Köln, Groß St. Martin, Foto: hinsehen..net E.B.

Menschwerdung – aus der Krippe

Gott wird Mensch und liegt als Baby in einer Futterkrippe. Na und? Das ist eine vielleicht schöne Geschichte, die ich mir Weihnachten immer wieder anhöre. Aber mit der Wirklichkeit heute soll das etwas zu tun haben? Gibt es irgendwelche Folgen, wenn vor 2021 Jahren Gott Mensch geworden? Das Licht und die Personwürde bestimmen nicht nur unser Denken. Schon im Advent hüllen wir uns in das Licht.

 Keine Vernunft ohne Licht
"Mir ist ein Licht aufgegangen" heißt, dass mein Verstand nur erkennt, wenn er im Licht ist. Wahrheit ist nur möglich im Medium des Lichtes. Nicht nur das winterliche Dunkel lässt uns Kerzen entzünden und mehr Licht in die Wohnungen und Straßen bringen. Die Kerzen am Weihnachtsbaum und die Lichtkränze in den Einkaufsstraßen wirken erst, weil wir die Unentbehrlichkeit des Lichtes voraussetzen.  Es geht mit den Erkenntnissen der Evolution um den Menschen. Erbraucht Licht nicht nur zur Erkenntnis über die Materie, die Pflanzen- und Tierwelt, sondern mit der ökologischen Herausforderung noch dringender über sich selbst, ist er doch Zielpunkt der Evolution.
Die Aufklärung, die die Wirklichkeit der Vernunft herausstellte, wird in Frankreich und England "Zeitalter des Lichts" genannt. Bereits das Mittelalter, das von seinen Verächtern als "dunkel" abgetan wird, hat in den Kathedralen mit riesigen Fenstern vom Licht durchströmte Glaspaläste gebaut. Der Inspirator für diese Bauwerke war ein Philosoph des Lichtes, Dionysius, der Areopagit. Weil man die elektromagnetische Welle noch nicht kannte, war für die Menschen das Licht eine geistige Größe. Wenn die Vernunft erst durch das Licht zu tieferer Einsicht kommt, dann trägt sie entscheidend zur Menschwerdung des Menschen bei. Hier hat das Kind in der Krippe die antike Welt revolutioniert, u.a. in dem es den Bau von Krankenhäusern motivierte. Das Leibliche, das Materiellen gehört zum Menschen.

Der Mensch gehört nicht einem anderen Menschen
Das heutige Verständnis vom Menschen und damit der Menschenrechte mit der Über­zeugung von der körperlichen Unversehrtheit geht auf das geistige Ringen zurück, Jesus zu verstehen. Er ist sowohl als Sohn des himmlischen Vaters wie zugleich der Maria. Das der Mensch nicht anderen Menschen gehören kann, sondern von einem Größeren seine Würde hat, leitet sich aus der Botschaft her, dass wir Kinder eines himmlischen Vaters sind, der jeden von uns mit unveränderlichen Rechten ausgestattet hat, die kein Machthaber mir absprechen, wohl aber immer noch bis heute mir vorenthalten kann. Wenn von Verletzung der Menschen­rechte berichtet wird, schwingt das bei uns immer mit: "Der darf das nicht". Dem gottgleichen römischen Kaiser und vielen Herrschern wurde zugestanden, über Menschen zu verfügen, die Diktatoren des 20. Jahrhunderts haben dieses Recht für sich in Anspruch genommen. Weil mit dem Kind in der Krippe jedes Kind aus Gottes Hand kommt, haben die Christen die Kindstötung im Römischen Reich überwunden. Auch hatte die Christen in ihren Gemeinden keine eigene Klasse für die Sklaven. Innerhalb der Gemeinde waren die Sklaven gleichberech­tigte Mitglieder. Calixtus, 217 zum Papst gewählt, war ein ehemaliger Sklave.

