Diese Vorstellung von Gott in Neresheim passt nich mehr in ein Weltall mit Milliarden Milchstraßen, Foto: E.B.

anders Gott suchen

80% der Bevölkerung können mit dem Gottes-Glauben der beiden Kirchen nichts mehr anfangen. Das hat die Kirchenmigliedschafts-Befragung erbracht. Warum sollen diese Menschen zum Gottesdienst kommen. Geht man von den kulturellen Umbrüchen und dem ganz anderen Weltbild aus, das Physik und Astronomie entworfen hat, dann verwundert das nicht. Hier erste Überlegungen.

Wenn das Gottesbild, das weithin in den kirchlichen Äußerungen mitschwingt, mit dem ganz anderen Weltbild und dem gewachsenen Freiheitsverständnis in Übereinstimmung gebracht werden kann, dann kann eine intensivere Öffentlichkeitsarbeit und die Optimierung der Institution nicht bewirken, dass die Menschen beten oder sich in den Gottesdiensten wie früher aufgehoben fühlen können. Dazu eine Zahl: Die Befragung, von der Evangelischen Kirche zum 6. Mal durchgeführt hat, stellt einen Rückgang des regelmäßigen Gebets bei den Katholiken von 13,7% und bei den Protestanten von 2,1% fest. Protestanten beten etwas mehr als die Katholiken.

Die Hauptursache ist in folgendem Ergebnis der Befragung zu finden:
Nur noch 19% der Befragten können sich mit dem Christlichen Gottesbild identifizieren, 29% gehen von einer höheren Macht aus, 20% lassen die Frage offen. 33% können mit Religion gar nichts anfangen. Folgende Beobachtung motivieren dazu, sich zuerst mit der Gottesfrage zu beschäftigen

Das Gebet und der Gottesdienst richten sich an ein Gegenüber

Wenn sich die meisten Menschen Gott nur noch als Macht, als Energie vorstellen können, dann können sie nicht mehr zu einem personalen Gott beten.
Die Kirchenkrise spielt insofern herein, als insbesondere die katholische Kirche die Notwendigkeit von Kirche betont, um zu Gott ein Verhältnis zu finden. Wenn Mitglieder auf Distanz zur Institution gehen oder sogar in großen Zahlen austreten wollen, dann werden Viele auch die Praxis dieser Institution nicht mehr beibehalten, Gottesdienst und Gebet. In Bezug auf das Gottesbild sei hier auf zwei Entwicklungen, die die kirchliche Verkündigung bisher zu wenig aufgegriffen hat und die auch die Ergebnisse der Befragung zur Kirchenmitgliedschaft erklären:

1. Freiheit: Das Bewusstsein, das eigene Leben ohne Gott in der Hand zu haben
Die Religionen haben nicht zuletzt die Funktion, Gottesvorstellungen zu klären. Das wird bereits in der Realitätsphase der späten Kindheit notwendig, welche auf die magische Phase folgt. In dieser hatten sich Vorstellungen von höheren Wesen und Mächten gebildet, die in das eigene Leben hineinspielen. Die Realität ist aber oft nicht so freundlich, wenn man sie mit dem vergleicht, wie Gott nicht nur den Kindern nahegebracht wird. Denn wenn ein Gott verkündet wird, der es gut mit den Menschen meint, der Schutz bietet und die Fehlleistungen ausgleicht, dann wird das in der magischen Phase erhofft, in der Realitätsphase jedoch überprüft. In der Verkündigung läuft das oft auf die Vorstellung hinaus, das Leben ohne diesen Gott nicht meistern zu können. Das entspricht nicht mehr dem Selbstverständnis der Mehrheit. Die Antworten auf die Fragen zu diesem Themenbereich zeigen deutlich, dass die Menschen davon ausgehen, ihr Leben eigenständig in der Hand zu haben. Wird die eigene Existenz von der Freiheit her verstanden, dann kann Gott nicht als der vorgestellt werden, der immer dann handelt, wenn der Mensch nicht mehr weiterweiß. Wenn Gott den Menschen in seine Freiheit entlassen hat, ist dieser auch für die Folgen seines Handelns verantwortlich, im Positiven wie im Negativen. Der Mensch ist freigesetzt, seine eigene Kultur, seine Ökonomie, seine Behausungen und Verkehrsmittel zu bauen. Diese Vorstellung Bild von Gott kommt dann als die Theodizeefrage auf die Kirchen zurück. Theodizee, die Rechtfertigung Gottes angesichts der Übel in der Welt, kann von einem Gott erwartet werden, der ständig eingreift, wenn es für den Menschen zu schwer wird.  Das ist so, als würde ein Raucher vom Arzt erwarten, dass dieser die volle Funktionsfähigkeit seiner Lunge wiederherstellt. Der Mensch, auch eine Nation, kann ihre Untaten nicht aus der Geschichte herausschneiden. Man kann nur sagen, dass Gott die Bedingungen für das Gelingen dieser Geschichte so geformt, dass sich das Gute nachhaltiger ist als das Böse. Denn dieses schädigt nicht nur anderen, sondern auf Dauer sich selbst. Böses ist kein Fundament für das Gelingen des eigenen Lebens und genauswenige für das Wohlergehen einer Nation.

