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Gelingen gelingt nur in einem Größeren

Ich bin in dieser Welt, um zu leben, Leben im umfänglichen Sinn. Vom ersten Moment an ist mein Leben auf Entwicklung angelegt. Dazu ist mir die Freiheit gegeben, damit ich aus diesem Leben eine einmalige Biografie forme. Dafür ist mir Zeit gegeben und eine Umwelt, in der ich und mit der ich wirken kann. Ich persönlich soll diese Einmaligkeit realisieren.

Freiheit braucht einen Raum der Entfaltung.

Ich bin für meine eigene Entwicklung und für das, was ich handelnd erreichen will, mit einem Zeitbudget ausgestattet. Diese mir zur Verfügung stehende Zeit korrespondiert mit meiner Freiheit. Weil mir Zeit eingeräumt wird, kann sich meine Freiheit durch Handeln verwirklichen. Die Zeit, die ich mit meiner Freiheit ausfülle, wird dann ganz zu meiner Zeit. Aber sie verwirklicht sich nur in Verbindung mit der Natur und anderen Menschen. Die Nacht z.B., beansprucht der Körper für seine Regeneration. Über weitere Zeiten bestimmen andere, jedoch nicht einfach an meiner Freiheit vorbei. Die Zeit, die ich in den Beruf investiere, entspringt auf der einen Seite meiner Berufswahl, zum anderen werde ich von denen in Anspruch genommen, für die ich als Arzt, Lehrerin, Ingenieur, Verkäuferin, Buchhalterin wie auch als Vorgesetzte gefragt bin. Ähnlich werden Eltern durch ihre Kinder in Anspruch genommen. Ich bin mit meiner Freiheit in das größere Ganze eingebunden bin. Davon sind die Künstler nicht ausgenommen. Sie brauchen ein Orchester, das ihre Kompositionen spielt, einen Verlag oder eine Internetplattform, die ihre Texte zugänglich machen. Je mehr Qualifizierungsmöglichkeiten, je entwickelter die Berufe, je besser der gegenseitige Austausch, umso größere Entwicklungsmöglichkeiten habe ich. Je mehr andere mich unterstützen, je besser die Kooperation gelingt, desto eher kann ich meine Ziele erreichen. 

Durch Entscheidungen wird aus dem Fluss der Zeit mein Leben

Mir geht es um etwas. Das spüre ich kaum bei einzelnen Verrichtungen, sondern dann erst

intensiv dann, wenn das Ganze mir vor Augen gestellt wird. Es sind sowohl die Momente, in denen mir Scheitern droht wie auch Entscheidungssituationen, eine Prüfung, die Wahl eines Studienfaches, die Entscheidung für einen bestimmten Arbeitsplatz, wenn aus einer losen Partnerschaft Familie mit Kindern werden soll. Das Größere muss sich vor allem öffnen, wenn ich in eine Sackgasse geraten bin oder wenn ein Plan nicht gelingt und ich nicht mehr weiterweiß. Gerade dann zeigt sich, dass ich nicht bei mir bleiben kann, sondern einen Ausweg, die Lösung finde, wenn ich mich dem Größeren öffne. Dann stoße ich auf die Frage, welche Macht hinter der Welt steht, in der alles mit anderem verwoben ist, wer sie entworfen und ins Dasein gerufen hat. Wenn die Welt und damit ich auch von Scheitern, Ausweglosigkeit, von Mobbing und Krieg nicht nur bedroht werden, sondern andere und ich davon betroffen sind, dann sind wir noch mehr auf das größere Ganze angewiesen. Denn mit jeder Krise wird uns bewusst gemacht, dass wir für unser Leben von dem größeren Ganzen entscheidend abhängig sind.

Es die Verantwortung des Menschen zuerst gefragt

Um realistisch auf den Zustand der Welt zu blicken, muss ich die Bedingungen der Freiheit ernst nehmen. Denn wenn der Mensch Urheber seiner Handlungen ist, auch derjenigen, mit denen er andere schädigt, dann muss er für die Folgen seiner Taten die Verantwortung übernehmen, ob im Guten oder im Schlechten. Je größer die Verbrechen, desto weniger können die Urheber den Schaden wiedergutmachen. Ich finde mich in dieser Welt vor, die nicht so gerecht, friedlich, rücksichtsvoll, von gegenseitigem Verständnis ertragen, wie sie sein könnte. Ich trage mit vielen anderen die Idee einer besseren Welt mit mir. Dafür kann ich einiges tun, in meinem Beruf, wenn ich mich um die kümmere die Hilfe brauchen, indem ich gegen Ungerechtigkeiten vorgehe, die Natur schütze, mich für Verfolgte einsetze.

