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Die Welt ist nicht heil – aber heilbar

Die Kriege, die Flüchtlingsstürme, die Inflationsrate und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten erhöhen ständig den Duck auf jeden von uns. Kann man sich dem gegenüber immunisieren oder wie soll man diesem Druck standhalten? Es gibt einen Weg, den Viktor Frankl im KZ gegangen ist und der auch uns heute helfen kann.

Hohe Belastung der Seele

Wie soll meine Psyche mit so viel Gewalt, Terror und Leid fertig werden? Entweder muss ich mich innerlich davon distanzieren, mich nicht mehr davon berühren lassen, so tun, als ginge mich das nichts an, keine Nachrichten mehr hören, oder auf eine einsame Insel fahren, auf der es keine Informationen gibt. Aber alles das ist mir nicht möglich. Da ist ein stabiles psychisches Gerüst in meiner Seele notwendig, das mir Halt gibt, mir hilft, dass ich aus diesen Strudeln heil herauskomme, mich erkennen lässt, welchen Sinn mein Leben in einer solchen Zeit noch macht.

Starke Psyche gefragt

Eine ziemlich schwierige Herausforderung für mich und meine Generation, die ohne Krieg und immer mit Blick auf Wachstum groß geworden ist. Wir leben im Wohlstand, manche auch im Überfluss. Die Schattenseite unserer Sorglosigkeit.
Ich habe kein Kriegsleid wie meine Eltern erleben müssen, keine Inflation, bei der das Geld nichts mehr wert war, keine große Arbeitslosigkeit, keinen Hunger und keinen Terror. Jetzt ist es anders. Für die jüngeren Generationen stellt sich diese Notsituation ähnlich dar, denn sie sind im bereits bestehenden Wohlstand groß geworden, mit der Sicherheit eines Staates, der für das Nötigste sorgt, auch wenn Not entsteht. Aber auch das wird bei aller Verschuldung die unsere Politiker gerade zulassen, nicht so bleiben können. Wie kann ich, wie können wir mit dieser Krise, die morgen nicht vorbei sein wird, leben? Womit können wir unsere Psyche stärken? Was kann uns helfen nicht in Untätigkeit zu versinken oder in der Depression zu landen?  

Viktor Frankl hat eine Logotherapie entwickelt, die mich unterstützt in meinem Leben dem Sinn zu folgen, handlungsfähig zu bleiben auch wenn um mich herum viel Leid und Gewalt herrschen. Das folgende Buch, das sich immer wieder auf den Kern der Logotherapie bezieht, kann uns für Krisensituationen stärken. Mit der Grundidee von Viktor Frankl, für den die Sinnhaftigkeit des Lebens und das Gute wollen entscheidend ist, begleiten Elisabeth Lukas und Alexander Batthyány im Dialog die Leser durch verschiedene Themen, die jeden von uns bewegen.

Sinnvolles tun

Schwierige Lebensphasen meistern“ heißt der Titel, der genau in diese Zeit passt.

„Richte Dein Augenmerk nicht auf Dinge die du nicht ändern kannst, sondern fokussiere dich ganz auf das was in deinen Möglichkeiten steckt“.

Mit diesem Hinweis werden wir darauf aufmerksam, dass immer noch viele Möglichkeiten in jedem von uns stecken, mit denen wir zumindest in unserem Umfeld mit den Ressourcen, die wir haben, aktiv werden können, um ein klein wenig dazu beizutragen, dass das Leben sich mit Sinn erfüllt. Aktiv sein, um etwas Sinnvolles zu tun, das anderen hilft, gibt auch unserem Leben Sinn. Mit Projekten für die Linderung von Nöten, ob im kleinen oder großen Umfeld, setzen wir die eigene Kreativität in Gang, können gesetzte Ziele erreichen, sind aktiv gerade auch in Zeiten der Krise. Das gibt ein Gefühl der Zufriedenheit und macht Sinn, denn ich kann erfahren, dass ich nicht ohnmächtig zusehen muss, sondern etwas Sinnhaftes tun kann. Sinnvolles tun hilft dabei, Krisen besser zu meistern. Psychisch gesünder und belastbarer zu bleiben. Mit der eigenen aktiven Investition in Projekten gewinne ich an Robustheit, Durchhaltevermögen auch bei Gegenwind. Viktor Frankl sagt nicht umsonst:

                            „Wir geben Brot, sie geben uns Sinn.“

Etwas abgeben

Wir, die wir im Wohlstand leben, manchmal sogar im Überfluss, können teilen. Deshalb macht es Sinn, dass reiche Länder etwas von ihrem Wohlstand abgeben. Damit beschenken sie die Anderen, werden aber gleichzeitig zu Beschenkten.