2.Weltall: Die Kenntnisse von der Größe und der Ausdehnung des Weltalls setzen frühere Vorstellungen außer Kraft
Eine Vorstellung vom Himmel als Wohnort Gottes, von wo aus er auf die menschliche Geschichte herabsieht, passt nicht mehr in den Kosmos mit Milliarden Milchstraßen. In einem solchen Weltall wäre ein solcher Gott wie verloren. Die Relativitätstheorie eröffnet eine andere Sicht. Denn sie stellt das Universum nicht in einen Raum, in dem dieser Kosmos sozusagen schwebt, sondern erklärt Raum und Zeit als das, was entsteht, wo Materie ist. Es gibt außerhalb dieses Weltalls nur Materie, wenn es einen anderen Kosmos gäbe. Weil unser Vorstellungsvermögen so an Raum und Zeit gebunden ist, können wir uns nicht vorstellen, dass es außerhalb dieses Weltalls weder Raum noch Zeit gibt. Was Philosophie und Religion bisher von Gott gesagt haben, er sei "unendlich", "allmächtig", "allwissend" kann mit der Physik des 20. Jahrhunderts nicht so weitergeführt werden. Gott ist den Bedingungen von Raum und Zeit nicht unterworfen. Er ist von keinem Punkt im Universum entfernt, er erfüllt das Weltall auch nicht wie das Hicksfeld, sondern seine Gegenwart ist sein Da-Sein.

3. Evolution: Die Entwicklung aus anderen Lebewesen hat die Sicht des Menschen verändert
Die Entwicklung allen Lebens aus ganz einfachen Lebewesen beschreibt den Menschen erst einmal als eine Art der Gattung „Menschenaffen“. Für das ökologische Selbstverständnis ist es eine tragende Erkenntnis, dass der Mensch nur überlebt, wenn er sich in die Natur einfügt.
Für das Werden des Menschen, seine Verstandesfähigkeit, seine Freiheit, für die Kultur, die er sich erschafft, um darin zu leben, braucht es eine erweiterte Vorstellung vom Menschen. Er ist Biologie, aber nicht nur. Aus seiner Freiheit folgt, dass er die Verantwortung für das übernehmen muss, was er durch sein Handeln bewirkt. Die ökologische Krise zwingt dazu, sich neu als Teil dieser Erde zu verstehen. Ein bisher zu wenig gegangener Weg.

Zur ersten Fragestellung, dass der Mensch sein Leben in der Hand haben will, ohne dafür Gott zu brauchen, hat Jutta Mügge einen Beitrag bei hinsehen.net veröffentlicht. Dieser zeigt weitere Stufen der Entwicklung auf, in denen Gebet wieder, jedoch anders, möglich wird.
Ihr Beitrag findet sich bei hinsehen.net Beitrag „Die Kirchenkrise ist eine Freiheits- und damit eine Gotteskrise“
Die Ergebnissen der Befragung finde sich hier: Kirchenitgliedschafsuntersuchung der EKD

Das Weltbild der Astronomie, die Evolution und viele weitere Fragen können helfen, zu neuen Vorstellungen von Gott zu kommen. Alles, was Religionsphilosophie und Theologie sagen, bleiben menschliche Vorstellungen. Mit diesen Vorstellungen wird das Geheimnis deutlicher, auf das der Mensch immer stoßen wird, wenn er sich Gott zu nähern versucht. Auch die Physik fördert neue Geheimnisse zutage. So, wo dieses Weltall herkommt, das mit dem Urknall angefangen hat und sich immer weiter ausdehnt.

.


Kategorie: Analysiert

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang