Das Kind kennt sich im Unsichtbaren aus
Weihnachten ist mit einem besonderen Zimmer verbunden. Es wird für die Weihnachtstage hergerichtet. Die Lichter am Baum sind wichtig. Die Krippe bildet das Zentrum. Weihnachten wollen wir das auch spüren. Denn dieses Zimmer verbindet uns mit einer anderen Welt. Der unschuldige, einfache Zugang der Kinder zu dem Zimmer hat etwas Magischen. Das Weihnachtszimmer erinnert uns daran, dass wir in unserem Seelenhaus auch ein solches Zimmer haben. Weihnachten gehen wir mit den Kindern hinein, das Jahr über bleibt die Tür meist zu. Anders als uns Erwachsenen ist kleinen Kindern dieses Zimmer vertraut, sie bewegen sich in diesem Raum ganz selbstverständlich. Sie kennen sich darin aus.
Die magische Welt der Kinder
Auch ihr Spiel findet häufig in diesem Zimmer statt. Für Erwachsene ist diese Welt meist unverständlich geworden. Da sprechen die Kinder mit jemandem, den man nicht sehen kann, aber für das Kind existent ist. Es wird am Esstisch ein Platz frei gehalten, weil darauf der beste Freund sitzt, aber in Wirklichkeit nicht körperlich anwesend ist. Manchmal kann das Kind nicht schlafen weil sich unter seinem Bett ein Ungeheuer aufhält. Die magische Phase ermöglicht dem Kleinkind, sich in einer Sphäre des Unsichtbaren zurechtzufinden.
Mir Erwachsenem hilft das Kind, seine magische Welt, aber auch seine „religiöse Welt“ zu verstehen, wenn ich mich in seine Welt versetzen und es in seiner "Realität" ernst nehmen kann. Da gibt es dann das Christkind zum Anfassen. Meist dauert die magische Phase für Eltern nicht lange genug.
Mein Zimmer wird mir langsam zu eng
Werde ich als Kind älter, ändert sich der Charakter des Zimmers. Der religiöse Raum bekommt eine neue Bedeutung. Er wird zum Zufluchtsort für meine Niederlagen, Ängste, aber auch für meine Wünsche. War das Zimmer in den vergangenen Jahren ein Raum der Sicherheit, wird es jetzt zu einem Zimmer, in dem ich mich von Gott kritisch beobachtet fühle. Ich fühle mich zwar immer noch beschützt, aber auch überwacht. Ich brauche jetzt eine andere Kommunikation mit Gott. Ich muss ihn mir gut stimmen, indem ich ihm etwas anbiete, was ich tue, damit er für mich etwas tut. Ich lerne mit ihm zu verhandeln. Eigentlich halte ich mich schon nicht mehr so gerne in diesem Zimmer auf, weil ich mich mit meinen kleinen Ungereimtheiten, Lügen oder in meinem Ungehorsam ertappt fühle. Außerdem enttäuscht mich dieser Gott auch manchmal. Wenn dann Erwachsene mir Angst machen, "der liebe Gott sieht alles" du musst...., du sollst....,“ wenn Gott für mich nur noch Druck ist, zu der strafenden Instanz in meinem Leben wird, fühle ich mich in diesem Zimmer überhaupt nicht mehr wohl. Ich entwickle Fluchttendenzen.
Das Zimmer verwaist
Spätestens in der Pubertät, wenn ich mich stark fühle, ich meine Freiheit suche, mache ich das Zimmer zu oder knalle vielleicht sogar die Tür, weil ich die Wut auf diesen Gott, der den Erwachsenen immer recht zu geben scheint, wenn sie meinen Freiheitsdrang ersticken, Ich will nicht mehr, dass jemand einen solchen Einfluss auf mich ausübt.
Etwas Außergewöhnliches öffnet mir wieder die Tür
Es können viele Jahre ins Land gehen, bis ich das Zimmer wieder einmal betreten kann oder will. Es muss schon etwas Außergewöhnliches passieren, dass ich mich noch einmal mit diesem Zimmer beschäftige. Da sind Erinnerungen, dass es dort um Macht, Moral, Gewissen ging. Da sich in meinem Leben inzwischen vieles angesammelt hat und ich ahne, dass ich mich in dem Zimmer damit konfrontieren muss, gibt es viele Gründe, die Türe auch weiterhin nicht aufzumachen. Ich weiß zugleich, dass die Tür zu dem Zimmer nicht von innen abgeschlossen ist. Es muss deshalb etwas anderes als mein schlechtes Gewissen sein, was das Zimmer für mich wieder anziehend macht.
Die Sehnsucht lässt mich zu dem Zimmer zurückkehren
Meist ist es die Frage: „ist das alles gewesen?“, die mich nach einem tieferen Sinn meines Daseins suchen lässt. Die Frage kommt, wenn ich spüre, dass mein Leben nicht einfach von mir "gemacht“ werden kann. Oder aber Gott zeigt sich mir in einem ungewöhnlichen Ereignis, ruft mich vielleicht in einer bestimmten Situation, oder ich erfahre bei einer Katastrophe einen besonderen, nicht erklärbaren Schutz. Auch kann ich Menschen begegnen, die mir behilflich sind, dieses Zimmer zu öffnen. In Exerzitien kann ich mich dann trauen, mein spirituelles Zimmer zu erkunden. Ich gewinne einen anderen Blick für mein Leben. Es entsteht nicht allein aus den Anstrengungen, die ich aufbringe. Das Zimmer öffnet mir den Blick, mein Leben als Geschenk zu verstehen.
Was ich in dem Zimmer mache, wie ich mich verhalte, was es für mich eröffnet, wird in einem nächsten Beitrag Thema.
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