Die Dynamik einer expansiven Wirtschaft
Unser Wirtschaftssystem will Wachstum und Mobilität. Es soll ja immer besser werden, mehr Wohlstand entstehen, immer mehr Mobilität möglich werden, um damit auch noch mehr Profit zu erwirtschaften. Der Wachstumsgedanke wie die Globalisierung an sich sind ja nicht generell abzulehnen, denn sie haben in vielen Ländern zu mehr Wohlstand und besseren Lebensbedingungen geführt. Aber unsere Wirtschaft, hat den Zeitpunkt verpasst, an dem diese Entwicklung hätte überprüft werden müssen. Der Bogen ist jetzt bereits überspannt. Seit 70 Jahren geht es darum, Wachstum gleich zu setzen mit noch mehr Profit noch mehr Wohlstand, noch mehr Luxus. Die Bodenschätze werden ausgebeutet, um noch mehr zu produzieren, Produktion und Mobilität verbrauchen immer mehr Kohle, Erdöl und Gas, die Äcker werden mit Chemikalien behandelt, um noch größere Erträge zu erzielen. Der Profit wächst, der Natur geht es immer schlechter. Die Lebensgrundlagen sind bedroht.
Die Produktivität zwingt zum Wegwerfen
Wachstum ist doch nur solange segensreich und notwendig, solange es der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen dient. Wenn Wachstum sich nur am Wachstum des Profits orientiert werden die Schäden nicht gesehen oder verschleiert und schließlich geleugnet. Diese Dynamik befeuert eine Produktivität auf allen Ebenen, die nicht mehr der Nachhaltigkeit und unserem gesunden Leben dient, sondern dem Konsum. Die Wirtschaft produziert weltweit um die Wette. Am liebsten in Billigländern. Das scheint auf den ersten Blick den Armen in diesen Ländern Arbeitsplätze zu verschaffen, aber mit welchen Konsequenzen? Wir wissen inzwischen genau, dass die Menschen mit den Billiglöhnen ausgebeutet werden. Wir, in den reichen Ländern, werden dazu verführt zu konsumieren, uns immer wieder neu einzukleiden, neue Möbel zu kaufen, die neuesten Automodelle anzuschaffen, neue Reiseziele anzusteuern damit wir mithalten können. Womit eigentlich? Es entsteht ein Umweltschrott, der fast nicht mehr zu bewältigen ist. Wir können es alleine an der Bekleidungs- Auto- und Haushaltwarenindustrie beobachten. Warum halten Waschmaschinen nur mal gerade 15 Jahre, obwohl es auch anders ginge? Weshalb brauchen wir jedes Jahr neue „modische“ Kleidung, obwohl die „alten“ Stücke noch in Ordnung sind? Weshalb tauschen wir nach einigen Jahren unser Auto gegen ein Neues aus? Je mehr wir wegwerfen, desto besser geht es der Wirtschaft. Aber genau daraus folgt die Umweltbelastung. Je mehr Verbrauch, desto mehr Produktion. Je mehr Produktion desto mehr Umweltverschmutzung. Das ist der Kreislauf. Wir sind gezwungen wegzuwerfen, damit die Wirtschaft nicht auf ihren Produkten sitzen bleibt. Auch wissen wir inzwischen, dass in manchen Geräten bewusst eine bestimmte Lebensdauer eingebaut ist, damit sie nicht allzu lange halten. Es braucht ein neues Verständnis von „gutem Leben“, einen neuen Blick auf das, was im Leben wirklich wichtig und gesund ist. Ohne Veränderung unserer Lebensansprüche wird der ökologische Kollaps unausweichlich.
Ausbeutung von Ressourcen
Auch die Frage nach unseren Erdressourcen drängt in den Vordergrund. Es ist natürlich verführerisch, die Vorräte unserer Erde zu benutzen, die uns gratis zur Verfügung stehen. Da braucht man nur in Förderung zu investieren. Sie sind aber ein Geschenk der Natur, das wir nicht einfach so verbrauchen dürfen. Wir verbrennen das, was sich in Jahrmillionen in der Erde als Kohle, Erdöl, Gas entwickelt hat. Wir sind doch verpflichtet, damit sparsam umzugehen, auch noch für die Generationen nach uns die Schätze unserer Welt zu bewahren. Wenn wir sie ausbeuten, zerstören wir nicht nur unsere, sondern auch die Lebensgrundlage der nächsten Generationen. Nicht nur dadurch, dass sie ihnen fehlen werden, sondern dadurch, dass wir mit der Ausbeutung des Erdöls, des Gases, der Kohle zu enormer Umweltbelastung und damit wieder zu dem schädigenden Kreislauf der Klimakrise beitragen. Wir brauchen dringend Alternativen zur Energiegewinnung. Wir brauchen Wirtschaftsingenieure, die nicht Wirtschaftswachstum, sondern qualitatives Wachstum in der Welt anstreben.
