2019 waren es 300.000 Besucher und 7450 Aussteller, 2024 etwas mehr als im Vorjahr, jedoch nur 4300 Austeller und 115.000Besucher, die als Aussteller, Autoren, Agenten, Journalisten an den ersten drei Tagen Zugang hatten.
Ursachen für den Schrumpfprozess
Früher bestellten die Buchhändler ihr Weihnachtssortiment auf der Buchmesse. Heute werden sie von Verlagsvertretern besucht, erhalten über Newsletter Informationen über die Neuerscheinungen und finden von jedem Verlag eine Homepage. Die Buchmesse reduzierte sich auf einen Umschlagsplatz von Lizenzen. Die Besucherzahlen wie die Zahl der Verlage ist erheblich zurückgegangen. Manche Kleinverlage mieten keinen Stand mehr, sondern laufen mit einem Rollkoffer durch die Hallen, in dem sie die Neuerscheinungen transportieren. Der Kostendruck führt zur Konzentration der Verlage. Denn Bücher zu drucken und zu verkaufen erfordert eine hohe Kapitalausstattung. Nur wenn eine Institution einen Titel in Auftrag gibt, erhält der Verlag das Geld mit einer Überweisung. Die Leser muss er einzeln gewinnen. Da die meisten Titel kaum ihre Kosten einspielen, müssen Bestseller die Verlage finanziell absichern. Um den Kostendruck zu senken, schließen sich Verlage zusammen oder werden aufgekauft. Bertelsmann mit Random-House schreibt stolz auf eine Wand seines großen Standes, es seien 40 Verlage, die hier vertreten werden. Diese hatten einmal einen eigenen Stand.
Die Titel zeigen die geistige Situation der Republik:
Geht man durch die zwei Stockwerke der Halle 3, wo die meisten deutschsprachigen Verlage sich präsentieren, dann findet man neben Belletristik hauptsächlich Lebensberatung, dann Kochbücher, Tourismus, auf Geschichte und Regionen ausgerichtete Angebote. Einige Bundesländer präsentieren Titel, z.B. aus Hessen oder Baden-Württemberg. Das, wofür Bücher einmal gedruckt wurden, Philosophie und Religion, ist fast nicht mehr vertreten. Die evangelischen und katholischen Verlage, die überhaupt noch kommen, machen einen zu bescheidenen Eindruck. Dafür ist islamische Theologie präsent. Wenn Philosophie und Theologie, dann in den Hallen für ausländische Verlage. Auch hier sind nur noch einige da. Das Sortiment ist ein Indikator für die geistige Situation. Es gibt einen hohen Beratungsbedarf, um das eigene Lebensschiff zu steuern. Auf welchem Wasser es fährt, das ist der Zeitgeist, hat alles ins Schwimmen gebracht und die bisherigen Karten, mit denen man sein Lebensschiff steuern konnte, sind überholt. Tägliches Nachsteuern ist notwendig. Der Golf- u.a. andere Ströme verlieren immer mehr an Sicherheit, um richtig navigieren zu können. Dafür gibt es eine Fülle von Ratgebern, die man gar nicht alle lesen kann, um sich selbst eine neue Seekarte zu zeichnen. Es scheint das Durchkommen zu genügen, die Qualität des Wassers wird nicht mehr überprüft. Da die meisten Daten aus der Konsumentenbefragung stammen, muss man sich auf ständige Wechsel einstellen. Da haben Philosophie und Religion ausgedient. Aber genau hier liegt die Notwendigkeit des Buches, nicht schnelle Rezepte, sondern in die Tiefe gehen, die langfristigen Strömungen untersuchen, um Ankerplätze zu finden.
Der lange Weg durch das Internet
Es geht auch um die Zeit, die die Einzelnen der Lektüre widmen. Der Bildschirm bekommt viel mehr, aber leistet nicht das, wofür Bücher geschrieben und gedruckt werden. Hier muss die Branche noch aufschließen. Zwar kann ich jedes Buch über das Internet bekommen, aber das Internet erzählt mir noch nicht, was ich von der Lektüre habe. Es wird oft erst dann aktiviert, wenn das Buch aus der Druckerei kommt. Für das Sachbuch kommt hinzu, dass die meisten Inhalte auch über das Netz erreicht werden können und die Chatbots sogar fertige Texte ausspucken, weil sie einen großen Teil des Internets abgegrast haben. Schon lange ist klar, dass die Internetpräsenz dem Erscheinen des Titels vorauslaufen muss. Die Social Media könnten intensiver genutzt werden, um einen Titel ins Gespräch zu bringen. Das bleibt aber mühsames Marketing. Es hat sich an den Rand drängen lassen. Es ist nicht mehr so, dass „man“ bestimmte Bücher gelesen haben musste, um dazu zu gehören. Es kann auch nicht allein den Verlagen und den Feuilletons zur Aufgabe der gemacht werden, dem Buch wieder eine Aura zu geben. Es bleibt das entscheidende Medium, Zusammenhänge herzustellen, Fragen gründlich zu durchdenken und große Geschichten zu erzählen. Wenn die Kulturschaffenden der Eindampfung des Buchangebotes weiter gelangweilt zusehen, setzen sie die Existenz der Institutionen und damit ihre eigenen Arbeitsplätze aufs Spiel. Der Börsenverein, Ausrichter der Buchmesse, kann mit hohen Gebühren die Zahl der Verlage und der Besucher mit zu hohen Preisen weiter herunterschrauben. Wenn Verhandlungen in den Cafés außerhalb des Messegeländes stattfinden, weil man sich keinen Stand mehr leisten kann, dann ist die Messe nur noch Ausstellung und nicht mehr Handelsplatz. Seit Jahren ist klar, dass dieses Messekonzept überholt ist. Es genügt nicht, die Eintrittskarten digital mit einem QR-Code zuzustellen. Es müssen die Inhalte anders ihre Zielgruppen erreichen.
Dazu meldet sich eine neue, junge, meist männliche Leserschaft, die „New Adults“ im Alter zwischen 18-25 Jahren
Neu ist auch die Präsenz Chinas. Dort werden nicht nur Sonnenpaneele kostengünstig hergestellt, sondern auch Bücher. Ein Stand stellte verschiedenen Bibelausgaben vor, die in China gedruckt worden sind. Ein schwedischer Buchhändler berichtete, dass er von einem Chinesen angesprochen wurde, nicht in Englisch, sondern auf Schwedisch. Der Chinese bot an, Druckaufträge günstig durchzuführen.
Hier ein Bericht über die Buchmesse 2019. Es hat sich nicht getan:
Das Buch braucht eine bessere Messe
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