Es waren nur 133 Personen wahlberechtigt. Nicht wie im parlamentarischen System jeder Bürger. Es gilt also nicht das demokratische Prinzip, dass jede Person, also jeder Katholik, jede Katholikin eine Stimme hat. Erstaunlich, dass nicht nur die Katholiken mit der ausgewählten Person einverstanden sind.
Mehre Wahlgänge ersetzen den Wahlkampf
Die kleine Zahl der Wahlmänner ermöglicht es, dass diese zusammenkommen und mehrere Wahlgänge durchführen können. Anders als bei demokratischen Wahlen gibt es keinen langen Wahlkampf. Es gibt nur in den Zeitungen Kandidaten, die zur Wahl stehen. Die Voraussagen der Journalisten treffen in der Regel nicht ein. Anders als bei parlamentarischen Wahlen gibt es keine Umfragen unter den Wählern, so dass man nicht abschätzen kann, wer die meisten Stimmen bekommt. Fast immer treffen die Voraussagen nicht ein. Die Kardinäle wissen oft selbst nicht, wer es werden wird, weil es vorher keine Abstimmungen in Gruppen, z.B. der afrikanischen oder lateinamerikanischen Kardinäle gibt. Eine Orientierung bietet erst die Auszählung der ersten Wahlgänge. Da die Kandidaten sich nicht selbst präsentierten und auch keine Namen auf den Wahlzetteln stehen, müssen sie von anderen vorgeschlagen werden. In den ersten Wahlgängen zeigt sich an den Stimmverteilungen, wer überhaupt infrage kommt. Aber es ist meist noch nicht abzusehen, wer die Zweidrittelmehrheit der Stimmen erhält. Das wird an den nächsten Wahlgängen deutlicher. Denn wer keinen Zuwachs der Stimmen verzeichnet, scheidet aus dem Rennen aus. Oft ist es derjenige, der am Anfang die meisten Stimmen erhielt. So auch diesmal. Kardinal Pietro Parolin, der zweite Mann im Vatikan, erhielt zuerst die meisten Stimmen, blieb aber bei einer Zahl wohl unter 40 stehen. Wenn ein Kandidat also in den folgenden Wahlgängen nicht weitere Stimmen erhält, also ein großer Teil der Wahlmänner ihm das Amt nicht zutrauen, geben die Wahlmänner einem nächsten Kandidaten ihre Stimme. Das kann sich lange hinziehen, so bei der Wahl des Nachfolgers von Pius XII: Mehrere Kardinäle erreichten nciht die Zweidrittel-Mehrheit. Auf den eher unbekannten Erzbischof von Venedig konnten sie sich einigen. Dieser Kompromisskandidat entwickelte sich zu einem Revolutionär, indem er das Zweite Vatikanische Konzil einberief. Da er überhaupt nicht damit gerechnet hatte, als Papst aus dem Konklave herauszugehen, hatte er sicher noch nicht die Idee, ein Konzil einzuberufen. Leo XIV. wurde nicht nach vielen Wahlgängen gekürt, sondern in dem Wahlgang direkt nach dem Ergebnis, dass Parolin nicht die Mehrheit der Stimmen erhalten wird.
Das wissen wir, weil Kardinäle sich nicht an den Eid gehalten haben, über das Konklave zu schweigen. Nachdem Kardinäle Journalisten erzählt haben, weiß die Öffentlichkeit, dass Leo XIV. bereits der zweite Kandidat war, den die Kardinäle für geeignet halten.
Kein Wahlkampf, kein Sieger
Die notwendige Zweidrittelmehrheit gibt dem Gewählten einen größeren Rückhalt. Es bleibt nicht wie bei den demokratischen Wahlen eine Minderheit von bis zu 49,9% unberücksichtigt. Der Gewählte steht auch nicht wie ein Sieger da, er übt sein Amt im Auftrag seiner Wähler aus, die auch weiterhin in ihren Ämtern bleiben. Es wäre vergleichbar einer Wahl des Kanzlers durch den Bundesrat. Die Wahlmänner würden nicht wie in den USA ins Glied zurücktreten. Die Mitglieder des Bundesrates, die Ministerpräsidenten und die von ihnen bestimmten weiteren Mitglieder des Gremiums bleiben in ihren Funktionen. Das heißt für die Katholische Kirche, dass der Papst nicht gegen eine Minderheit regieren kann. Er bleibt auf die Unterstützung seiner Wähler angewiesen. Das hat Paul VI. erfahren müssen. Für seine Interpretation der Sexuallehre der Katholischen Kirche, dass die Pille nicht erlaubt ist, hatte er die Zustimmung eines großen Teils der Bischöfe nicht. Nach dieser Enzyklika war er faktisch machtlos.
Wahlkampf macht einen Kandidaten zu „nicht wählbar“
Im Konklave scheidet der aus dem Rennen, der versucht, der für sich Werbung zu machen. Das war vor der Wahl des polnischen Papstes der Fall. Zwei italienische Kardinäle, Benelli von Florenz und Siri von Genua, bekämpfen sich in der Presse. Der deutsche Kardinal Höffner gab dem von Krakau seine Stimme und es folgten ihm die Zweidrittelmehrheit. Das betont noch einmal, dass die Wählenden den Gewählten beauftragen, denn auf den Stimmzetteln steht kein Name. Zwar könnte jemand seinen Namen auf den Zettel schreiben. Wenn es bei wenigen Stimmen im nächsten Wahlgang bleibt, wird er aus dem Rennen ausscheiden, denn die Wähler werden ihre Stimme nicht einem geben, der keine Aussicht auf die Mehrheit hat. Man könnte sagen, dass der Wahlkampf über die Abstimmungen läuft. Diesen können die Kandidaten nicht beeinflussen, er läuft in die Gespräche der Wahlmänner in den Pausen ab.
Wahlmänner in den USA
Das Wahlverfahren der USA wird heute nur noch formell durch Wahlmänner ausgeübt. Deshalb gibt es den langen Wahlkampf, in dem am Ende nur zwei Kandidaten zur Wahl stehen. In Ländern wie Frankreich oder Rumänien haben mehrere Kandidaten eine Chance. Diese Präsidenten werden nicht vom Parlament, sondern vor den Bürgern direkt gewählt. Aber auch diese Form braucht Parteien, die eine Vorauswahl treffen.
Andere Wahlen durch Wahl-Männer und -Frauen.
Die katholischen Orden wie auch die evangelischen Landeskirchen wählen ihre Delegierten, die dann den Generaloberen bzw. Generaloberin wie den Landesbischof wählen. Die Jesuiten kommen deshalb in wenigen Wahlgängen zu einem Kandidaten, weil sie eine Murmuratio, ein Gemurmel durchführen. Ihre Delegierten können sich jeweils zu Zweit austauschen, wen sie für geeignet halten.
Dr. Eckhard Bieger SJ
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