„Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht!“- Bisher habe ich diesen Satz nur von älteren Menschen gehört, wenn sie mal wieder feststellten, wie groß ich doch geworden bin. Doch diesmal ertappe ich mich selbst bei diesem Gedanken. Vor einem Jahr habe ich mich an meiner Hochschule eingeschrieben. Vor einem Jahr habe ich habe ich die Schule verlassen, sehe meine Freunde nicht mehr jeden Tag, dafür pendle ich jetzt täglich mit der Bahn zur Uni.
Als Studentin selbstständiger geworden
Natürlich hat es eine Zeit gedauert, bis ich mich an all das Neue gewöhnt habe: Bis sich neue Freundschaften bildeten und alte sogar stärker geworden sind. Ich finde: Als Studentin bin ich selbstständiger geworden. Ich bin für mich selbst verantwortlich, muss mich einschreiben, für Prüfungen anmelden und Informationen für Hausarbeiten recherchieren. In der Schule haben das meistens die Lehrerinnen und Lehrer übernommen. Sie haben festgelegt, wann eine Klassenarbeit geschrieben wird, gaben die Informationen für Referate raus und gingen davon aus, dass ich im nächsten Schuljahr wieder erscheinen werde, ohne mich umständlich „zurückzumelden“.
In der Schule war die Freude immer groß, wenn Referate anstanden. Die verblasste allerdings schnell, wenn sich herausstellte, dass der Vortrag eine Klausur ersetzt, die Präsentation 45 Minuten dauern sollte. Doch all das war nichts gegen die Hausarbeiten im Studium: Stunden, Tage, Wochen sitze ich jetzt in der Bibliothek und sammle Informationen zu einem Thema, das ich in einer ausführlichen schriftlichen Ausarbeitung abgeben muss. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn die Hausarbeit nicht ein Leistungsnachweis, also eine benotete Prüfungsleistung für das Semester wäre. Ich setze eine Fußnote nach der anderen setzen, jede muss ich sachgemäß bibliographieren. Dieser – wichtige - „Kleinkram“ ist nicht nur wahnsinnig anstrengend, sondern beansprucht auch noch einen Großteil der Arbeitszeit. Zugegeben - dass ein Studium nicht immer einfach ist, war mir klar. Man muss sich eben Vieles selbst erarbeiten, Texte lesen und seine Zeit so einteilen, dass man alle Fristen einhält. Und die Freizeit darf natürlich auch nicht zu kurz kommen!
Keine Spur von Sehnsucht
„Ihr werdet schon sehen: Wenn ihr erstmal aus der Schule raus seid, werdet ihr euch schnell wieder zurück wünschen!“ Das hat wohl jeder öfter während seiner Schullaufbahn von den Lehrern gehört. Nein, ich wünsche mich nicht zurück. Und da bin ich stolz drauf. Denn: Ich bin gerne zur Schule gegangen, war in vielen Projekten engagiert und dachte, dass mir der Abschied von der Schule schwerer fallen würde. Aber die Schulzeit vermisse ich nicht. Ich bin froh, meine Schule inzwischen nur von außen zu sehen. Klar, in der Schule war vieles einfacher. Ich war schnell zu Hause und hatte nachmittags meistens frei, konnte meinen Hobbys nachgehen. Aber im Studium kann ich herausfinden, wo meine echten Stärken liegen und was mir Spaß macht. Und dabei muss ich keine langweiligen Fächer wie Mathe, Physik oder Chemie belegen. Umso schöner ist es doch, gelegentlich alte Mitschüler und Lehrer zu treffen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Bei mir ist daraus sogar ein kleiner Stammtisch geworden.
Eine unangenehme Veränderung im Studium sind aber die Prüfungen. Anfangs hatte ich mich sogar darauf gefreut und dachte, die wären besser als die Klausur-Phasen in der Schule. Nach einem Jahr Studium muss ich sagen: Nein, sind sie nicht! „Hast du erstmal das erste Jahr geschafft, schaffst du auch das restliche Studium“, ermutigte mich eine Kommilitonin, kurz vor meiner ersten Prüfung. Ich hoffe, das stimmt, denn ganz ehrlich: Prüfungen sind wirklich nicht meine Stärke. Sehr angenehm hingegen finde ich den Umgang zwischen Studierenden und Dozenten: denn man geht respektvoll miteinander um.
Zweifel gehören dazu
Das vergangene Jahr war sehr spannend und erlebnisreich. Es brachte viele Umbrüche und schöne Veränderungen mit sich. Vieles am Studieren genieße ich sehr, vor allem, dass die frühste Vorlesung erst um 9 Uhr beginnt, es überall WLAN gibt und meine Hochschule einen weitläufigen Park hat. Natürlich ist nicht immer alles optimal und ab und zu habe ich auch Zweifel, ob ich den richtigen Studiengang gewählt habe. Oder ob das weite Pendeln wirklich die beste Option für mich ist. Doch ich glaube, Zweifel gehören zum Studium dazu. Und zum Glück sind sie bisher immer schnell verflogen. Ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren noch auf mich zukommt. Vielleicht studiere ich ja für ein Jahr im Ausland…. Eins kann ich mit Sicherheit sagen: Ich bereue mein Studium nicht.
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