Kritik heißt, das aus meinem Wald herausschaffen, was anderen Schwierigkeiten bereitet Foto: hinsehen.net

Ist Kritik wirklich so schlimm?

Ja, Kritik erleben wir meist erst einmal als Entwertung unserer Person. Wir fühlen uns gekränkt, als Person infrage gestellt. Selten freut sich jemand über eine kritische Bemerkung. Warum ist das eigentlich so? Denn Kritik kann ja auch etwas verändern, wenn ich sie denn akzeptieren kann.

Kritik ermöglicht eigentlich Entwicklung

Ohne Kritik oder Rückmeldung erfahren wir nicht, wer wir wirklich sind, womit wir anderen das Leben erschweren oder auch vereinfachen. Ohne Kritik oder Rückmeldungen haben wir kaum eine Chance, uns weiter zu entwickeln. Denn was die anderen schwer aushalten können, ist unser Schatten, also das, was wir an uns nicht sehen können. Erst wenn wir von anderen erfahren, womit wir unsere Umwelt plagen oder bereichern, können wir in kleinen Schritten etwas verändern. Ich sage bewusst in kleinen Schritten, weil die Verhaltensweisen, womit wir andere nerven,  meist die Kehrseite unserer Stärke ist. Stärken, die wir ein wenig zurücknehmen können, um anderen Luft zu lassen.
Kritik bleibt schwierig, aber ich kann sie akzeptieren, wenn sie mich weiter bringt. Wird Kritik an mich so herangetragen dass ich sie annehmen kann, eröffnen sich Bedingungen für einen Veränderungsprozess. Leider wird Kritik an uns meist zu spät und dann noch als Vorwurf an uns herangetragen.

Du-Aussagen sind destruktiv

Kritik ist dann für mich wenig konstruktiv, wenn ich spüre, dass sie nicht „gut“ gemeint ist; wenn sie mir nicht helfen soll, etwas zu verändern, sondern dazu benutzt wird, angestauten Ärger loszuwerden. Wenn ich das Gefühl bekomme, da ist mehr dahinter als nur mein jetziges Fehlverhalten, dann kann ich die Kritik erst einmal nicht gut hören. Ich muss ja damit rechnen, dass es nicht nur um mein Verhalten jetzt geht, sondern um eine größere Abrechnung. Meist ist sie dann auch noch in Du-Aussagen formuliert, so dass ich mich bewertet fühle und sehr an mich halten muss, um nicht auch in einen Gegenangriff überzugehen. Du-Aussagen hören sich so an: „ Du hast schon wieder.... Du machst immer.... Du bist zu streng... Nie kommst Du pünktlich …  schon wieder hörst Du nicht zu.... In diesen Du Formulierungen werde ich bewertet. Es ist keine Widerspiegelung meines Verhaltens, sondern mit den kleinen Wörtern „nie“, „immer“, „ schon wieder“ sind Vorwürfe formuliert, mit denen ich als Person getroffen werden soll. Ich erfahre mit diesen Formulierungen nicht, was mein Verhalten beim anderen auslöst.

Ich-Aussagen kann ich besser hören

Wird eine Kritik in Ich-Aussagen geäußert, kann ich besser hören, weil ich erfahre, was ich durch mein Verhalten beim anderen bewirke. Wenn ich mal wieder nicht zuhöre, weil ich gerade mit einem anderen Gedanken beschäftigt bin, könnte die Ich-Aussage von dem anderen lauten: „ich merke, dass ich ärgerlich werde, wenn ich alles zweimal sagen muss.“ Oder „ ich verliere die Motivation, wenn du so streng reagierst“. Oder: „ mich ärgert, wenn ich die Schubladen hinter Dir zumachen muss“.
Wenn ich mitbekomme, dass ich mit meinem Verhalten zu Ärger beim anderen auslöse, muss ich mich nicht mit der Bewertung meiner Person, sondern mit dem auseinandersetzen, was ich bei anderen durch mein Verhalten auslöse. Das ist ein anderer Blick auf Kritik. Nehme ich diesen Blickwinkel ein, kann Kritik für mich konstruktive Konsequenzen haben. Ich bin motiviert, mein Verhalten zu ändern, um andere nicht zu verärgern.

Sich Rückmeldungen holen

Während meiner beruflichen Zeit habe ich mir immer Rückmeldungen geholt, einmal auf die inhaltliche Arbeit, aber auch auf mein Vorgehen. Was war hilfreich, was war schwierig mit mir? Das hat mich immer wieder an die heiklen Punkte meines Charakters geführt. Da waren sich die Menschen erstaunlich einig, womit ich ihnen das Lernen leicht und womit ich es ihnen schwer gemacht habe. Ich habe durch diese Rückmeldungen mehr über mich erfahren. Ich musste sie auch ernst nehmen, denn sie waren ehrlich formuliert. Mit der Zeit konnte ich auch so manches von dem ablegen, womit ich weniger hilfreich bin. Doch es bleibt immer noch eine Restmenge, die ich in meiner Person auch akzeptieren muss, weil ich sie nicht ganz verändern kann. Es ist eben die Schattenseite meiner Stärke. Ich weiß, dass ich diesen wunden Punkt habe. Ich weiß, dass ich da kritisierbar bleibe. Wenn ich zugeben kann, dass ich diese Schwierigkeiten habe, können die anderen mich leichter so nehmen, dass eben dieser Fehler zu mir gehört.


Kategorie: Entdecken

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