Im Umgang mit Kindern entdeckt
Entdeckt habe ich diesen Gedanken, als ich mich mit der Kleinkindpädagogik beschäftigte. Damals waren die Strafmechanismen der Erwachsenen: Schläge, vor die Türe setzen, Fernsehverbote, Entzug von Spielsachen oder Liebgewordenem. Mit diesen willkürlich verordneten Strafen wurde meine Generation noch diszipliniert. Sie kommen aus einem autoritären Erziehungssystem, in dem die Erwachsenen aus ihrer Sicht heraus handelten, damit ihre Kinder „geraten“. Da waren die physischen oder psychischen Folgen bei den Kindern nicht im Blick. Im Erziehungssystem der 68iger gab es dann entgegengesetzt dazu gar keine Vorschriften, Kinder durften alles. Beide Maßnahmen, die immer noch nebeneinander eingesetzt wurden: Willkür der Erziehenden und absolute Freiheit für das Kind, laissez faire genannt, ohne dass das Kind für das was es „ausgefressen“ hatte in die Pflicht genommen wurde. Beide Konzepte waren für mich als Erzieherin nicht einsetzbar. Die Willkür verursachte beim Kind einerseits Angst vor Erwachsenen, weil diese unberechenbar und ungerecht erlebt wurden, andererseits regelte sie nur das augenblickliche Vergehen aus der Not heraus, hatte aber keinen langfristigen Erfolg auf eine positive Veränderung im Verhalten. Im Gegenteil, nicht selten verstärkten die drakonischen Strafen den Trotz und hinterließen sogar psychische Schäden. Die Alternative „Laissez faire“ zu erziehen, führte zur Orientierungslosigkeit, weil für die Kinder nicht erkennbar war, was erlaubt oder was verboten war. Auch die sozialen Werte wie Rücksichtnahme, Verantwortung tragen, Respekt vor anderen, Achtung vor dem Eigentum anderer etc. blieben weitestgehend auf der Strecke.
Für mich war klar, dass ich einen anderen Weg für den Umgang mit Kindern finden musste, damit sie Sozialverhalten lernen, Verantwortung für ihr Handeln einüben, Regeln im Zusammenleben respektieren und überhaupt einschätzen können, was passiert, wenn sie diese übertreten.
Regellernen durch logische Konsequenzen
Es war notwendig, etwas zu entwickeln, das dem Kind sowohl die Erkenntnis ermöglichte, um welche Regelverletzungen es sich handelte, als auch auf seine freie Entscheidung logisch zu reagieren. Es mussten „Strafen“ eingesetzt werden, die für das Kind berechenbar und einsehbar waren. Die Sanktionen mussten logisch mit der Regelverletzung zu tun haben. Es brauchte logische Konsequenz. Ein Beispiel:
Entdeckt die Mutter beim Verlassen des Kaufhauses, dass ihr Fünfjähriger aus dem Korb an der Kasse eine Süßigkeit unbezahlt hat „mitgehen lassen“, darf nicht sie es zurückbringen, sondern muss ihrem Kind erklären, dass es selbst den Gegenstand der Kassiererin zurückbringt und sich entschuldigt. Würde sie ihrem Kind diesen „Gang“ an die Kasse abnehmen, würde sie die Konsequenzen aufheben und damit einen entscheidenden Lernfaktor ausschalten. Würde sie diesen Vorfall einfach übergehen, nicht beachten und nicht darauf reagieren, würde das Kind registrieren, dass es das wieder machen kann.
