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Werde ich für Glück bestraft?

Es gibt wunderbare Tage in meinem Leben, an denen ich Luftsprünge machen könnte. Alles, was ich in die Hand nehme, gelingt. Vor lauter Glück könnte ich doch hellauf jauchzen und mit anderen das Glück ausgelassen feiern. Aber nein! Da lauert in meinem Hinterkopf ein Vorbehalt, der mir sagt: „das hält nicht lange an, also freu dich nicht so“.

Tiefschläge folgen auf dem Fuß

Die Befürchtung kenne ich gut in mir. Die Menschen um mich herum sind nett zu mir, ein Projekt ist super gut gelaufen, in meinem Garten blühen die Rosen, ich habe eine schwere Krankheit überwunden. Ich habe Glück. Aber es schwingt ein Vorbehalt mit. Die Erfahrung sagt mir, dass nach großen Höhen auch wieder Tiefen folgen. Sie sind es, die eine ausgelassene Freude in mir bremsen. Ich rechne mit einem neuen Nackenschlag, der mir weh tut. Wenn ich mich vor lauter Freude zu sehr abhebe, dann falle ich beim nächsten Missgeschick umso tiefer. „Himmel hoch jauchend zu Tode betrübt.“ Da halte ich meine Freude lieber auf einem mittleren Level, damit der nächste Fall nicht ganz so dramatisch wird. Diese Gedanken verhindern natürlich, dass ich die glücklichen Momente, die mir begegnen, nicht nahe genug an mich heranlasse. Eigentlich schade. Ich kann mich zwar freuen. aber es ist eher eine leise innerliche Freude. Sie kommt nicht laut oder überschwänglich daher.

Was ist mit dem Glück?

Glück ist flüchtig, es hält nicht lange an, weil jeder Tag mich fordert, neue Herausforderungen und Ereignisse  zu meistern. Wenn ich von Glück spreche, dann sind es die Momente, in denen mir Außergewöhnliches passiert. Wenn ich ein gesundes Kind zur Welt bringe, eine schwere Krankheit überwinde, einen gefährlichen Unfall ohne große Verletzungen überlebe, eine Jugendfreundschaft bis ins Alter hält, ich gesund alt werden darf, dann sind das Glücksmomente. Es sind existentielle Erfahrungen, die mich tief innen berühren, die mich mit den Grenzen meines Lebens in Verbindung bringen. Glücksmomente sind oft auch transzendente, spirituelle Erfahrungen, denn sie sind nicht so einfach erklärbar. Da schwingt immer noch etwas Unberechenbares mit. Glück zu erfahren heißt vielleicht auch: Es ist etwas passiert, was auch anders hätte ausgehen können.

Welche Kräfte wirken im Glück

Glück gehabt. Diesen Ausspruch kennen wir. Ja, Glück gehabt, dass ich diesem Menschen begegnet, an der Krankheit nicht verstorben bin, den Unfall überlebt habe. Glück wird unterschiedlich interpretiert. Die einen sagen: Das war Schicksal, andere führen es auf bloßen Zufall zurück oder Vorherbestimmung. Ich frage mich natürlich auch, was das Glück für mich ist.  Ich spüre, dass das Glücksempfinden, so flüchtig es auch sein mag, mich eine andere Dimension des Lebens erfahren lässt. Für mich sind Glückserfahrungen sichere Zeichen, dass ich in diesem Leben gewollt bin und dass mein Leben gelingen soll.  


Kategorie: Entdecken

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