Das ändert die Welt auch deshalb, weil viele Andere ebenso motiviert sind. Aber das reicht nicht aus. Alle Versuche der letzten 250 Jahre haben den Zustand der Welt nicht grundlegend geändert. Der Völkerbund und dann die UN haben einiges verhindert und manche Friedensinitiative zum Erfolg geführt. Grundlegende Konzepte, die das menschliche Zusammenleben in ganz neuen Formen gießen wollten, wie z.B. die kommunistische Weltveränderung, haben mehr geschadet als genutzt. Der Mensch muss eine höhere Macht in Anspruch nehmen, wenn er das Gelingen der Geschichte insgesamt retten will.

Die höheren Mächte zum Einschreiten bewegen

Die Menschen haben verschiedene Praktiken entwickelt, um mit der Bedrohung zurecht zu kommen und das Gelingen zu sichern. Kulturen, die davon ausgehen, dass die Sterne das Leben bestimmen, suchen mit dem herauszufinden, wann günstige Sternkonstellationen das Gelingen ermöglichen. Seitdem die Bankhäuser in Florenz im 13. Jahrhundert die Risikosummen z.B. für Handelsschiffe berechnen konnten, federn wir mit Versicherungen leichteres Misslingen ab.
Menschen, die diese Welt und sich selber als von Gott geschaffen sehen, beten. Nicht wenige fordern sogar das Eingreifen Gottes, wenn Menschen gerechte Verhältnisse und die Beendigung von Bürgerkriegen nicht hinbekommen. Warum greift der Urheber nicht ein? Wird er wenigstens am Ende die Verhältnisse richten? Und was ist meine Rolle in dem großen Zusammenhang. Bin ich nur gefordert, um mich einigermaßen durchzuschlagen, oder kommt mir eine Aufgabe für das Ganze zu? 

Ich muss zuerst meine Möglichkeiten einsetzen

Aus diesen Eckdaten meiner zeitlichen Existenz lässt sich ableiten, dass ich erst einmal meine Freiheit so einsetzen muss, damit ich einen Beitrag zum Ganzen leiste. Dafür sind zuerst meine Verantwortung für die mir anvertrauten Menschen und mein Beruf die Einsatzfelder. Da Gott meine Freiheit will, gibt er mir viele Möglichkeiten, mein eigenes Gelingen zu befördern, indem ich mich für das Ganze einsetze. Es wird auch deutlicher, was der Inhalt des Bittgebetes sein kann. Ich kann mich nicht an eine höhere Macht wenden, ob durch Befragung mittels eines Horoskopes oder durch Bittgebet, wenn ich nicht selbst meinen Beitrag leiste.
Über diese Bedingungen und Voraussetzungen sind wir Menschen im Klaren. Wenn das Zusammenspiel unter den Menschen verbessert werden soll, wenn statt des unkalkulierbaren Risikos eines Krieges die Übersichtlichkeit einer Friedensordnung gewählt wird, wenn Konflikte ohne Mobbing, Intrige, üble Nachrede, den Einsatz von Gewalt bearbeitet werden sollen, dann ist immer die Entscheidung der anderen gefragt. Da Gott im Verständnis von Judentum und Christentum die Freiheit des Menschen achtet, ist er genauso abhängig von den Motiven und Entscheidungen der Menschen wie ich auch. Vielleicht hat er Möglichkeiten, auf den „guten Willen“ mehr einwirken zu können als ich. Auf jeden Fall braucht er die Bereitschaft eines jeden für das Gelingen des Ganzen.
Gott kann ich daher nicht für das Gelingen verantwortlich machen, aber ich kann mit meinem Gebet dazu beitragen, dass sich die Waagschale eher in Richtung des Guten Willens aller Beteiligten senkt. Und ich kann um Kraft dafür bitten, das, was ich und andere als hilfreich erkannt ahne, auch konsequent umzusetzen.


Kategorie: Analysiert

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