Ein Umzug ist immer ein Akt. Das weiß jeder, der schon mehrfach umgezogen ist. Ich muss die Beziehungen zu Nachbarn und Bekannten loslassen, liebgewordene Plätze in meinem Umfeld gehen mir verloren, die Wege, die mir vertraut sind, lasse ich zurück. Das Neue das auf mich zukommt, ist mir meist noch fremd und kann mich ängstigen. Ich fühle mich unsicher, denn es gehen mir viele Fragen durch den Kopf. Werden mich die neuen Nachbarn wohlwollend aufnehmen? Finde ich Anschluss an andere, werde ich mich in dem neuen Stadtteil wohlfühlen? Wird mir das Umfeld gefallen? Viele Unsicherheiten begleiten uns bei einem Umzug. Aber nicht nur, denn es gibt auch Neugierde auf das Unbekannte, das mich erwartet.
Wenn ich jung bin fallen Umzüge leichter, weil ich mich noch nicht so fest verwurzelt habe. Außerdem kann ich auch noch mit Entfernungen besser umgehen. Da schwingt oft sogar Freude mit.
Was ist aber wenn ich älter bin?
Die Wohnung, das Haus ist mir so vertraut geworden. Ich fühle mich darin sicher, aufgehoben, beheimatet. Ich kenne alle Wege. Fühle mich mit den Menschen um mich herum verbunden. Mit dem Auto kann ich mich in dem mir bekannten Umfeld noch gut bewegen, aber bei Dunkelheit fällt das Fahren immer schwerer. Wie ist das dann erst in einer fremden Umgebung?
Mein Haus oder meine Wohnung werden mir als der Ort der Geborgenheit immer wichtiger. Da bin ich zu Hause, da habe ich das Sagen, da kenne ich mich aus und habe alles, was ich brauche. Für Aktivitäten außerhalb ist dann manchmal Überwindung notwendig. Deshalb richte ich mich immer mehr bei mir selber ein.
Soll ich mir jetzt im Alter noch die Last aufladen, aus dieser mir geschaffenen beschützenden Burg auszuziehen, nur weil ich vielleicht in Zukunft Vieles nicht mehr selber erledigen kann? Oder soll ich es einfach auf mich zukommen lassen, was die Zeit bringt? Vielleicht schlafe ich ja mal ganz ruhig mitten aus dem prallen Leben heraus ein und brauche weder einen Umzug noch Pflege. Wir wissen alle, dass das nur wenigen vergönnt ist. Unser Altwerden führt uns meist auch durch schwache und kranke Phasen, in denen wir auf andere angewiesen sind, deren Hilfe brauchen. Ich kann gut verstehen, wenn Witwen oder Witwer sagen: „ dann nehme ich mir eine Pflegekraft ins Haus, wenn es soweit ist. Ich gehe aus meinem Haus nicht raus.“ Ich frage mich, will ich das?
Was lässt mich fragen, zweifeln?
Will ich wirklich alleine leben, denn mein zunehmendes Alter schneidet mich von vielem ab, was ich bisher alles noch unternommen habe. Schon gar, wenn ich gebrechlicher werde. Freunde versterben, die mich besucht haben und denen ich nahe war. Sie werden mir fehlen. Welche Ansprechpartner bleiben mir? Was mache ich mit meinem Hunger nach Kultur? Möchte ich mit diesen Einschränkungen leben?
Wenn ich dann krank werde, will ich dann nur auf eine und mir oft auch fremde Pflegekraft angewiesen sein, mit der ich mich dann noch kaum unterhalten kann?
Wenn ich das alles nicht will, muss ich mich frühzeitig mit den Möglichkeiten beschäftigen, die ich überhaupt habe. Welche Alternativen gibt es. Das ist ein erster schwerer Schritt, mir einzugestehen, dass das Alter und damit auch Gebrechlichkeit nicht vor meiner Haustüre halt machen werden. Wenn ich mich mit diesen Gedanken ernst nehme, dann haben sie für meine Zukunftsplanung Konsequenzen.
Ich muss es entscheiden
Für einen Pflegeversicherungsvertrag, einen Betreuungsvertrag und ein Testament gibt es viele Vorlagen, aber für meine Sehnsüchte im Alter gibt es keine Vordrucke. Die muss ich mir selber eingestehen und realistisch überprüfen, welche davon ich umsetzen kann und wie. Wenn ich warte, bis ich Pflegefall bin, kann ich meine Situation vermutlich nicht mehr selbst bestimmen. Deshalb darf ich die Entscheidung nicht zu lange vor mir herschieben. Ich kann gar nicht lange abwarten, denn wenn ich nochmal umziehen will, brauche ich mein „Ja“ zu dieser Entscheidung, damit ich mich auch zufrieden auf das Neue einlassen kann. Ich brauche auch Kraft, um meine letzte Lebensphase in dem neuen Umfeld aktiv zu gestalten. Ich brauche Mut und Offenheit, um neue Kontakte zu knüpfen. Je älter ich werde, desto schwieriger wird das. Ich brauche noch meine geistigen Kräfte, um mich mit den neuen Herausforderungen auseinander zu setzen. Ich will ja meinem letzten Lebensabschnitt noch etwas Positives abgewinnen und ihm einen lebendigen Kick geben.
Sich von den Widerständen von außen nicht abbringen lassen
Wenn ich darüber im Kreise anderer rede, kommt mir meist Unverständnis und Ablehnung entgegen. Ich stoße dann oftmals auf die Horrorvorstellungen, die Menschen mit Altersheimen verbinden. Wer sich für ein Betreutes Wohnen, ein Wohnstift, eine Wohngemeinschaft oder eine andere Lebensform im Alter entscheidet, bekommt aus der Reaktion von anderen dann manchmal den Eindruck, als hätte er sich schon aus dem Leben verabschiedet.
Die Entscheidung bedeutet aber gerade nicht Verabschiedung aus dem Leben, sondern seinen letzten Lebensabschnitt aktiv in die Hand zu nehmen, Vereinsamung vorzubeugen. Wenn ein Umzug erforderlich wird, diesen auch mit Elan vorzubereiten. Mit dem Umzug verändert sich natürlich auch mein Umfeld. Dieses wird überwiegend von älteren Menschen bestimmt sein, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich selbst. Der Vorteil ist dabei, dass ich dort auch Gleichgesinnte treffe, mit denen ich meine Interessen teilen kann. Es ist hilfreich, nicht zu lange zu warten, sondern mutig und kontaktfreudig das eigene Altwerden in die Hand zu nehmen.
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