Theologische Literatur ist mittlerweile für Otto Normalverbraucher kaum noch zu verstehen. Selbst Theologen verschiedener Fachrichtungen können sich untereinander oft nicht mehr verständigen. Manche Besinnungsliteratur ist dagegen so besinnlich, dass die Sache hinter einem Wust an oberflächlichen Glaubensbekundungen und theologisch unsinnigen Ausführungen kaum noch zu ertragen ist. „Kaum zu glauben“ hebt sich von beiden Varianten deutlich ab. Es ist die sehr persönliche Schilderung von Glaubenserfahrungen durch Erzbischof Franz Lackner. Theologisch kommentiert werden seine Ausführungen durch den Theologie-Professor Clemens Sedmak. Wären die Einschübe nicht kursiv gedruckt, würde man gar nicht bemerken, dass ein anderer Autor den Gedanken fortgeführt hat. Erst nach längerem Lesen fällt auf, dass Franz Lackner in Ich-Form schreibt und Clemens Sedmak beim man oder wir bleibt. Das Lesen ist wie ein Zuhören, der eine erzählt aus seinem Leben, der andere ergänzt und vertieft theologische Bemerkungen.
Kaum zu glauben, das klein groß ist
Im Gespräch der beiden Autoren werden Fragen wie Beten, Gnade, Gott, Leiden, Pilgern, Hoffnung, Kirche etc. behandelt, doch eigentlich kreist das Buch nur um ein Thema: „Ich aber muss kleiner werden.“ Diese Aussage ist jedoch nicht im Sinne einer devoten oder unterwürfigen Haltung gemeint, sondern als Wissen um ein Paradoxon: „Es geht nicht um uns, es geht um Gott in uns. Und dann können wir ganz ‚wir selbst‘ werden.“ Der Erzbischof von Salzburg schildert vor allem seine Erfahrungen als UNO-Soldat auf Zypern, die ihn sehr geprägt haben. Er macht daraus keine Berufungsgeschichte, vielmehr erläutert er seine Gedanken, die einen Bezug zu seiner Glaubensentwicklung haben. Und dieses kleine Leben verdichtet sich an vielen Stellen zur franziskanischen Lebenshaltung. Erzbischof Lackner gehört dem Franziskanerorden an und atmet die gleiche Luft wie Papst Franziskus, obwohl der dem Orden der Jesuiten angehört. Es ist eine Luft, die weniger von Weihrauch geschwängert ist als – so könnte man manchmal glauben – von Lachgas.
Katechismus heute
Das Buch ist all denen zu empfehlen, die in ihrem Glauben Klarheit suchen und die einen Katechismus nicht mit dem Glauben verwechseln. Es gibt keine Lehrsätze oder theologische Erklärungen. Das Buch schildert einen gelebten Glauben und vermittelt gleichzeitig religiöses Wissen. Die Lektüre entspannt und ist gleichzeitig anspruchsvoll. Und zum Schluss ist man ein wenig schlauer und spürt die Freude, die Glaube auch heute sein kann.
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