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Fußball – religiös, aber keine Religion

Der Fußball vermittelt ekstatische Gefühle, reißt die Fans aus dem Alltag heraus und gibt eine Ahnung von einer anderen Welt, in die der Ball gelangt. Seine Riten sind mit denen der Religion vergleichbar. Jedoch bleibt das Spiel den Gesetzen dieser Welt unterworfen

 Der Fußball hat viele rituelle Elemente, die ihn zu einer Art von Liturgie machen. Wie in der katholischen Kirche legt eine oberste Instanz die Regeln für den Ablauf der wöchentlichen Feiern und der großen Festzeiten, der Europa- und Weltmeisterschaften fest. Im Unterschied zu anderen Sportarten eröffnet er ein Jenseits des Spielfeldes. Im Tennis kann man kein Tor schießen, weil der Ball im Feld gehalten werden muss. Im Fußball solle er über die Grenze des Spielfeldes hinausgelangen. Das erst macht ein Tor faszinierend. Jedoch beendet nicht der Torschuss das Spiel, sondern die Uhr des Schiedsrichters. Der Ball wird ins Feld zurückgegeben. Der Vorsprung der Mannschaft, die das Tor geschossen hat, kann in der nächsten Minute verfallen

Der Ball bleibt in dieser Welt

Wäre der Fußball eine Religion, dann müsst er den Fans auch erklären, wie die Welt entstanden ist und welche Vollendung sie finden, wenn ihre Mannschaft siegt. Der Fußball bleibt allenfalls eine Diesseitsreligion. Wie die Wirtschaft und die Börse lebt er nur in der Gegenwart. Man kann mitmachen, den tieferen Sinn des Wettkampfes erklären aber weder die FIFA noch die Sportkommentatoren. Wie in der Börsenberichterstattung verfolgen die Medien nur das Geschehen, ohne den Zuschauern einen tieferen Sinn zu erschließen. Auch wenn der Fußball eine Art Jenseits kennt - wenn der Ball die Grenze überschreitet, leuchtet diese kurz auf - bleiben die Zuschauer ohne Zukunftsperspektive. Ihnen wird durch die Teilnahme am Spiel nicht versprochen, in eine andere, vielleicht sogar himmlische Existenz zu gelangen. Welt- oder Europameister ist man formell 4 Jahre, doch bei jedem verlorenen Länderspiel geht schon ein Teil des Titels verloren. Allerdings gibt es im Fußball wie in den Religionen Heroen, die im Gedächtnis bleiben. Sie haben nicht nur einmal das entscheidende Tor getroffen oder den Elfmeter gehalten, sondern waren oft spielentscheidend. Neben den Heroen gibt es noch eine weitere Ähnlichkeit mit der Religion:

Ein Spiel ist wie ein Opfer

Schweiß muss fließen, der einzelne Spieler muß sich für die Mannschaft „aufopfern“, aber trotz Opfer gibt es keine Gnade. Es gibt einen Sieger, die Verlierer werden von der nächsten Runde ausgeschlossen. Der Fußball funktioniert letztlich nicht anders wie die normale Welt. Deshalb gibt es am Ende des Spiels nicht wie im christlichen Gottesdienst den Auftrag, in die Welt zu gehen und sie zum Guten zu verändern. Das Spiel hat keine besondere Hoffnung, nur auf das nächste Spiel, um dann vielleicht zu gewinnen. Letztlich spiegelt der Fußball die Welt, ohne eine wirklich Erlösung zu versprechen.

Die Welt nicht zu verändern, aber in einem anderen Glanz erscheinen zu lassen, das macht der Fußball allerdings sehr gut.

Links:
Den Ball ins Jenseits bringen



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