Mein Leben ist voll von Erfahrungen, die einem ständigen Wandel unterworfen sind und sich wie Küchenabfälle irgendwo in meiner Seele sammeln. Die Verarbeitung dieser Erfahrungen, sie sind es die den Humus bilden, auf dem mein Leben sich fruchtbar entwickeln kann. Es kann sich Neues entwickeln. Wenn ich genauer auf den Kompost schaue, dann wird diese Ahnung ganz konkret.
Zwei Kompost-Behälter stehen am Eingang meines Grundstückes. Obwohl ich bei Wind und Wetter immer erst etwas ansteigen muss, landen alle meine Küchenabfälle, jedoch keine Lebensmittelreste im Komposter. Auch das gejätete Unkraut aus dem Garten wird dort dem Verrottungsvorgang unterzogen. Jedes Mal wenn ich an den Behältern vorbei gehe, lüfte ich den Deckel, um nachzusehen, wie der Kompost sich entwickelt. In den letzten Tagen hat sich schon wieder etwas verändert. Das Faule oder Trockene hat sich verwandelt. Die Farbe wie die Konsistenz des Inhaltes ändern sich ständig. Kleine Äste lösen sich allmählich auf. Es tummeln sich jede Menge Kleinstlebewesen in diesem Gemenge.
Der Kompost kommt vom lateinischen Wort für Zusammenstellung, Compositum. Es ist eine Komposition verschiedener Abfälle, die sich zu einer am Ende schwarzen Erde entwickeln. Abfall bietet unzähligen Kleintieren Lebensraum. Er braucht aber auch Bedingungen. Halbschatten ist besser als pralle Sonne. Ein bisschen Steinmehl hilft bei der Verwandlung zu einem besseren Ergebnis. Er muss relativ lange und wenn möglich trocken lagern. Umsetzen tut ihm gut. Ist er reif, krümelt er durch die Finger. Es ist ein angenehmes Gefühl, den reifen Kompost durch die Hände gleiten zu lassen. Alles ist ökologisch, keine Chemie. Ich freue mich darauf, ihn im Herbst auf die Beete zu verteilen. Er wird die Aussaat im nächsten Frühjahr zu besserem Wachstum verhelfen.
Er lässt mich dann auch manchmal über mein Leben nachdenken. Da gibt es auch immer wieder Dinge, die ich erlebe, erfahre, entwickle, die ich verwerfe, die ich mit anderen Dingen kombiniere. Beziehungen, die ich eingehe, aber manchmal auch wieder verliere, Probleme löse oder auf ihnen sitzen bleibe. Meine Erfahrungen verschwinden nicht einfach im Nichts, sondern lassen sich auf meiner Seele nieder. Diese Ansammlung von Erfahrungen braucht Verwandlung. Wir alle kennen diesen „Seelenhaufen“ in uns. Was machen wir damit?
Wird aus unseren Erfahrungen ein fruchtbringender Humus, der unser Leben gelingen lässt? Gebe ich meinen Erfahrungen Raum, genügend Wohlwollen damit sie sich verwandeln können? Nutze ich die Chance, aus ihnen zu lernen? Achte ich darauf, dass mein Humus giftfrei bleibt? Da geht es um die Konflikte, die nicht liegen bleiben, sondern aufgearbeitet werden müssen. Sonst zerstören sie meinen Lebenshumus. An manchen Tagen frage ich mich auch: Was ist mir in meinem Leben bisher gelungen, was hat sich zu einem fruchtbaren Humus entwickelt und welche Bedingungen muss ich in meiner Seele schaffen, damit aus meinen Erfahrungen etwas Neues entstehen kann? Denn letzten Endes geht es wie beim Kompost auch darum, dass ich mein Leben nicht nur für mich lebe, sondern viele andere daran partizipieren lasse. Das gelingt, wenn ich meine Erfahrungen als Schatz erlebe, wenn ich Unversöhntes versöhne, Ungeklärtes aufarbeite, wenn ich möglichst wenig einfach so liegen lassen. Wie der Kompost durch die Kleintiere gut durchgemengt wird, so braucht auch unser Erfahrungsschatz in unserer Seele Helfer, die die Erfahrungen verwandeln. Meist sind es die guten Gespräche mit Freunden, die weiter helfen, indem sie uns Einsichten gewinnen lassen. Es sind die Freunde, die an unserer Weiterentwicklung interessiert sind. Die uns nicht festhalten wollen, sondern uns unterstützen, auch unversöhnliche Situationen nicht liegen zu lassen, sondern alles daran zu setzen, dass sie versöhnt werden. Denn alle Unversöhntheiten in meinem Leben werden zu einer „Leiche“ in meinem Seelenkeller. Sie werden mir im Alter wieder begegnen. Sie binden meine Energie. Wenn die Gespräche mit den Betroffenen nicht möglich sind, können gute Freunde mir helfen, Unversöhntes aufzuarbeiten.
Manchmal muss ich aber auch um das Heil meiner Seele Willen das was unversöhnt bleibt an Gott abgeben, damit er es verwandeln kann. Vor ihm darf ich mit all meiner Ohnmacht da sein.
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