Freude

Sie ist ein Kind der Entbehrung, nicht des Überflusses. Wie wirkt sich das auf unsere Psyche aus, wenn wir wunschlos glücklich sind?

Hoffnung

Lohnt sich Hoffnung noch in einer Welt, die so „kaputt“ ist, die auf so vielen Ebenen leiden muss? Hoffnung als die Erkenntnis des Zustandes einer Gefangenschaft und der damit verbundenen Erwartung, etwas an diesem Zustand ändern zu können. Wir brauchen dafür einen realistischen Blick auf den Zustand der Welt wie auf den Zustand der Not, der wir auch im Kleinen begegnen.
Es ist nicht nur die materielle Seite, die ins Ungleichgewicht geraten ist, sondern wir beobachten es auch in der seelischen, geistigen und geistlichen Armut. Diese Armut verstärkt das Leiden. Sie führt zum Gefühl der Sinnlosigkeit, die wie ein Mahnmal vor uns steht. Wer Hoffnung spürt, will sich mit diesen Leidenszuständen nicht zufriedengeben. Diese fordern uns heraus, dass wir uns mit unserem Idealismus für Veränderung einsetzen. Damit wir die Kraft zum Handeln aufbringen, müssen wir über den Tellerrand blicken, nicht nur das kleine Ich betrachten, sondern die Zusammenhänge von Welt und Mensch erkennen. Alles ist mit Allem verbunden. Wenn es uns gelingt zu handeln, verfolgen wir auch unsere Freiheit. Wie sieht das mit der Hoffnung aus?

Hass und Gewalt

Solange Hass mit Hass erwidert, Gewalt mit Gewalt gerächt wird, ändert sich nichts. Das können wir auch an den momentanen Kriegen immer wieder ablesen. Verletzte werden zu Verletzern, Missbrauchte werden zu Missbrauchern. Wer Leid erfahren hat, fügt Leid zu.
Das Böse ist ständig unterwegs, solange die Kette der Vergeltung nicht unterbrochen wird. Damit das gelingt, braucht es vernünftiges, weises Handeln. Das ist möglich, wenn ich in die Selbstdistanzierung zu meinen Gefühlen gehen kann. Dann unterbreche ich den Kreislauf von Aktion und Reaktion. Die beiden Autoren sprechen dann auch von Weisheitserkenntnis.   

Schuld

Umgang mit Schuld, Schuldverdrängung, aber auch falsche Schuldgefühle sind Themen, die uns bis ans Ende unseres Lebens begleiten. Wie kann ich mich meiner Schuld stellen, mit meinen Schuldgefühlen fertig werden?

Das Gute

Am Ende unseres Lebens zählt das Gute, das wir in die Welt gebracht haben. Das, was wir anderen ermöglichen konnten. Es sind unsere sozialen Taten, unsere Liebe, unsere Zuwendung, unsere Kompetenz die wir hergeben.

Die Dialoge zwischen den Autoren sind spannend. Die Argumente, Fragen und Erklärungen von Elisabeth Lukas und Alexander Batthyány sprechen mich an, sie treffen bei mir auf Interesse. Manche Erklärungen werden mit konkreten Beispielen unterstützt, was für mich das Lesen leichter macht. Ich kann das Buch denjenigen empfehlen, die sich gerne mit der Lebens-Sinnfrage beschäftigen, die sich selbst stark machen wollen für den Umgang mit Krisen aber auch diejenigen, die andere in ihrer Lebenssituation unterstützen wollen.  

Einige Aussagen haben sich in besonderer Weise in meine Seele geschrieben haben:

 „Gnade kann alles Misslungene durch ein Sieb fallen lassen, aber sie kann kein Gelungenes oder Gutes dazu dichten, das nicht vorhanden ist“

„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind“

„Wer nichts vom Leben will als Lust, hat die Straße der Werte und damit die Straße der Menschlichkeit verlassen“

 


Kategorie: Gelesen

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