Wenn der Mensch das Ebenbild Gottes ist, dann kann er spürend ahnen, wie Gott selbst ist. Das wird am Gegenbild des rächenden Gottes deutlich, der in den Köpfen derer präsent ist, die ihn verteidigen müssen, wenn eine französische Satirezeitschrift sich über ihn lustig macht. Auch Christen, die sich in unterschiedliche Bekenntnisse aufgespalten hatten, konnten sich jahrzehntelang bekämpfen. Gottesverehrung kann zu einer strickten Einstellung und negativen Affekten gegenüber denen führen, die abweichen, es anscheinend laxer nehmen, die den disziplinierenden Anspruch nicht so auf sich wirken lassen.
In jeder Religion gibt es aber immer auch Beter und Weise, die Gott nicht wie einen Machthaber ansehen, der um sein Ansehen kämpfen müsste.
Braucht Gott die Verehrung durch den Menschen?
Wer sich auf die Suche nach dem Ursprung dieser Welt macht, muss hinter den Urknall zurückgehen. Wenn es eine Macht ist, die hinter allem steht, dann müsste sie doch auch wie wir geistig sein, planend handeln, um einen solchen Kosmos, der von vielen, aufeinander abgestimmten Naturgesetzen zusammengehalten wird, entwerfen. Warum braucht aber ein Gott, der in sich ruht, eigentlich Geschöpfe, um die er sich dann auch noch kümmern müsste. Nur um Verehrung von den Menschen entgegen zu nehmen. Diese braucht er aber nur dann, wenn er liebesbedürftig ist. Wäre er, anders als wir Menschen, keine Person, z.B. eine Naturkraft, dann könnte er für sich selbst genug sein. So wie ein Berg einfach da ist, niemand muss ihn bewundern oder gar auf seinen Gipfel steigen, weil das den Berg nicht majestätischer machen würde. So könnten wir Gott auch sehen. Er ist da und braucht die Menschen nicht. Und die Menschen brauchen ihn nicht. Aber warum sind sie über Jahrtausende auf Berge gestiegen, um Gott näher zu sein?
Der göttliche Funke
Die Versuche, des 20. Jahrhunderts, den Menschen auf sich selbst zu beziehen und ihm die Sehnsucht nach etwas Größerem auszureden, sind an der Freiheit zerschellt. Die lange Herrschaft des kommunistischen Menschenbildes musste einen riesigen Überwachungsstaat mit unüberwindlichen Mauern errichten. Als die Freiheit gänzlich unter Kontrolle gebracht schien, entzog sie dem System den Boden. Wir spüren diesen Funken, wenn wir der Welt um uns herum überdrüssig werden, wenn sie uns langweilt oder mit ihren ganzen Unvollkommenheiten auf die Nerven geht. Dann wird es uns deutlich klar: Es muss etwas im Menschen sein, das ihn über die Möglichkeiten dieser Welt hinaustreibt.
Alleinherrscher sind nicht mehr angemessen
Auch wenn es autokratisch handelnde Präsidenten gibt, unsere Wunschvorstellung ist das Team, das mehrere Begabungen zum Zuge kommen lässt und uns keine Entscheidungen aufzwingt. Vielleicht gibt der Sport Hinweise Der Mannschaftssport Fußball fesselt mehr die Aufmerksamkeit als der Einzelkämpfer im Tennis. Das Spiel ist einfallsreicher und bietet sehr viel mehr überraschende Abläufe. Wir wollen keine monolithische Welt, keine vorgegebene Linie, wie alles laufen muss, weil sich in einer solchen Umgebung Beziehungen nicht entfalten können.
