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Freiheit verlangt durchzuhalten

Entscheidungen sind das Instrument, mit denen ich meine Freiheit verwirkliche, um damit die Richtung meines Lebens zu steuern. Hier geht es um die Entscheidungen, mit denen ich mich langfristig festlege. In ihnen stecken die Werte, die mir für mein Leben wichtig sind. Warum verliere ich mit der Festlegung nicht meine Freiheit, sondern verwirkliche diese? Philosophie hilft zu klären, warum ich freier bin, wenn ich bei meinen grundlegenden Entscheidungen bleibe.

Es sind nicht nur die kleinen täglichen Entscheidungen, was ich koche, welches Fernsehprogramm ich einschalte oder wen ich treffen will, sondern die, mit denen ich längerfristig mein Lebensschiff auf Fahrt bringe. Diese Entscheidungen treffe ich entsprechend den Werten, die ich für mein Leben ausgewählt habe. Dabei spielt es eine große Rolle, ob mit der Entscheidung ein größerer Freiheitsspielraum verbunden ist, der mir Entwicklungschancen und neue Perspektiven eröffnet. Mit der Frage: „Welche Konsequenzen entstehen, wenn ich so oder so entscheide“ kann ich mich vergewissern, was ich mit meinem Leben tatsächlich mache.

Warum grenzt mich eine langfristige Festlegung nicht in meiner Freiheit ein?

Stehe ich vor einer langfristigen und vor allem gewichtigen Entscheidung, versuche ich einiges zu berücksichtigen. Denn mit jeder Entscheidung geht es auch um den roten Faden, dem mein Lebensweg folgen wird. Ich lege nämlich mit nachhaltigen Entscheidungen die Richtung fest, in die ich mein Leben steuern will.

Was muss ich im Laufe meines Lebens entscheiden:

Einige Beispiele:

  • Wohin will ich mich entwickeln?
  • Welchen Beruf will ich ergreifen?
  • Wie will ich wohnen?
  • Welche Arbeitsstelle kommt für mich in Frage?
  • Welche Urlaubsreisen kann ich in einer Zeit der Umweltkrise noch verantworten?
  • Wie will ich mich ernähren, um möglichst lange gesund zu bleiben?
  • Was will ich zum Umweltschutz beitragen?
  • Wie will ich im Alter leben und wohnen?

Von den grundlegenden Entscheidungen leiten sich viele weitere ab:
Die oben aufgelisteten Fragen sind nur einige, die sich mir gestellt haben oder noch stellen und die durch meine Entscheidungen längerfristig abgesichert werden müssen. Die vielen kleinen Entscheidungen am Tag leiten sich dann logisch von den weitreichenderen Entscheidungen ab, um jene entsprechend den jeweiligen Bedingungen umzusetzen. Wenn ich z. B. festgelegt habe, wie ich mich ernähren will, weiß ich auch, was ich einkaufen und kochen muss.

Die kleinen Entscheidungen müssen ein anstehendes Problem lösen, um damit größere Freiheit zu ermöglichen

Meist sind zur Umsetzung der langfristigen Entscheidungen Probleme zu lösen. Dafür brauche ich Lösungen, also Ideen, wie ich das Problem löse. Die Lösung sollte mich nicht einengen, sondern meine Entscheidung umsetzen und so meiner Freiheit den Weg bahnen. Ich kann für die Lösung selbst Ideen zusammentragen. Meist hilft mir das Gespräch mit anderen, die mit ihrer Sichtweise meine Vorstellungen erweitern. Habe ich die Ideenfindung ausgeschöpft, geht es an die konkrete Überprüfung in wieweit die Ideen überhaupt mein Problem, meine Frage oder Entscheidungssituation lösen. Es geht dabei um Argumente dafür oder dagegen. Ich kann mich fragen:

  • „löst die Idee mein Anliegen überhaupt“?
  • „Ist sie alltagstauglich“?
  • „Schaue ich kritisch genug auf die Realität“?
  • „Oder rede ich mir die Entscheidung schön“?
  • „Werde ich nicht von meiner langfristigen Entscheidung abgebracht?“
  • „Engt mich die Lösungsmöglichkeit ein oder verwirkliche ich mich damit?“