Der Leib, mehr als Anhängsel der Seele
An Jesus wurde erst erkannt, dass der Mensch nicht im Letzten Seele ist, sondern Person. Vorher dachte man das Wesen des Menschen in der Seele zu verankern. Wenn das Eigentliche des Menschen in der Seele liegt, dann ist der Körper nur ein Anhängsel, das die Seele abschüttelt, wenn sie zu ihrem Ursprung zurückkehrt. Für die Christen gibt es da eine Denkschranke, denn die Hinrichtung Jesu kann nicht auf die Seele reduziert werden. Das würde die körperlichen Qualen der Kreuzigung entwerten. Wäre der Leib nur Anhängsel, dann gäbe es nicht das ausdifferenzierte Gesundheitswesen und Kranke würden Geistheilern übergeben. Jesus hat zu diesem uns tragenden Verständnis deshalb geführt, weil er „einer“ sein muss, der zugleich ganz Mensch und ganz Sohn des himmlischen Vaters ist. Ein andere Denkschranke war die Vorstellung, an die Stelle der Seele sei die zweite Person der Dreifaltigkeit, sei der Sohn getreten. Dann würde der Leib sozusagen das Göttliche umkleiden. Jesus wäre dann nur in seiner Erscheinung Mensch. Um Jesus ganz als Mensch und zugleich als Sohn des Vaters zu denken, kommt man zu einem Einheitspunkt, der erst die Freiheit ermöglicht. Dieser wird seit dem 5. Jahrhundert Person genannt. Dieser Begriff leitet sich von der Maske der Schauspieler her, per - hindurch, sonare - klingen, sprechen. Durch die mühsame Klärung, wie Jesus als menschgewordener Sohn Gottes zu verstehen ist, hat sich dieses Wort mit hoher Bedeutung angereichert. Person-Sein, Personalität, pro Person, in einer Person bis hin zu Personalausweis bezeichnet den Menschen in seiner Würde. Wäre der Leib ein Anhängsel der Seele ist, muss sich die Seele vom Leib befreien.

Das scheint ein bloß abstrakter Gedankengang zu sein, der aber eine große Wirkung auf die Kultur des Mittelmeerraumes hatte. Erst eine Person kann mit Freiheit begabt sein. Sie ist kein biologisches Phänomen, wird jedoch durch den Leib lokalisiert und verwirklicht sich über den Leib durch Rede, Gesichtsausdruck und Handlung, eben mit den Händen etwas bewirken., Wir leben in einer Epoche, die durch Mode, Sport, Sexualität, Sorge und ein ständig wachsendes Gesundheitssystem die leibliche Seite der menschlichen Existenz betont.  Der Mensch ist Person und hat eine Seele und einen Leib. Diese Sicht des Menschen wurde an Jesus entwickelt. Wie er haben auch wir einen Leib und eine Seele und sind Person, in deren Kern die Freiheit wurzelt. Das führt zu einem weiteren Fundament der modernen Gesellschaft:

Der Mensch ist nicht von geistigen Mächten geknechtet

Wir fühlen uns modern, leben aber immer noch mit Zeitgenossen zusammen, die sich abhängig von Stern-Konstellationen fühlen, von dunklen Mächten, die sie mit Impfstoffen schädigen und sich überhaupt gegen die Menschheit verschworen haben. Diese Vorstellung, wir alle seien von dunklen Mächten total abhängig, war bis etwa 1500 in Europa und ist bis heute in vielen Regionen der Welt selbstverständlich. Die Berichte von den Dämonenaustreibungen zeigen Jesus als den, der von dieser Abhängigkeit befreit. Das ist wahrscheinlich auch das Motiv, warum die Germanen sich dem Christentum zuwandten. Ihre Götter, so schildert es die Edda, sind den Riesen unterlegen. Für sie war Jesus nicht nur wegen der dunkeln Monate die Lichtgestalt. Er hat sogar den Tod besiegt und jedem Menschen Unsterblichkeit eröffnet. Diese war in der Antike nur den Göttern vorbehalten. Da wo Licht ist, wollen wir hin. Der Himmel ist hell, von dort erwarten wir das Licht. Mit den Engeln kam das Licht auf die Weiden von Betlehem, von dort wird es von den Pfadfindern geholt und weitergegeben.

Zur Entstehung des Festes und seine Situierung auf den Tag der Wintersonnenwende: Weihnachten - Wintersonnenwende und das Lichtmotiv


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