Ludger Verst
Es gehört zur Tragik der etablierten Religionen, dass die meisten ihrer Sprechversuche in den Kommunikationen des Alltags stumpf und irrelevant geworden sind. Ich spüre das täglich zum Beispiel bei den Produktionen für den Hörfunk, in der Beratung und Seelsorge, nicht zuletzt im schulischen Religionsunterricht. Manchmal denke ich, es wäre besser, das Systemhafte von Religion und Konfession, d.h. deren dogmatische Antiquariate aus dem Verkehr zu ziehen und sich stattdessen darauf zu verständigen, dass der Weg jeder Religion der Mensch ist.
Es braucht mutige Grenzgänger, spirituelle Kundschafter, Experimentalisten, die relevante Unterschiede benennen, aber eben auch Verbindungen stiften. Ich versuche dies, indem ich die therapeutische Dimension der Rede von Gott mit der Entwicklung und Förderung bestimmter lebensdienlicher Grundhaltungen und Kompetenzen verbinde. Ich nenne dies Tiefentheologie. Ich verspreche mir von ihr wertvolle Anregungen für eine Spiritualität, die transzendenzsensibel ist und Menschen auf ihrer Suche nach sinnhaften Selbst-Konzepten unterstützt.
So greife ich gesellschaftliche und kirchliche Themen vornehmlich aus (religions-)psychologischer Perspektive auf. Ich verstehe Religionspublizistik als Diakonie, als Dienstleistung, möglichst frei von Systemsprache, aktuell und nah am Puls der Zeitgenossen.