Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Finanzsystem leistet sich die Kirche übergroße Verwaltungen. Diese sind aber nicht dafür geeignet, neue Ideen zu entwickeln, sondern wollen durch Verordnungen das Ganze steuern.
Die Sackgassen des deutschen Systems
Es scheint, dass die Katholische Kirche so sehr Teil von Deutschland geworden ist, dass man ihre Stimme nicht mehr heraushört. Was noch lebendig wäre, wird, wie auch sonst in diesem Land, von einer Verwaltung erstickt. Ein Indiz ist die Berichterstattung über den Synodalen Weg. Die Dokumente wurden nur von wenigen, auch unter den Hauptamtlichen gelesen, weil die meisten gewartet haben, was die „Medien“ berichten und diskutieren werden. Die Themen „Gender“, „Frauen“, „Macht“ sind jedoch „schon durch“. Aus den Beratungen drang nichts Neues nach Außen, sondern das alte katholische Gejammer: Wenn Rom nicht wäre, hätten wir hier eine blühende Kirche.
Zum Missbrauch, um den die Gesellschaft und damit auch die staatlichen Stellen weiter einen Bogen machen, hätte eine Kirche, die so mit dem Thema konfrontiert ist, mehr hervorbringen können, das dann auch den Hauptort, nämlich die Familie, sanieren könnte. Aber mehr als moralische Entrüstung war nicht drin.
Ist die Katholische Kirche vollständig zu einem Teil des Landes geworden, dann steckt sie auch in dessen Sackgassen fest. Beobachter, die weltanschaulich anderswo beheimatet sind, urteilen: Wie Deutschland insgesamt hat auch die Katholische Kirche ihren Roten Faden verloren. Die Millennials und die Generation der nach 2.000 Geborenen sehen das nüchtern. Der Gegenentwurf der Generation der Zwanziger bestätigt das und verlangt einen eigenen, nächsten Beitrag.
Rom reicht nicht für ein katholisches Profil in Deutschland
In der Weimarer Zeit und noch bis in die sechziger Jahre hatten die Katholiken mehrere Kulturzeitschriften, Ausdruck eines intellektuellen Profils. Diesen gingen die Leser verloren und dann den Lesern die Inhalte. Die Katholiken, angefangen bei ihrem Führungspersonal, wissen nicht mehr, was in der deutschen Kultur ihre eigene katholische Identität sein soll. Wenn es eine eigene Katholische Kirche geben soll, dann macht diese nur Sinn, wenn aus ihrem Humus etwas Neues für die Gesellschaft entsteht. Einige versuchen, sich dies von Rom auszuleihen. Aber das geht nicht, es muss ein deutscher Katholizismus sein, in deutscher Sprache eine Stimme, die die deutsche Kultur bereichert. Die zugleich auch das Weltumspannende des Katholizismus in eine Gesellschaft einbringt, in deren Metropolregionen Menschen aus über 100 Herkunftsländern leben. Sie leben jedoch nicht in den deutschen Pfarreien, sondern in eigenen, italienisch-, spanisch-, englischsprechenden Gemeinden.
Anders: Die Caritas und die Schulen
Die obige Beschreibung trifft nur auf die von den bischöflichen Verwaltungen gesteuerten Pfarreien und ihre Ausbildungsstätten zu. Denn auch die theologischen Fakultäten scheinen sich aus dem kulturellen Raum zu verabschieden. Die Bischöfe wollen einen großen Teil aufgeben. Die in Eigenregie betriebenen Hochschulen erscheinen zu teuer. Dagegen sind die vielen Einrichtungen der Caritas mitten in der Vielvölker-Gesellschaft verortet und die Schulen finden großen Zuspruch. Sie bieten konkrete Hilfe und solide Bildung an. Wie findet eine Religionsgemeinschaft jedoch ihr Profil in einem Land, das zu einem Reparaturbetrieb geworden ist, dessen überalterte Bevölkerung den erreichten Wohlstand verteidigt und dessen junge Generation signalisiert, dass sie etwas Neues, nämlich eine wirksame Ökologie und weniger Überproduktion und damit weniger Einfluss der Wirtschaft auf das ganze Leben will. Den Kirchen gegenüber präsentiert sie sich mit dezidiertem Desinteresse. So wie die Lebensform der Altvorderen nicht fortgeführt werden soll, so auch nicht ihre Form der Religiosität.
Verwaltetes Deutschland - verwaltete Religion
Das Land und seine Katholische Kirche hat nicht die intellektuelle Kraft, die über die Wohlstandsmehrung und den Reparaturbedarf für die vielen brüchigen Brücken, maroden Gleisanlagen hinausgeht und die weiter fruchtbare Böden zubetoniert und dem Sterben der Bäume zusieht. Die neuen Krankheiten Burnout und Fatigue ist mit dem üblich technisch-mechanistischen Weltverständnis nicht beizukommen. Weil kein Geist mehr trägt, entwickelt das Land und mit ihm die katholische Kirche immer neue Regelungen, um die Abläufe zu steuern. Die Überlastung der Beteiligten wächst, weil jede Regelung neue Planstellen erzeugt, die ihre Zuständigkeit durchsetzen müssen und die wenigen, die mit Menschen zu tun haben, mit immer mehr regulatorischen Maßnahmen und über die Geldzuteilung „an die Leine legt.“. Um die große Chance zu erfassen, mit der ökologischen Herausforderung eine neue Lebensqualität zu erreichen, die aus dem mechanistischen Weltbild und seinen auch engen spirituellen Grenzen herausführt, fehlen einer Verwaltung die Wahrnehmungsorgane und den Pfarreien die jungen Menschen.
Verordnungen machen eine Institution nicht attraktiv
Was wäre, wenn die Grünen nicht bloß moralisch und mit Verordnungen den Umweltgedanken „regeln“, sondern durch eine tiefere Vertrautheit mit dem Wachstum der Pflanzen neue Qualitäten bewusstmachen und die Lebensräume der Wildtiere nicht weiter zubetonieren würden. Es fehlt eine neue Perspektive. Die letzten 40 Jahre wurden von Produktion und Konsum bestimmt, was zu immer mehr Lastwagen und damit zu immer mehr Autobahnen und Straßen und damit zur weitere Begrenzung des Lebensraumes der Tiere geführt hat. Wir schauen Tierfilme im Fernsehen an, ohne dass wir die Tiere in unserem Umfeld bewundern. Stattdessen gibt es mehr Hühner und Kühe in Ställen. Und wieviel Zeit würde jeder Deutsche sparen, wenn es dafür nicht tausend Regeln bräuchte, sondern eine Kultur das Verhalten prägt. Die Kirchen tragen kaum etwas dazu bei, dass die Bürger selbständig handeln und nicht so lange warten, bis das Parlament sich zu Gesetzen durchringt. Oder wie ist zu verstehen, dass die Flugzeuge voll sind, weil auch die Katholiken noch einmal auf die Malediven fliegen, bevor es verboten wird. Wenn es keinen geistigen Überbau gibt, der Kreativität und Energien freisetzt, wachsen die Regelungen und ersticken wie Brennnesseln und Brombeerhecken, was blühen könnte.
Ökologie, lebendige Familien, Sexualerziehung wären die neuen Themen
In der jungen Bundesrepublik hatte die katholische Soziallehre wesentlich dazu beigetragen, dass nicht wie in der DDR nur riesige Wohnblöcke als Behausung gebaut wurden. Der Mittelstand wurde gezielt gefördert. Die sozialen Dienste werden nicht vom Staat erbracht, sondern zum großen Teil von den Freien Trägern. Es liegt von Rom ein weltweit anerkanntes „Laudato si“ vor. Eine weltweite Synode hat starke Impuls für gelingende Partnerschaften und stabile Familien, die den Kindern Sicherheit geben, formuliert. Irgendwie wollte der Synodale Weg diese römischen Impulse nicht. Er wollte aber auch keine wirklich neue Sexualmoral, die den sexuellen Missbrauch nicht bloß verurteilt, sondern durch ein ethisches Gerüst möglichst auffängt. Es bleibt weiter dabei, dass Kindern erst dann geholfen wird, wenn sie „auffällig“ werden, also von Missbrauch betroffen sind. Wirklich helfen kann man ihnen aber erst, wenn man die Täter auffängt. Das sind dringende Themen für eine deutsche Synode. Entscheidend für die Zukunft der Katholischen Kirche in diesem Land ist jedoch, ob sie die neu heraufziehende Kultur mit gestalten will. Nur das rechtfertigt die staatliche Unterstützung für den Einzug des Mitgliedsbeitrags.
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