Bad Neuenahr - Blick vom 13. Stock, Foto: hinsehen.net J.M.

Seniorenresidenz – eine überraschend gute Entscheidung

Es ist erstaunlich, wie schnell ich mich hier in der Seniorenresidenz Augustinum im Ahrtal eingelebt habe. Die Vorbehalte gegen ein Leben in einer Seniorenresidenz kann ich entkräften. Die Entscheidung hatte bei mir einen langen Anlauf

Das hatte ich nicht erwartet: Es ist fast wie Urlaub

Ich war natürlich auch ein bisschen skeptisch, ob meine Entscheidung die richtige ist. Werde ich mich gut einleben, mich wohlfühlen? Kann ich einen lebendigen Alltag leben und in Ruhe alt werden? Heute spüre ich, dass mich dieser Schritt innerlich sehr entlastet. Es war gut, dass ich mich schon vor Jahren mit der Frage nach dem Wohnen und Leben im Alter intensiv auseinandergesetzt habe und entschieden war, mich auf diesen Weg zu begeben. Ich fühle mich frei, innerlich zufrieden, ohne Sorge, was das Morgen bringen wird. Ich kann meinen Alltag wie bisher frei gestalten, habe sogar eine große Auswahl an kulturellen Angeboten und Mitgliedschaft in Gruppen, z.B. französische Konversation in einer kleinen Gruppe, in der jeder zum Sprechen kommt. Ich spiele Boule in unserem schönen Park mit oft 16 Personen in zwei Gruppen und Canasta immer im Viererpack an verschiedenen Tischen. Dabei habe ich in der kurzen Zeit, die ich hier bin, bereits mit zwanzig Personen persönlichen Kontakt. Ich bin wie durch ein Sicherheitsnetz aufgefangen, wenn heute oder morgen sich gesundheitlich eine Veränderung einstellt. Das beruhigt mich ungemein. Ich darf in einem Umfeld leben und alt werden, in dem ich nicht allein gelassen bin, wenn etwas passiert. Ich erspare es Anderen, für mich die Entscheidung zu treffen, wo ich dann untergebracht werden kann. Für fast alle Belange gibt es hier AnsprechpartnerInnen. Von der Anmeldung für das Internet, über Kabel- und andere Verträge, bis zum Aufhängen von Bildern oder Installation einer neuen Steckdose. Um Reparaturen, die anstehen, muss ich mich nicht kümmern. Es ist fast wie Urlaub. Es war der richtige Zeitpunkt für diese Entscheidung. Wenn ich auf die Umzugstage zurückblicke, dann würde ich in ein paar Jahren die Belastungen gar nicht mehr stemmen können.

Kein Abstieg, sondern neuer Anfang

Vielleicht kann man sich das schwer vorstellen, wie es sich in der Realität tatsächlich anfühlt, denn in den Medien werden wir nur mit Altenheimen konfrontiert, die Pflegeheime sind. Die meisten Menschen warten, bis sie körperlich oder geistig nicht mehr können. Deshalb sind aus den Altersheimen überwiegend Pflegeheime geworden. Wer sich eine Einrichtung, in die ich eingezogen bin, von innen angesehen hat, einmal zum Probewohnen da war und sich mit der Philosophie des Hauses beschäftigt, kann sich davon überzeugen, dass diese Lebensphase kein Abstieg ist, sondern noch einmal mit Energie angegangen werden kann. Es ist kein Ausstieg aus meinem „bisherigen“ Leben, sondern vielmehr eine wertvolle Bereicherung für meinen Lebensabend. Hier kommt noch so vieles zu dem hinzu, was ich auch sonst schon gemacht habe. Ich habe mehr Zeit für Dinge, die ich gerne noch machen möchte, weil ich Zeit gewonnen habe, die ich für viel Organisation vorher gebraucht habe. Vieles muss ich hier nicht mehr regeln.

Viele Kontakte für eine Singlefrau

 Als Alleinstehende lebe ich hier mit vielen anderen Single-Frauen wie Männern und mit vielen Ehepaaren. Es entstehen gute Gespräche beim Essen, im Aufzug, beim Boulespielen, in den wöchentlichen Veranstaltungen, in den Fremdsprachen-, Gymnastik- und Philosophiegruppen. Kontakte zu anderen knüpfen sich sehr leicht, weil hier eine Willkommensatmosphäre herrscht, die keinen ausgrenzt. Als Neue werde ich sofort erkannt und angesprochen. Ich kann mich überall einklinken und bin willkommen. Die meisten hier im Haus sind noch mobil. Einige sind seit 20 Jahren hier und noch richtig fit. Pflegefälle werden vom eigenen Pflegedienst in den Appartements versorgt. Keiner muss auf eine Pflegestation. Diejenigen, die vom Kopf her nicht mehr so mithalten können, werden in einer Tagesbetreuung aufgefangen, in der sie Anregungen finden, beschäftigt werden und in einer sehr liebevoll gestalteten Umgebung geschützt leben können.

Das Haus ist eigentlich ein kleines Dorf.

Mit 350 BewohnerInnen, einem Einkaufsladen, in dem es alles gibt, was man im Alltag braucht, einer Arztpraxis mit zwei Ärzten, einer Praxis für Physiotherapie, einem Friseur, einem Fitnesscenter und einem Bankautomaten, sowie einem Salon, in dem alle Tageszeitungen zur Verfügung stehen. Dort ist auch ein Treffpunkt für die eifrigen Zeitungsleser, die noch nicht auf digital umgestellt haben. Der große Festsaal dient den Veranstaltungen, wie Konzerten, Theater, Feste…. Demnächst, wenn die Flutschäden behoben sind, gibt es auch ein Schwimmbad, eine Sauna, eine Kegelbahn….

Das Alte zurückzulassen war kein Problem

Manche denken, dass man einen alten Baum nicht mehr verpflanzen sollte. Ich mache hier die Erfahrung, dass der alte Baum noch einmal neue Nahrung bekommt, in großer Sicherheit weiterwachsen, sich weiterentwickeln kann, vielleicht sogar noch einmal Blüten treibt, weil die positive Atmosphäre diese aus ihm herauslockt.   


Kategorie: Entdecken

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