Foto: Eckhard Bieger SJ

Fußball: Wallfahrt und heiliger Raum

Die Europameisterschaft zieht wie ein Wallfahrtsort viele Menschen an. Diese haben einen eigenen Namen: Fans. Oben ein Foto von dänischen Fans, als ihre Mannschaft am 20.6. in Frankfurt spielte. Sie betreten, den Kirchen vergleichbar, einen eingegrenzten Raum. Wie in Gottesdiensten wird der Ritus durch Gesänge begleitet.

Wallfahrt zu den heiligen Stätten

Wie die Gläubigen, ob Moslems, Christen oder Hindus, kennen die Anhänger des Fußballs ein ausgeprägtes Wallfahrtswesen. Steht an den Wallfahrtsorten ein Tempel oder eine Kirche, ist das Ziel der Fußballwallfahrt ein Stadion. Dort gibt es wie in einem abgegrenzten Tempelbezirk den heiligen Rasen. Dass die Stadien Wallfahrtsorte sind, kann jeder sofort daran erkennen, dass an den Wallfahrtsorten typischen Andenkenshops gibt. Dort kann der Wallfahrer alles kaufen, was er an Wallfahrtskleidung braucht, er kann sich mit den heiligen Zeichen ausstatten. Statt einer Marienfigur ist es der Ball. Auch sonst kann man das Gleiche wie an Wallfahrtsorten beobachten. Die Fußballwallfahrer ziehen in einer Prozession zum Ort des Geschehens. Dabei singen sie ihre Wallfahrtslieder. Der religiösen Feier vergleichbar findet dann in einem festen Zeitrahmen und nach festgelegten Riten das Spiel statt. Hat die eigene Mannschaft gewonnen, ziehen ihre Anhänger mit dem Gefühl davon, mit Gnade reich beschenkt worden zu sein. 

Heilige Geräte

Wenn eine Mannschaft eine Meisterschaft gewonnen hat und auf den Stufen oder dem Balkon eines Rathausesvorgestellt wird, ist si emit Insignien ausgestattet. Sie halten eine goldene Schale hoch. Schalen und Kelch werden sogar geküsst. Der Katholik truat sienen Augen nciht, kennt er doch aus seinen gottesdiensten Schalen und Kelche, die hochgehoben werden oder wie eine Monstranz den Gläubigen gezeigt werden.

Dass Pokale den Kelchen der Messfeier zum Verwechseln ähneln, deutet auf eine kultische Verwandtschaft hin. Wir stoßen nicht nur auf Gelingen, einen Sieg an, es gibt im modernen Sport auch Anklänge an die sog. Trankopfer. Sieger eines Autorennens verschütten Sekt, das kostbarste Getränk unserer Kultur, so als wollten sie die Siegesgöttin ehren.

Das Fernsehen hat ein weiteres rituelles Element geschaffen, das aus der Frömmigkeitsgeschichte bekannt ist: Den Augenblick festhalten. Das wird bei Gottesdienstübertragungen nicht verwendet. Das Fernsehen setzt diese Form der Verehrung jedoch beim Fußball ein:

Wenn ein Tor gefallen ist, wird dieser Moment wiederholt, manchmal ohne Ende. Als die Mannschaft Südkoreas bei der letzten Weltmeisterschaft durch ein Tor Portugal besiegt und den Einzug ins Achtelfinale geschafft hatte, wurde die entscheidende Torszene eine ganze Nacht lang vom koreanischen Fernsehen wiederholt. Es gibt Augenblicke, da berührt das Glück ein ganzes Volk. Einen wichtigen Augenblick, in dem Himmel und Erde sich berühren, hält in der katholischen Frömmigkeit die Monstranz mit der verwandelten weißen Brotscheibe fest. Das ist aus der mittelalterlichen Frömmigkeit entstanden. Die Menschen wollten die Hostie sehen. Das Essen der Hostie trat immer mehr zurück. Die Priester begannen, die Hostie nach den Wandlungsworten hochzuhalten, so dass die Gläubigen die Hostie sehen konnten. Da in einer großen Kirche oft mehrere Priester an den Seitenaltären Messe feierten, konnten die Menschen mehrfach diesen wichtigen Augenblick mit vollziehen. Sie wanderten dann sogar von Kirche zu Kirche, um den Augenblick der Wandlung mit zu erleben. Es war dann nur ein kleiner Schritt, den Augenblick zu verstetigen, indem die gewandelte Hostie in einem Strahlenkranz auf den Altar gestellt wurde.

Links: BvB-Grunderkriche in Dortmung
          Fußball - Glücksmomente und Niedergeschlagenheit


Eckhard Bieger SJ


Kategorie: Analysiert

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