EZB - hier entstehen die Euros Foto: hinsehen.net E.B.

Eine kleine Kunde über die Geldschöpfung

Jemandem aus der Klemme zu helfen, ist ein uraltes Phänomen. Auch im wirtschaftlichen Bereich kommt dies vor: Man leiht jemandem Geld. Aber was passiert hier eigentlich? Was für Folgen hat das?

Das Kreditwesen ist eine feine Sache. Denn durch Schulden entsteht neues Geld. Der erste Geldschein war ein Schuldschein. Jemand lieh sich 100 Taler und der Verleiher kam auf die Idee, mit dem Schuldschein zu bezahlen, statt mit festem Geld. Bei dieser pfiffigen Idee wurde zum ersten Mal Geld „geschöpft“. Schöpfen meint hier das gleiche wie bei der biblischen Schöpfung: schaffen aus dem Nichts. Das Geld, was durch den Kredit mit dem Schuldschein entstanden ist, kam aus dem Nichts. Es war vorher nicht da. Aus den 100 Talern wurden 200 Taler: Einmal die harten 100, die in Münzgeld vorliegen, realem Geld, und die weichen 100, die auf dem Schuldschein stehen, fiktives Geld.

Buchgeld verschwindet wieder

Eines Tages hatte jemand diese Idee verfeinert: Statt alles auf irgendwelche Zettel zu schreiben, schrieb man die Kreditschuld in ein Buch. Diese Idee war der Anfang des sogenannten Buchgeldes. Statt Schuldgeld mit Scheinen hatte man Schulden in einem Buch. Wollte man nun dieses Geld zum Tauschen gebrauchen, so schrieb man die Schuld aus einem Buch heraus und schrieb sie in ein anderes Schuldbuch ein. Jetzt war das neue Geld entstanden. Man konnte mit diesen Schulden handeln. Aber was, wenn jemand seine Schuld beglich, die 100 Taler zurückbrachte? Quelle catastrophe! Das neue, frische Geld, was durch den Kredit entstanden war, ging dort hin, wo es her kam: ins Nichts. Wer seine Schulden begleicht, vernichtet Geld. Waren vorher 100 reale Taler in der Tasche und 100 fiktive im Buch, so sind mit der Tilgung der Schuld nur noch 100 reale Taler übrig.
Bis dahin ist das alles noch kein großes Problem. Die Menge an realem Geld, den Talern, bleibt unabhängig von den Krediten gleich. Und die Menge an geschöpftem, fiktivem Geld entspricht der Menge an realem Geld oder ist sogar weniger, da nicht jeder einen Kredit aufnimmt. Es sind also mehr reale Taler im Umlauf als fiktive Schuldtaler. Und ebenso sind die fiktiven Schuldtaler von den realen Talern gedeckt. Man kann sie jederzeit eintauschen.

Das Buchgeld bleibt nicht im Buch

Doch nun kommt das Buchgeld ins Spiel. Man kann auch prima mit den Buchschulden handeln. Man schreibt dem einen +100 Taler auf und dem anderen setzt man -100 Taler ins Minus. Die Summe gibt eine schöne Null, ein Nichts. Die Preisfrage ist: Wem entsprechen aber die 100 Taler, die durch die Buchschuld geschöpft wurden? Entsprechen sie dem realen Geld, den realen 100 Talern, oder entsprechen sie dem fiktiven Schuldgeld, fiktive 100 Taler auf Papier?
Die Bank, wo das Buch liegt, unterscheidet nicht zwischen den realen und den fiktiven Talern. Man kann seine Buchschuld begleichen, entweder durch 100 reale Taler oder durch 100 fiktive Papiertaler. Aber wie ging das? Was ist hier passiert?

Buchgeld muss begrenzt werden

Durch das Buchgeld ist es möglich geworden, aus 100 realen Talern mehr als 100 fiktive Taler zu schöpfen. Rein theoretisch kann man sogar unendlich viel fiktives Geld daraus schöpfen. Würde man dies aber tun, dann würde so viel Geld im Umlauf sein, dass dessen Wert von alleine sinken würde, also Inflation herrscht. Daher hat man eine Grenze eingeführt: 10 % des Kredites, d.h. der Buchschuld, müssen durch reales Geld bzw. realen Gegenwerten entsprechen. Das bedeutet: Am Anfang kann man aus 100 realen Talern 100 fiktive Taler schöpfen. Von diesen 100 fiktiven Talern kann man wiederum nur noch 90 weitere fiktive Taler schöpfen. Und von diesen 90 nur noch 81, usw. Durch diese 10%-Grenze wurde die Menge, die an Geld geschöpft werden kann, begrenzt.

Buchgeld ist von vollständigem Wertverlust bedroht

Diese zweite Geldschöpfung über die restlichen 100 fiktiven Schuldtaler ist nun ein Problem. Die ersten 100 fiktiven Taler entsprechen den 100 realen Talern. Sie sind gedeckt, ihnen entspricht ein echter materialer Wert. Aber die nächsten fiktiven Buchtaler entsprechen dem nicht. Sie sind sozusagen nur mit fiktiven Talern gedeckt, also faktisch gar nicht. Oder wenn man will: Da die ersten fiktiven Schuldtaler gedeckt sind, sind auch die zweiten fiktiven Schuldtaler gedeckt, da man ja Schuldtaler der zweiten Art in die der erster Art umtauschen kann.
Ist das ein Problem? Solange das Vertrauen in die Währung und in das Schuldgeldsystem besteht, ist das überhaupt kein Problem. Sobald aber jemand reale Gegenwerte für sein Geld haben will, dann wird es ein Problem. Die Gesamtgeldmenge von realem und fiktivem Geld zusammen schrumpft dann über Nacht auf die tatsächliche Geldmenge des realen Geldes zusammen. Man muss sich darüber klar und bewusst sein: Das meiste Geld, was auf den Girokonten liegt, ist das Schuldbuch 2.0, liegt, ist fiktives Buchgeld. Dem entspricht kein realer Gegenwert. Dasselbe gilt für fast alle finanzwirtschaftlichen Buchformen: Rentenkassen, Lebensversicherungen, Kredite. Das meiste ist Buchgeld. Wenn das System untergeht, dann löst sich das Geld in Nichts auf. Nur das reale Geld bleibt zurück. Und das ist nicht viel.

Es gibt aber einen kleines Trost (Achtung, Zynismus!): Was hier unter den realen Talern aufgeführt wurde, das Geld im Geldbeutel, ist auch kein reales Geld, sondern Schuldgeld. Es sind ja Scheine und Münzen, denen kein realer Gegenwert entspricht. Wenn also das fiktive Geld in sich zusammenbricht, dann bricht auch das „reale“ Geld mit zusammen.

Die gottgleiche Schöpfungsmacht der Banken



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