Arbeitserfolg und Beziehungs-Gelingen
Ich weiß auf jeden Fall, dass die menschlichen Beziehungen mehr über das Gelingen oder Misslingen meines Lebens entscheiden als der berufliche Erfolg. Beruf und Partnerschaft-Familie in Einklang zu bringen, ist der Wunsch. Dieser folgt aus der Einsicht, dass Glück nicht so erreicht werden kann wie beruflicher Erfolg. Das Gelingen von Beziehungen hängt von mehr Faktoren ab als effektiv zu sein. Einfühlungsvermögen, der Ausgleich von Nähe und Distanz, die Person selbst und nicht nur ihre Leistung zu sehen, fordern Persönlichkeitsentwicklung. Diese geschieht erst im Wechselspiel mit anderen.
Wir verwirklichen uns im Dialog mit anderen. Wenn Gott dieses Gelingen will, kann er nicht als Herrscher von oben in unser Leben eingreifen. Wir sehen Gott dann als Begleiter und Ermöglicher. Wir sehen ihn dann nicht als den unsere Freiheit eingrenzen muss, weil wir die Geltung seiner Gebote aushebeln. Wenn wir in Beziehung unsere Person entwickeln, dann müsste doch Gott, der uns erdacht hat, selbst in Beziehung leben. Dann braucht er uns Menschen nicht dafür, damit seine Person mit seiner Machtfülle gewürdigt wird. Im Blick auf Jesus, in dem wir Gott erkennen, wird ja nichts von einem Gott deutlich, der auf seine Macht pocht. Diese Annäherung an Gott, der Beziehung will, widersprechen die Erkenntnisse der Naturwissenschaften nicht mehr
Auch Materie in Beziehung
Wir leben in einer Welt, in der es Milliarden Verbindungen gibt. So wie die Neuronen in unserem Gehirn durch Dendriten verbunden sind und in ihrem Zusammenspiel unser Erkennen und Verstehen generieren, so ist auch alles im Weltall miteinander verbunden. Das Licht der fernsten Milchstraße erreicht uns wie die Gravitationskraft jedes Sterns.
Wir verstehen die biologische Welt erst, wenn wir das Wechselspiel der Zellen in jedem Organ, der Bakterien mit den Vorgängen im Darm, der Haut mit ihrer Umwelt sehen. Was wir Ökosystem nennen, beschreibt die Natur als Zusammensiel der verschiedenen Lebewesen. Monokulturen passen nicht mehr in dieses Verständnis der Biosphäre. Nicht zuletzt die Social Media vermitteln uns das Lebensgefühl, vernetzt zu sein. Jedes Ereignis in der Welt gelangt sofort auf unseren kleinen Bildschirm.
Geist ist Beziehung
Wir leben nicht in einer Welt, die von einem Punkt aus gelenkt, regiert wird, sondern die in Wechselwirkung steht. Auch wenn unsere Welt aus Gegenständen, unseren Autos, Maschinen, Kühlschränken, Heizungen, Sportgeräten bestimmt scheint, wir wollen mehr von dem Geist spüren, der zwischen den Dingen und Lebewesen Verbindung ermöglicht. Das Auto soll uns ja zu anderen bringen, das Smartphone verbindet uns mit der ganzen Welt.
Wir sprechen auch weniger vom Beten, sondern von Spiritualität. Wir wollen mit Gott nicht nur mit Worten in Beziehung treten, sondern im Spüren, indem wir uns im Milieu seines Geistes bewegen.
Jesus im Geist
Die Frömmigkeit war die letzten Jahrzehnte auf Jesus konzentriert, seine Worte, sein Sterben und seine neue Gegenwart bestimmten die Antwort der Betenden. Aber Jesus wollte die Menschen nicht auf sich konzentrieren. Er richtete die Beter im Vaterunser nicht auf sich aus. Er will in dem Geist gegenwärtig sein, der alles untereinander verbindet. Es ist neu bewusst geworden, dass der Heilige Geist die Wandlung von Brot und Wein in seine Gegenwart vollbringt. Das ist seit der Urkirche die Grundvollzüge der Liturgie, im Geist durch Jesus zum Vater. Im Milieu des Geistes zu leben, heißt für uns, in Beziehung, nicht in Unterwerfung zu leben.
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