Die Türme der Banken stehen nicht so sicher, Foto: hinsehen.net E.B.

Wie können Banken in die Pleite rutschen?

Wenn die Kunden das Vertrauen in ihre Bank verlieren, wird eine Insolvenz oft unausweichlich. Fehlendes Risikomanagement und mangelnder Durchgriff der Verantwortlichen bei Fehlverhalten von Investmentbankern müssten durch bessere Aufsicht und die Eigenkapitalquote der Banken abgefedert werden, dass nicht die Steuerzahler einspringen müssen.

Auslöser ist oft ein sogenannter Bank Run, das heißt innerhalb kürzester Zeit fordern viele Kunden ihre Spareinlagen zurück. Grund hierfür sind in der Regel massive Vertrauensverluste wegen undurchsichtigen Geschäfte sowie Gerüchten über Zahlungsausfälle wichtiger Kunden, an die die Bank Kredite verliehen hat.
Wenn ein solcher Bank Run einsetzt, wird das Kreditinstitut gezwungen, Vermögenswerte unter Druck zu verkaufen. Der Preis für diese Vermögenswerte ist in der Regel entsprechend gering, sodass den Einlagen der Kunden oft nicht genügend Verkaufserlöse gegenüberstehen und damit das Eigenkapital der Bank schnell aufgebraucht wird. Somit droht die Zahlungsunfähigkeit, wenn sich die Bank nicht mehr aus eigener Kraft retten kann. Das haben wir gerade bei der Credit Suisse erlebt. Wie kam es dazu:

Bereicherung der Mitarbeiter

Bei der Credit Suisse waren es mehrere Verfahren wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung in den USA und Frankreich. Dafür musste die Credit Suisse Milliardenstrafen zahlen. Zudem gab es Verfahren wegen betrügerischer Kreditgeschäfte mit Mosambik. Die Credit Suisse war in diesem Skandal mit einem Milliardenkredit involviert. Drei Investmentbanker der Credit Suisse in London wurden deswegen 2016 angeklagt. Sie sollen rund 200 Millionen US-Dollar zur persönlichen Bereicherung sowie für Bestechungszahlungen abgezweigt haben, die eigentlich zur Finanzierung von Fischereiprojekten in Mosambik gedacht waren. In den Folgejahren gab es dann noch zu viele weitere Skandale im Zusammenhang mit Finanzierungen einer Vielzahl, möglicherweise umweltschädlicher Projekte in Indonesien und anderen Ländern.

Nicht werthaltiger Geschäfte

Ein weiterer Kritikpunkt war der Umgang mit der Pleite der englisch/australischen Bank Greensill Capital. Diese war auf die Finanzierung von Lieferketten spezialisiert. Die daraus entstandenen Forderungen wurden in Fonds verpackt und zu einem wesentlichen Teil über die Credit Suisse vertrieben. Diese Forderungen erwiesen sich jedoch als nicht werthaltig.  Kunden, die die Fondsanteile erworben hatten, fühlten sich von der Bank falsch beraten und versuchen Forderungen gegen die Credit Suisse durchzusetzen. Hintergrund sind Prämien für Kredite, die Bankmitarbeiter an Kunden vermittelt haben.

Riskante Projekte

Nachdem auch noch massive Fehlspekulationen in hochriskante Finanzanlagen, sogenannter Hedgefonds, mit riesigen Verlusten für die Bank bekannt wurden, die Mitarbeiter getätigt hatten, die ihre Kompetenzen massiv überschritten hatten, war die Geduld der Anleger zu Ende. Offensichtlich waren weder der Vorstand, noch das Risikomanagement der Bank willens oder in der Lage, all diese Transaktionen zu kontrollieren und frühzeitig zu stoppen.