Mich selbst ernst nehmen

Damit ich nicht in die „Schönrede-Falle“ gerate, unterstützt mich die Frage: „welche Konsequenzen hat diese Entscheidung für mich langfristig“? Denn die Entscheidung, die ich treffe, muss Bestand haben. Sie hat aber nur Bestand, wenn ich auch die Verantwortung für die Umsetzung übernehme und mich nicht übermorgen schon wieder davon verabschiede. Wenn ich die Umsetzung nicht in Angriff nehme, nehme ich auch meine eigenen Überlegungen und damit meine Freiheit nicht ernst, sondern lasse mich von Augenblickseindrücken bestimmen. Frei bin ich nämlich erst durch eine Entscheidung, bei der ich bleibe. Das folgt philosophisch gedacht aus der Freiheit. Denn wenn Freiheit so zu verstehen ist, dass ich eine Entscheidung jederzeit revidieren kann, missachte ich meine Freiheit dadurch, dass ich mich von äußeren Umständen beeinflussen lasse, um eine frei getroffene Entscheidung wieder außer Kraft zu setzen. Wenn ich bei der Entscheidung bleibe, die ich gefällt habe, werde ich der Freiheit dadurch gerecht und gebe so meinem Leben eine verlässliche Gestalt. Damit achte ich auch die Freiheit der anderen, die sich in ihrem Verhalten und ihren Planungen darauf verlassen können, dass ich Zusagen einhalte.

Wenn ich z.B. entschieden habe, dass ich mich um meine Gesundheit mehr kümmern will, hat das Konsequenzen. Denn ich brauche eine Vorstellung davon, wie ich mich ernähren, welchen Sport ich treiben will. Wenn ich das entschieden habe, brauche ich Kraft, um es auch wirklich umzusetzen und dabei zu bleiben. Das ist am Beginn nicht so einfach, weil ich meinen inneren „Schweinhund der Bequemlichkeit“ überwinden muss. Langfristig allerdings sichere ich mir eine größere Freiheit, weil ich länger gesund und damit beweglich bleibe.

Viele sehen in einer langfristigen Entscheidung eine Festlegung, die sie unfrei zu machen scheint. Sie glauben, dass sie ihre Freiheit vergrößern, wenn sie in jedem Moment Entscheidungen rückgängig machen können und Zusagen nicht einhalten müssen. Wenn ich aber meine Entscheidungen aufgebe kann ich mein Lebensziel, das ich mir vorgenommen habe, nicht erreichen. Ich werde mir untreu und gewinne deshalb keine größere Freiheit, weil ich mich selbst auf meine eigene Entscheidung nicht verlassen kann. Damit lenken äußere Einflüsse mein Leben und nicht meine Entscheidung. Das setzt meine Freiheit außer Kraft zugunsten von Einflüssen, die sich morgen schon wieder geändert haben können. Gleichzeitig schränke ich auch die Freiheit anderer ein, mit denen ich verbindliche Vereinbarungen getroffen habe. Z.B. Wenn ich nicht zu einem Termin erscheine, für den sich der Andere Zeit genommen hat. Oder eine Leistung nicht erbringe, mit der ein gemeinsames Projekt durchgeführt werden sollte.
Wenn ich mit solchen Leuten zu tun habe, ist auch meine Freiheit nicht mehr frei, weil ich immer damit rechnen muss, dass der Andere aussteigt. Das führt dazu, dass Partnerschaften wegen eines Konfliktes aufgegeben werden, anstatt den Konflikt zu bearbeiten. Mit diesem Freiheitsverständnis, jeder Zeit eine Entscheidung abzuändern, wird die Postmoderne so anstrengend.

In den Beobachtungen ist viel Psychologie. Bequemlichkeit, die die Umsetzung einer Entscheidung verhindert, ist kein philosophischer Begriff. Die Philosophie steuert nur einen entscheidenden Gedanken bei: Wenn ich eine getroffene Entscheidung umwerfe, entsteht keine größere Freiheit, sondern ich treffe eine Absage an meine eigene Freiheit. Das ist erst einmal nur eine logische Überlegung, sie ist jedoch höchst praktisch, weil sie mir hilft, in Phasen, in denen ich nicht mehr so überzeugt von meiner Entscheidung bin, doch dabei zu bleiben. Weiter ist dieser Zusammenhang von Freiheit und Durchhalten ein starkes Motiv, Entscheidungen, die auf lange Sicht getroffen werden, mit der einfachen Frage zu überprüfen: Was sind die Konsequenzen und bin ich bereit, sie auch in schwierigen Phasen auszuhalten?


Kategorie: Analysiert

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