Vielleicht bringt Corona uns bei, auf was wir achten müssen.
Homeoffice, das sich in der Coronazeit einen neuen Platz erobert hat, wird auch nach Corona dazu beitragen, dass die Straßen nicht mehr so stark befahren sind. Damit wird weniger CO2 von Autoabgasen in die Luft geschleudert, Energie für Büroräume eingespart, der Wohnungsmarkt entspannt sich, wenn Büroräume in Wohnungen verwandelt werden. Hinzu kommt auch, dass die Menschen nicht so gestresst durch kilometerlange Staus zur Arbeit fahren müssen. Wenn sich dann die E-Mobilität durchsetzt oder vielleicht sogar das Fahren ohne Fahrer, wird auch das Auto als Prestigeobjekt seine heutige Bedeutung verlieren. Wir werden kleinere Autos fahren, das Fahrrad und die öffentlichen Verkehrsmittel werden eine Renaissance gewinnen, wenn die Entwicklungen sich auf das Wachstum der Gesundheit der Kunden hin orientieren und weniger am Prestigewert des PKWs vor der Haustür.
Jeder kann an seinem Platz etwas verändern
Nicht nur die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik müssen handeln, sondern jeder Einzelne von uns kann an seinem Platz etwas tun. Auch wenn wir nicht am großen Rad drehen können, sind wir aber als Konsument*nnen eine starke Fraktion. Ich kann mein Konsumverhalten ändern. Tun das viele, dann hat das in der Masse Auswirkungen auch auf die Produktion, die Umweltbelastung, das Klima. Wenn ich meinen Fleischkonsum reduziere und mit mir gemeinsam hunderttausende Andere, dann brauchen wir nicht mehr so viele Rinder auf der Weide, die nämlich auch zu erheblichem CO2 Ausstoß beitragen. Was wäre, wenn wir saisonale und regionale Lebensmittel, die von Biohöfen stammen, wieder mehr in unseren Speiseplan einfließen lassen, statt Gemüse, das in Folie verpackt, aus Spanien und Übersee kommt und meist mit Chemikalien behandelt ist? Es würde dazu führen, dass unsere heimischen Bauern wieder das verdienen könnten, was sie zum Erhalt ihrer Höfe und für ihre Familie brauchen. Äcker würden nicht durch Gifte verseucht. Menschen könnten sich gesünder ernähren. Es würde Energie eingespart, weil Transportwege kürzer sind. Die Luftverschmutzung könnte minimiert werden, weil weniger Flugzeuge die Waren transportieren müssen. Aber auch der so notwendige Fischbestand in den Meeren müsste nicht mit Plastikabfall in den Mägen jämmerlich krepieren. Die Korallenriffe in der Welt hätten die Chance, sich zu erholen, das Meer könnte gesunden, weil auch viel weniger Giftstoffe aus der Erde mit dem Regen in die Meere geschwemmt werden. Unsere Ernährung ist ein Teil dessen, was zur Klimakrise beiträgt. Deshalb haben wir als Konsument*nnen an dieser Stelle entscheidenden Einfluss auf Veränderung. Warum brauchen wir in Folie verpackte Erdbeeren aus Spanien in der Weihnachtszeit? Saisonale Lebensmittel decken zu jeder Jahreszeit das ab, was unseren Körper gesund erhält.
Tim Rakete Kult- Fotograf hat einen Kinofilm produzierte „Now“ in dem er den Fokus auf das qualitative Wachstum lenkt. Es gibt viele Möglichkeiten, an den unterschiedlichsten Ecken die Qualität zu verbessern. Also fangen wir doch an, das qualitative Wachstum auch durch unseren Konsum zu unterstützen. Mir selbst hat Corona dabei geholfen zu erkennen, wie ich mein Leben verändern kann. Ich nutze meinen Garten noch mehr, um mein Gemüse anzubauen. Ich bin noch in der Experimentierphase, probiere aus, was auf meinem Boden gut wächst. Was ich selbst nicht anbaue kaufe ich im Hofladen. Mein Auto brauche ich nur noch für größere Strecken oder bei ganz schlechtem Wetter, denn alles um mich herum mache ich mit meinem Fahrrad. Fleisch esse ich kaum noch und wenn, dann kaufe ich es nicht mehr im Supermarkt sondern beim Metzger der auch selbst schlachtet. Zum Anziehen brauche ich gerade sowieso nichts Neues, so dass mein Bestand im Kleiderschrank noch eine Weile ausreichen wird. Da erübrigen sich dann auch die Fahrten in die Stadt zum Bummeln. Das sind meine ersten Schritte auf dem Weg zu einem qualitativen Wachstum. Mal sehen, wie sich das nach Corina weiterentwickelt.
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