Kundengelder werden anderswo angelegt

Immer mehr Kunden wollten nun ihr Geld zurück. Die Bank hatte nicht genug Bargeld, um alle Kunden auszuzahlen. Hier wird es nun zum Problem, dass die Kunden einer Bank in der Regel berechtigt sind, kurzfristig auf ihr Geld zuzugreifen, die Bank dieses Geld aber oftmals langfristig verliehen hat. Es besteht dann eine große zeitliche Diskrepanz zwischen der Möglichkeit, Geld kurzfristig zur Auszahlung verfügbar zu machen und dafür Anleihen und andere Papiere zu verkaufen, in die die Bank das Geld angelegt hatte. Dieses Problem wird für die Bank zu einer tödlichen Bedrohung, wenn sie sich gezwungen sieht, Vermögenswerte zu einem schlechten Preis zu verkaufen, um ihren Verpflichtungen gegenüber ihrer Kundschaft nachkommen zu können. Diese Situation hatten wir auch im ersten Halbjahr 2023 bei einigen Banken in Amerika, unter anderem im Silikon Valley. Die Banken hatten im großen Stil längerfristige Anleihen gekauft, die zwar sicher, aber äußerst niedrig verzinst waren. Als die Zinsen für Kredite wegen der hohen Inflation durch die Zentralbanken erhöht wurden, waren die alten, niedrig verzinsten Wertpapiere nicht mehr so viel wert, wenn sie auf dem Kapitalmarkt verkauft werden mussten – um den Kunden ihr Geld zurückzahlen zu können. Welcher Anleger kauft schon eine Anleihe mit einer Verzinsung von 1%, wenn er eine andere mit 5% kaufen kann? Die alten, niedrig verzinsten Anleihen können also nur mit einem gewaltigen Kursabschlag verkauft werden. Somit haben die Banken, die kurzfristig Geld an ihre Kunden auszahlen müssen, ein gewaltiges Problem. Typischerweise haben Banken ein sehr geringes Eigenkapital im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme. Grund hierfür ist der sogenannte Geldschöpfungsmultiplikator. Das ist die Möglichkeit der Banken, ein Vielfaches der Einlagen, also der Kundengelder, mehrfach zu verleihen, um so „Giralgeld zu schöpfen. Unter Giralgeld wird Sichtguthaben verstanden, die den Kunden zur Verfügung gestellt werden und über die dieser ohne Einschränkung jederzeit verfügen kann.

Die Bank kann das eingezahlte Geld der Kunden mehrfach verleihen

Diese Giralgeldschöpfung wird dadurch ermöglicht, dass die Kreditinstitute nur einen Teil der Sichteinlagen (Geldeinlagen der Bankkunden auf Girokonten) als Reserve in bar halten. Den Rest, die sogenannte Überschussreserve, können sie wieder ausleihen. Fließen die im Wege des Kredits ausgeliehenen Gelder wieder in das Kreditbankensystem als Sichteinlagen zurück, können diese zum größten Teil ein weiteres Mal ausgeliehen werden.

Beispiel: Ein Bankkunde legt 100.000 Euro bei seiner Bank an und die Bank hält 10 Prozent hiervon als Barreserve zurück. Die 90.000 können an weitere Kunden verliehen werden. Dieser bezahlt mit diesen 90.000 Euro Lieferungen oder Leistungen. Werden diese 90.000 Euro vom Empfänger des Geldes wieder auf die Bank gebracht, kann diese wiederum 10 Prozent als Reserve halten und die restlichen 81.000 Euro verleihen. Dieser Prozess kann sich in diesem Beispiel fortsetzen bis aus den ursprünglichen 100.000 Euro Sichteinlagen 1.000.000 Euro geworden sind, also das Zehnfache. Dieses Beispiel ist zugegeben sehr einfach und lässt außer Acht, dass nicht alle Banken mit der gleichen Barreserve arbeiten, dass die Kunden auch selbst Bargeld halten und dass die von den Banken angebotenen Kredite auch nachgefragt werden müssen. Der grundsätzliche Zusammenhang ist aber wichtig. Banken haben dadurch in der Regel nur ein geringes Eigenkapital und im Vergleich dazu sehr hohe Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden, die zudem kurzfristig fällig werden können.


Kategorie: Verstehen

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