Kinder lernen durch mein Reagieren, die Konsequenzen einzuschätzen, mit denen sie rechnen können. Mit logischen Konsequenzen vermittle ich zudem bestimmte Werte, wie Verantwortung, soziales Verhalten, Vertrauen etc. Dafür braucht es jedoch auch die Erklärung, warum ein Verhalten richtig oder falsch ist. Das Kind versteht Sanktionen, wenn sie logisch sind und lernt seine Entscheidungen daran auszurichten. Es lernt vor allem, dass jede seiner Handlungen eine Konsequenz hat. Logische Konsequenzen sind deshalb ein besonders effektives Mittel, um Kindern Verantwortung für ihr Handeln zu vermitteln, Werte für das Zusammenleben zu erkennen und ihnen zu ermöglichen, sich in das Regelwerk sozialen Verhaltens einzuüben. Deshalb ist es sinnvoll, dem Kind logische Konsequenzen seines Verhaltens zuzumuten.
Mit dem Grundgedanken die Lebensrichtung verfolgen
Nach meinen Erfahrungen entsteht das, worauf ich mich bei meinem Denken verlassen kann, in der Auswertung von Erfahrungen. Diese haben nicht nur mich zu meinem Grundgedanken geführt. Viele Menschen haben ebenso aus ihren Erfahrungen wie durch Lektüre von Büchern ihren Grundgedanken entwickelt, um ihr Leben abzuwägen und zu überprüfen. Das kann nicht nur ein Grundgedanke sein, denn für das Zusammenleben müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden und durch verschiedene Grundgedanken wirksam sein, damit Vielfalt und Kreativität gewährleistet sind.
- Manche schauen eher auf das Konzept und das Produkt und gehen davon aus, dass wenn es gut durchdacht ist, auch funktionieren muss. Diese Menschen sind voll von Ideen, die sie antreiben. In der Kooperation mit ihnen konnte ich mit meinem Grundgedanken oft hilfreich sein, indem ich mit meinem Blick auf die Konsequenzen notwendige Anpassungen und Verbesserungen vorgeschlagen habe.
- Andere folgen dem Prinzip, gut zuzuhören, so dass sich ihre Gesprächspartner verstanden fühlen und mit wenigen Fragen Klarheit gewinnen können.
- Manche haben die Gefühle, die Ängste und Vorbehalte der anderen im Blick, können sich in sie einfühlen, diese ordnen, verstehen und in eine besonnene Entscheidungsfindung lenken.
Ist der Grundgedanke einmal gefunden, gehört er zum langfristigen Inventar der Denkwerkzeuge, mit denen wir unser Leben gestalten. Jeder, der seinen Grundgedanken gefunden hat, verfügt über eine stabile Linie für seine Handlungen und ist für andere berechenbar.
Mit Konsequenzen überprüfen
Für mich ist die Sicht auf die Konsequenzen meines Handelns zu meinem Grundgedanken geworden. Ich versuche damit, die Fahrtrichtung meines Lebensschiffes zu überprüfen. Gesteuert werde ich von drei dominanten Charakterzügen, die sich in meinem Leben ausgebildet haben. Sie sind der Kompass für meine Entscheidungen.
- Wie kann ich hilfreich sein?
- Wie mache ich es richtig?
- Wie kann es gelingen?
Bei jeder Herausforderung, Frage, Entscheidung tauchen in mir fast automatisch diese drei Fragen auf und gleichzeitig der Grundgedanke „Was wird daraus“? Was ist die logische Konsequenz, die sich daraus ergibt, wenn ich so oder so entscheide. Ich überlege bereits im Vorhinein, was sich daraus entwickeln könnte, ob es gelingen wird, ob es überhaupt nützt. Aber auch im Nachhinein überprüfe ich mit meinem Prüfsystem, was sich als Konsequenz herausgestellt hat. Nicht immer gelingt es mir, die tatsächlichen Konsequenzen frühzeitig richtig einzuschätzen, da gibt es auch Fehlerquoten. Aber Fehlereinschätzungen sind dann dazu da, dass ich weiter lerne.
