Gemachtes unterliegt dem Verschleiß
Schon Hegel hat bereits auf die Konsequenz der Technisierung für die Religion aufmerksam gemacht. Maschinen und Computersind deshalb faszinierend, weil der Mensch fast nur noch auf das trifft, was er selbst gemacht hat. Aber keine Brücke, keine Maschine, kein Hochhaus regeneriert sich selbst. Was wir in der menschen-gemachten Welt erfahren, ist Verschleiß. Wir können die Materialien wieder trennen und gewinnen so Rohstoffe, aber das Auto, der Mähdrescher, das Handy regenerieren sich nicht wie der Kirschbaum oder treiben aus der Zwiebel eine neue Tulpe. In dieser gemachten "Umwelt" scheinen dann auch der Samen für das Getreide, die Tomatensetzlinge, die Blumen für den Balkon aus der Fabrik zu kommen. Nur einige Gärtnerinnen können noch Gemüse aus dem Samen von geernteten Früchten ziehen. Und wer kann noch Obstbäume veredeln? Wir können uns unsre Lebenswelt nur noch heute als "gemacht" vorstellen. Inzwischen können wir den Menschen sogar im Reagenzglas "machen". Es scheint das Gleiche zu sein, wie wenn im Reagenzglas eine chemische Verbindung "hergestellt" wird. Auch mit Blumen sind wir bereits so weit. Die künstlich Hergestellten sind kaum noch von den "Echten" zu unterscheiden, sie brauchen kein Wasser und müssen nur hin und wieder vom Staub befreit werden. Offensichtlich stellen wir uns Gott auch so vor, dass er, so wie wir eine Kunstblume hergestellt haben, den Gekreuzigten wieder lebendig gemacht hat. Wie aber das Leben von innen heraus zu verstehen ist und die Person, also derselbe, wieder ins Leben zurückgekehrt ist, das wird bei dem "Machen" unterschlagen. Tröstlich ist, dass wir das intuitiv noch unterscheiden. Das wird an der Vorstellung von der Wiedergeburt deutlich. Da gehen diejenigen, die für sich eine frühere Existenz annehmen, davon aus, dass sie als dieselbe Person wiedergeboren werden. Auch lassen wir uns von der Intuition leiten, wenn wir Gegenständen einen Namen geben: Haben wir das Auto, das wie mit "Herbert" bezeichnet haben, verschrottet, dann geben wir dem neuen Wagen einen anderen Namen. Also keine Wiedergeburt einer Maschine.
Auch die Kirchenleute sind mit ihrem Denken in der Maschinenwelt gefangen
Wie stark dieses Maschinendenken bereits zur Mentalität auch des Geistlichen Standes geworden ist, also derjenigen, die im Gottesdienst Tod und Auferstehung Jesu feiern, wurde mir an Ostern deutlich. Da wurde sich nicht ausgetauscht, was die einzelnen gepredigt haben, sondern ob der Internetanschluss wieder funktioniert. Warum sind Priester von diesem Kommunikationsmittel so abhängig: Auch ihr Leben ist sehr viel kurzatmiger geworden. Sie haben so viel zu regeln und abzustimmen, dass sie auf die digitalen Medien angewiesen sind. Die Religion, konkret Gottesdienste, Taufe, Firmung, Hochzeit, Beerdigung werden wie in einem Durchlauferhitzer absolviert. Sie kosten Zeit. Der Zeitgeist hat das Innere der Kirchen erreicht, indem er Gottesdienst, Wallfahrt, Gebet als zu „zeitaufwändig“ erklärt. Deshalb werden Handy und Internet unentbehrlich, um mit ihnen die verlorene Zeit wieder einzuholen. Die Protagonisten der Digitalisierung wollen den Rückstand der Kirchen in der Hoffnung aufholen, dass dann die religiöse Botschaft wieder Gehör findet. 2020 hat sich die jährliche Tagung „Kirche im Web“ den Titel gegeben: „Lasst Maschinen Kirche machen.“ Jedoch Technik ist dem Verschleiß ausgeliefert. Alle zwei Jahre muss das Handy ausgewechselt werden, um digital noch mithalten zu können. Anders Ostern: Es kommt jedes Jahr von selber, auch Prediger müssen es nicht herbeireden, sondern sich nur dem Geschehen öffnen. Das schafft das Handy deshalb nicht, weil es uns mit Aktuellem zudeckt, es passiert zu viel, als dass wir es mehr als nur noch registrieren können. Diese Offenheit für das Geschehen-Lassen gewinne ich auch nicht, wenn ich mich bei schönem Wetter ins Auto setze und mir die blühenden Mandel- und Kirschbäume im Vorbeifahren ansehe und sogar noch fotografiere.
Auferstehungserfahrung braucht einen Garten oder Einkehr
Ostern „ereignet“ sich zwar im Frühjahr, sondern ist im Sommer, Herbst und Winter auch der Hintergrund, auf dem die Botschaft von Jesus erst verstanden werden kann. Am 22. Juli ist der Gedenktag der Maria von Magdala. Im Evangelientext des Tages wird ihre Begegnung mit dem auferstandenen Jesu berichtet. Jesus überwältigt sie nicht mit seinem Erscheinen, sie hält ihn erst für den Gärtner. Erst als er sie mit ihrem Namen anspricht, erkennt sie den, deren Leichnam sie versorgen wollte. Maria von Magdala war im Garten, als sie Jesu wahrnehmen konnte, da wo in der Osterzeit das Leben neu hervorkommt. Was die Natur uns zeigt, brauchen wir, um Auferstehung aus dem Tod überhaupt für möglich zu halten.
Kleophas, einer der beiden Jünger, denen sich Jesus auf dem Weg nach Emmaus zugesellte, hat seinen Gedenktag am 25. September. Auch hier braucht es ein Umfeld und Zeit, bis er Jesus identifizieren konnte, nämlich als der Auferstandene das gemeinsame Mahl mit ihnen feiert, das bis heute als Eucharistie, als Abendmahl die Begegnung mit Jesus ermöglicht.
Die Auferstehungsbotschaft braucht ein Umfeld, bis sie sich aus Ahnungen herausschält. Posts oder Fotos, die wir gleich wieder wegwischen, um das nächste zu checken, schaffen das nicht. Warum sollten wir schneller „kapieren“ als die Menschen, die mit Jesus längere Zeit zusammen waren. Wie die alten Klosteranlagen brauchen die Kirchen gerade in der Stadt Bäume und Pflanzen nicht nur auf dem Kirchplatz, sondern möglichst im ganzen Viertel. Ein weiterer Beitrag zeigt nächste Woche, warum es uns nach Maria Laach und zu anderen Abteien zieht.
Dieser beitrag ist ein Nachklang zum Gedenktag der Maria von Magdala
Zur Spiritualität des Gartens am Beispiel Zucchini:
ökologisch inspiriert Zucchini kann mehr als sattmachen
zum Weiterlesen: Zucchini – Hoffnungsträger fürs Überleben
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