen den Jahren Zeit, jedem und jeder eine Stunde und erzählen, wie das letzte Jahr verlaufen ist, ohne das Schwere auszuklammern, damit das Freudige umso deutlicher im Gedächtnis bleibt. 

Eckhard Bieger S.J.


Kategorie: Analysiert

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