Die Welt kommt zusammen, verhandelt, sorgt für Internationalität. Zugleich die Unsicherheit, was die digitalen Medien vom Gedruckten übrig lassen und ob sie dem Smartphone-Wischer überhaupt noch Zeit zum Lesen geben. Frankreich ist mit seinem Präsidenten wie ein Phönix aus der Asche emporgeschnellt. Es gibt keinen Gesamteindruck von der Buchmesse, jedoch den, dass das Buch dem Gegenwind standhält. Im Folgenden drei Beobachtungen, die auf gesellschaftliche Entwicklungen hinweisen.
Buchthemen - Reformation, Islam, Frankreich
Eigentlich müsste 2017 Luther als Mediengenie und Sprachschöpfer als einer der geistigen Gründerväter der Buchkultur erstrahlen. Wie schon beim Evangelischen Kirchentag ist es dem Luthertums nicht gelungen, die Bedeutung Luthers für das 21. Jahrhundert zu erschließen. Die Fixierung auf die Reformationsgeschichte und einige Lutherbiografien entfachen nicht das Interesse, das Luther verdient.
Angekommen ist die Auseinandersetzung mit dem Islam, nicht nur als politisches, sondern als religiöses Phänomen. Es wird immer mehr deutlich, wie die Religion die Kultur der muslimischen Länder stranguliert, die Entwicklungspotentiale durch die Flucht in die Gewalt zerstört werden und den Muslimen eigentlich geholfen werden muss, an ihr großes kulturelles Erbe wieder anzuknüpfen. Als eines der sorgfältig erarbeiteten Auseinandersetzung sei auf Michael Blume, „Islam in der Krise“, hingewiesen.
Wie man mit einer Rede das bunte Treiben, die vielen Lizenzgespräche und den ständigen Strom durch die Hallen überstrahlt, hat der französische Präsident gezeigt. Es war eben keine politische Rede, die Kultur für Politik ausschlachtet, sondern an eigenen Leseerfahrungen teilhaben lässt. Ohne irgendwie werbliche für das eigene Land zu sprechen, wird diese Rede die Lektüre französischer Autoren beflügeln. Das leitet zum nächsten Beobachtung weiter.
Die Internationalität des deutschen Verlagsangebots
Die französische Literatur als Gastland der Buchmesse zeigt ein Defizit auf. Deutsche Verlage bestreiten ihr Programm mit vielen angelsächsischen und auch skandinavischen Autoren. Frankreich ist zu wenig vertreten. Die Präsenz vieler Weltsichten, dass mit einem Buchangebot und ebenso einem Kinoprogramm dem Exportland Deutschland entspricht, indem Autoren anderer Sprachen und damit Kulturen zu Wort kommen lässt, ist jedoch zu sehr angelsächsisch orientiert. Dass vor allem die englischsprachige Literatur vorherrscht, liegt auch daran, dass die Zentrale des größten deutschen Verlages, der Bertelsmanngruppe, in New York liegt und Random House heißt. Damit sind nicht nur die US-Autoren schon bei Bertelsmann unter Vertrag, sondern auch mit Pinguin Books auch viele englische. Bertelsmann greift gerade nach den zweiten 50%-Anteilen, die ersten besitzt es schon.
Es wird politisch höchste Zeit, dass sich Europa von der meist misslingenden Interventionspolitik der USA absetzt. Dafür braucht Deutschland den französischen Blick.
Das Buch im Gegenwind der Digitalisierung
Es sind die Kostenlosstruktur und die Nutzungszeiten des Digitalen, die dem Buch zu schaffen machen. Weil das Internet mehr Informationen kostenfrei anbietet, als die Nutzer bewältigen können, gibt es weniger Gründe, ein Buch zu kaufen. Zudem nehmen Facebook, WhatsApp, Instagram u.a. so viel Zeit in Anspruch, die der Buchlektüre fehlt. Zudem haben die Social Media eine Sogwirkung aufgebaut, dass man etwas verpassen könnte, wenn man nicht gleich auf einen eingehenden Post reagiert. Das Buch hält bei geringeren Auflagen und damit knappen finanziellen Ressourcen deshalb Stand, weil es das Auge weniger beansprucht und keine tausend andere Homepages, Posts und Mails ablenken. Es bleibt mit seiner zentralen Leistung, nämlich einen Sachverhalt, historische Zusammenhänge und einen schlüssigen Gedankengang zu vermitteln, unüberholbar. Es ist durchaus möglich, dass die Zeitung und viele Zeitschriften als Printprodukte verschwinden, das gedruckte Buch jedoch nicht. Die Ukraine zeigt, dass eine intensive Auseinandersetzung zum Buch zurückführt.
Es wird noch nicht deutlich was kommt
Nochmal zu Luther: Er hat die tieferliegenden Unzufriedenheit, die Konturen des Neuen, ein neues Selbstverständnis ins Wort gebracht. Was sich in den vielen Krisen andeutet und mit der letzten Wahl das politische Parallelogramm Deutschlands verändert hat, artikuliert sich noch nicht. Auch die tiefgehende Umbruchssituation des Kirchlichen zeigt sich im Angebot der christlichen Verlage ebenso wenig. Zwar gibt es viele Bibelausgaben aber keinen Luther, der die Bibel zum Bestseller macht. Es wird ein Film sein, aber sicher auch ein Buch, das das ins Wort bringt, was noch unausgesprochen durch die Hallen des Frankfurter Messegeländes weht.
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