„Früher war alles besser, da konnte man sich noch auf die Hilfe anderer verlassen. Heute muss man sich oft alleine durchkämpfen.“ Aussagen, die sich bei älteren Menschen häufen. Sie beklagen den Werteverfall, fühlen sich oft unsicher, manchmal auch zur Tatenlosigkeit verurteilt. Aber haben sie keine Möglichkeit, die Werte Realität werden zu lassen, deren Verlust sie beklagen?
Ehrenamt verwirklicht Werte
Die Rede vom allgemeinen Werteverfall ist jedoch zu pauschal und muss die verletzen, die sich in den vielen Ehrenämtern, in der Nachbarschaftshilfe sowie in einem anderen sozialen Engagement für die Verwirklichung von Werten einsetzen.
Die Statistik zeigt, dass sich viele tausend Menschen in einem Ehrenamt engagieren. Sie sorgen mit ihrem Engagement dafür, dass die für unsere Gesellschaft wichtigen Werte nicht verloren gehen. Denn jeder, der sich in einem Ehrenamt engagiert, tut etwas für andere, trägt dazu bei, dass bestimmte Werte in unserer Gesellschaft nicht aus dem Blick geraten.
Die folgenden Beispiele sind nur einige von vielen hundert Möglichkeiten, wie ich mich ehrenamtlich verwirklichen kann, gleichzeitig aber zur Wertschöpfung in der Gesellschaft beitrage.
Selber machen
Jede Musik ist auf Knopfdruck oder mit Touchscreen zugänglich und abrufbar. Das verdrängt auch die Bereitschaft, selber Musik zu machen oder zu singen. Chöre verlieren ihre Anziehungskraft, aber jeder, der sich in einem Chor engagiert, ob Chorleiter oder Sänger, übernehmen eine Aufgabe mit hohem Wert. Sie tragen dazu bei, dass vorhandenes Liedgut weitergegeben wird, neue Lieder komponiert werden, andere Menschen in Konzerten oder Gottesdiensten an der Musik partizipieren können. Auch wenn der Chorleiter nicht immer ehrenamtlich den Chor leitet, die Sänger und Sängerinnen erfüllen ehrenamtlich ihre Aufgabe.
Trauma verhindern
Wenn es um den Tod geht, dann steht der oder die Tote im Mittelpunkt. Die Angehörigen sind erst einmal weniger im Blick. Aber gerade sie brauchen unsere zeitnahe Hilfe, damit sie in ihrer Schocksituation nicht alleine bleiben. Wir wissen heute, dass sich Traumatisierungen verhärten, wenn sie nicht schnell genug durch Begleitung aufgelöst werden können. Wer sich in der Notfallseelsorge engagiert, hilft Menschen in den ersten Stunden, mit dem Todesereignis umzugehen, nicht im Schock zu verharren oder in der Traumatisierung hängen zu bleiben. Notfallseelsorger sind ehrenamtlich unterwegs. Ihre Anwesenheit hilft den Hinterbliebenen, den Trauerprozess zu bewältigen.
Kindern Geborgenheit und Sicherheit schenken
Leihgroßeltern sind ein Segen für Kinder, wenn Opa und Oma weit weg wohnen oder nicht mehr leben. Sie übernehmen eine wichtige Aufgabe, Kinder werden nicht nur betreut, sondern in ihrem Lebensgefühl bereichert. Denn sie erleben Sicherheit und Geborgenheit nicht nur von den eigenen Eltern. Sie werden mit einer anderen Generation vertraut, die vielleicht schon ein wenig abgeklärter auf bestimmte Lebenssituationen schauen und damit dem Kind auch einen Ruhepol bieten kann. Gerade Kindern von Alleinerziehenden fehlt dieses ausgleichende Moment.
Tiefes Lesen
Die junge Generation beginnt mit dem Lesen auf dem Bildschirm. Die Sätze sind verkürzt, die Sprache zerfleddert in Fragmenten. Das tiefe Lesen braucht aber das Buch. Mit Büchern kann ich Inhalte besser verarbeiten, ein tieferes Verständnis für Geschichten und Sachzusammenhänge entwickeln. In Büchereien wird vorgelesen, Kinder werden beraten, welches Buch spannend ist. Auch in den Büchereien, ob öffentlich oder kirchlich, betreuen Ehrenamtlichen die Leser und Leserinnen. Sie investieren ihre Lebenszeit in diese wichtige Aufgabe, weil sie langfristig die Lebenschancen der Leser verbessern.
Eigene Wertpotentiale verwirklichen
Ehrenamtlichkeit heißt auch, dass ich etwas für meine eigene Zufriedenheit tue. Ich kann mich für die Werte einsetzen, die mir in meinem Leben wichtig sind. Ich kann etwas Sinnvolles tun, das meinen Talenten und Begabungen entgegen kommt. Ich kann meine Wertpotentiale, die vielleicht im Beruf nicht genug zum Zuge kommen, einsetzen, um meine Vorstellungen vom Zusammenleben in der Gesellschaft zu verwirklichen. Das spielt auch meinem Leben mehr Zufriedenheit ein. Da die junge Generation oft unter großem Arbeitsdruck steht, weniger Zeit für Ehrenämter aufbringen kann, sind die Senioren, die oft noch ziemlich fit sind, aufgerufen sich zu engagieren. Das hält selber jung, macht zufrieden und weltoffen.
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