Berufliche Entwicklung
Für meine berufliche Entwicklung war dieser Blick auf die Konsequenzen von besonderer Bedeutung, denn die Arbeit mit den Kindern hatte die logische Konsequenz, dass ich in die Elternarbeit und dann in die Lehrerfortbildung einstieg. Die Erkenntnisse aus der Erziehungsarbeit mit einer logischen Pädagogik musste ich an die Verantwortlichen weitergeben. Auch die Qualifizierung von Führungskräften, für die ich dann später engagiert wurde, hat sich aus der bisherigen Tätigkeit logisch entwickelt. Denn im Arbeitsleben wird die Verantwortung, die Motivation wie die Berufungen der Mitarbeitenden durch bestimmte Führungsinstrumente unterstützt und gefördert. Es sind die soft-skills, die Führungskräfte lernen können, damit sie die Mitarbeitenden so führen, dass diese mit hohem Engagement und großer eigener Zufriedenheit zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Dabei ist der Blick auf die Berufungen, die Bearbeitung von Konflikten wie die intrinsische Motivation am Arbeitsplatz von besonderer Bedeutung. Fehlen Führungskräften diese Fähigkeiten, machen sich schnell Konflikte bis hin zu Mobbing breit. Auch wenn Mitarbeitende ihre Begabungen nicht im Unternehmen einsetzen können oder wenn sie für den Arbeitsplatz nicht die notwendigen Voraussetzungne mitbringen, verlieren sie ihre Zufriedenheit. Wird Teamarbeit nicht gefördert, entsteht Konkurrenzkampf. Die logischen Folgen sind hoher Krankenstand, innere Kündigungen oder Verlassen des Unternehmens.
Der Grundgedanke gibt Stabilität
Mein Grundgedanke „Konsequenz“, der sich in mehreren Etappen entwickelte, wird von einer Ethik gesteuert. Denn wenn ich mein Prüfsystem „was ist die Konsequenz“ anlege, werde ich immer mit Werten, die mir mein Gewissen oder mein Wahrnehmungsorgan für geistige Strömungen einspielt, konfrontiert. Ich muss, um die Konsequenz abzuschätzen oder im Nachhinein zu überprüfen, jeweils festgelegt haben, was herauskommen sollte. Das sind Wertentscheidungen. Eine kann heißen: „Ich suche einen Weg der für alle geht, also Verständigung“. Oder „will ich mich durchsetzen: Macht“ oder „gebe ich des lieben Friedens willen klein bei: Rückzug;“ oder....
Wenn ich meinen Grundgedanken anwende, verlasse ich mich meist auf die geistige Kraft, die sich beim Abwägen der Vor und Nachteile zeigt. Ich spüre sie dann manchmal, indem sie stimmig auf mich wirken. Oder es breitet sich eine innere Ruhe aus, die mir die Entscheidung erleichtert. Bei anderen, die auch für ihr Leben einem Grundgedanken folgen, konnte ich beobachten, dass auch sie eigenständig ihre Entscheidungen treffen.
Ich muss mein Lebensschiff selbst steuern
Mit den Entscheidungen lenke ich mein Lebensschiff. Überlasse ich die Entscheidungen anderen, dann steuern diese mein Schiff. Das ist nicht das Leben, das ich eigenständig leben will. Deshalb muss ich meine Entscheidungen selbst treffen. Würde ich nicht selbst entscheiden und anderen die Entscheidung überlassen, dann müsste ich zwar nicht die Konsequenzen meiner Entscheidung tragen, jedoch meine Entwicklung zu einer eigenständigen Person verpassen. Die Konsequenz davon wäre irgendwann innere Unzufriedenheit. Mein Grundgedanke gibt mir Sicherheit, mich auf meine Entscheidungen verlassen zu können. Beim Schreiben dieses Beitrags ist mir wieder deutlich geworden, welche entscheidende Rolle die Werte spielen, wenn es um Entscheidungen geht. Sie sind mir im Laufe meines Lebens immer deutlicher für meine Orientierung geworden. Dazu folgt ein nächster Beitrag.
5 weitere Beiträge, die zeigen, wie Jutta Mügge ihr Lebensschiff seetüchtig gemacht und Kurs gehalten hat. Hier zur Überblicksseite mit den Links: Mein Lebens-Schiff
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