(Foto: Andrew Martin (aitoff) auf Pixabay)

Gender – auf der Suche nach Identität

Die Frage nach Geschlechtern und Gender hat viele Facetten. Zum Beispiel sehen junge Menschen Identität nicht unbedingt als etwas Festes, lebenslang Gleichbleibendes. Gesellschaftliche Institutionen, auch die Kirchen, sollten junge Menschen auf ihrer Suche nach Identität verstehen lernen und sie unterstützen.

Viele junge Leute spüren: Nicht nur in die traditionellen Rollenbilder in der Kirche, auch in die gesellschaftlich an vielen Stellen noch alten Rollenbilder und Vorstellungen von Arbeit, Moral und Wertvorstellungen passe ich nicht rein – auch nicht in die von Mann und Frau. Gleichzeitig haben darüber hinaus nicht wenige das Gefühl: In meinem Körper bin ich falsch. Es kommen also biologische, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte zum Tragen – Gender ist weder „nur“ Biologie noch „nur“ Kultur.

Identität – nur einen Fingerwisch entfernt

Die Suche nach Identität gestaltet sich heute, vielleicht mehr denn je, sehr vielfältig, besonders für junge Menschen. Im globalen, digitalen Zeitalter scheint alles möglich. Ein völlig anderer Lebensentwurf als der, den ich gerade lebe, ist nur einen Fingerwisch auf dem Smartphone entfernt. Die anderen Nutzer auf Instagram wirken bei ihrer Identitätssuche viel selbstbewusster als ich, sie präsentieren sich so selbstsicher und scheinen so glücklich. Aber stimmt das? Wer bin ich? Was macht mich aus?

Angesichts dieser Unsicherheiten und Fragen junger Leute, müsste es zu den Kernaufgaben und -kompetenzen von Kirchen und Religionsgemeinschaften gehören, Menschen auf der Suche nach ihrer Identität zu unterstützen, sie stark zu machen.

Wer bin ich – wer will ich sein?

Bei der Identitätssuche geht es um das, was mich ausmacht, wie ich mich fühle und wie ich wahrgenommen werde. Bin ich eine Frau, ein Mann, fühle ich mich weder ganz weiblich noch ganz männlich – ein bisschen von beidem? Was bedeutet „Mann sein“ und „Frau sein“ oder „divers sein“?

Gesellschaftliche und kulturelle Vorstellungen wirken sich auf die Identitätssuche junger Menschen aus, auf Pubertierende wie junge Erwachsene. Was wird von mir als Mann, als Frau in dieser Gesellschaft erwartet? Welche dieser Erwartungen muss ich, möchte ich erfüllen? Was hilft, mir „ich“ zu sein?

Berufung und Schwächen

Ich möchte nicht nur fremdbestimmt leben, sondern meine Fähigkeiten, meine Berufung, meinen Lebensauftrag, meine Talente ausleben dürfen. Ich darf auch Schwächen haben, Fehler machen, an Erwartungen von außen scheitern.

Ich darf meinen Lebensentwurf, auch öfter im Leben, in Frage stellen, darf an meinen Wünschen, Zielen, Träumen zweifeln. Auf der Suche nach meiner Identität gibt es nicht das Eine, das mich letzten Endes restlos definiert – auch nicht mein Geschlecht.

Und vielleicht gibt es doch diesen einen Anker im Leben für mich. Gibt es vielleicht sogar mehrere Eigenschaften, Ideen, Träume, Fertigkeiten, Lebensaufträge für mich? Dann darf ich trotzdem Schwierigkeiten haben, immer klar zu sehen, welche das gerade sind.

Ich muss nicht zu jedem Zeitpunkt die volle Energie und Entschiedenheit aufbringen, dem absolut erfolgreich nachzugehen, was meine „Identität“ ausmacht. Ich darf gewissermaßen auch einmal eine Pause machen von mir selbst. Ich darf auch mal jemand anderes sein, mich ausprobieren. Bin ich das? Will ich so sein?

Unterstützung beim Erwachsenwerden

Eine Offenheit der Lebensentwürfe, die Vielfalt der Möglichkeiten kann viel Energie kosten. Wenn ich den Eindruck habe, mich jeden Tag neu erfinden zu müssen, das kostet Kraft. Eine klare Richtung würde es mir wohl einfacher machen.

Wieso kann ich denn nicht einfach erwachsen werden, eine Entscheidung treffen, die mich bindet und mit der ich mich wohlfühle – mit deren Konsequenzen ich auch leben und die ich vor mir selbst verantworten kann? Bei diesen Fragen brauchen junge Menschen Unterstützung, oft erfahren sie aber Ablehnung. Viele leiden darunter. Die offene Ablehnung verstärkt dieses Leiden.

Vielfalt an Lebensformen anerkennen

Angesichts dieser Fragen – nicht nur – junger Menschen wäre es wichtig, anzuerkennen, dass es nicht nur schwarz und weiß, Mann und Frau gibt. Das gilt auch für die Kirche. Neben den Lebensentwürfen „lebenslange Einehe“ und „zölibatär leben“ gibt es eine Vielfalt an Lebensformen, in denen Menschen – wie in Ehe und Zölibat auch – mal mehr und mal weniger glücklich oder überzeugt sind. Es gilt, diese zu verstehen und anzuerkennen:

Wenn jeder Mensch ein geliebtes Abbild Gottes ist, ist Gott in seiner Dreifaltigkeit und Allmacht doch wohl kreativer, als sich auf bloß zwei Geschlechter festzulegen. Menschen sind verschieden. In welcher Weise jemand nicht so ist wie ich, verstehe ich vielleicht nicht immer, kann mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt. Wenn ich mir mein Unverständnis oder Unbehagen selbst eingestehe, werde ich offen, zuzuhören und zu verstehen.

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