USA - ein Bund mit Gott
Wer Religion infrage stellt, stellt sich damit gegen den Gründungsimpuls dieser Vereinigten Staaten. Denn es waren Religionsflüchtlinge, die diesem Staat seine Verfassung gaben. Sie blieben nicht nur Siedler. Weil sie nicht an Rückkehr dachten, gründeten sie einen eigenen Staat. Um einen neuen Anfang mit Gott zu errichten, verfassten die Pilgrim Fathers bei ihrer Ankunft einen Text, der den Bundesgedanken des Alten Testaments entsprach. Es war nicht zuerst ein Bund untereinander, sondern mit Gott. So wie Jahwe mit dem Abraham und Moses einen Bund geschlossen und immer wieder bestätigt hat, so gingen die englischen Protestanten davon aus, dass Gott auch mit ihnen einen unverbrüchlichen Bund schließen werde. Der Bundesgedanke bestimmt nicht nur das religiöse Verständnis, sondern liegt der Staatsgründung, auch dem Militär und der Familie zugrunde. Das Bewusstsein, eine besondere Beziehung zu Gott zu haben, durchzieht die Geschichte des Staatenbundes USA.
Religionsflüchtlinge gründen ihren eigenen Staat
Dieser Staat war von Anfang an multi-konfessionell, denn die Einwanderer kamen aus kleinen Kirchen Europas, die von den Fürsten oft nicht geduldet wurden, weil diese konfessionelle Vielfalt in ihrem Land als Spaltpilz ihres Staates fürchteten. Die Republikaner stützen sich auf die Werte, die die ersten Siedler mitbrachten. Sie werden deshalb von den Fundamentalisten und Evangelikalen gewählt, die sich strikt am Evangelium orientieren und dieses buchstabengetreu auslegen. Damit hat sich die Partie allerdings in die Abhängigkeit dieser Kirchen begeben. Diese Bevölkerungsgruppe versteht sich nicht als liberal. Das ist für europäische Christen schwer zu verstehen, da diese Gruppierungen auf dem Alten Kontinent nicht mehr bestimmend sind. Fundamentalistische Christen in Europa wählen deshalb nicht mehr die christlichen Parteien, sondern die am rechten Rand.
Kamen diese Christen aus religiösen Motiven, waren es im 19. Jahrhundert wirtschaftliche. Die Landwirtschaft konnte der stark gewachsenen Bevölkerung nicht mehr Arbeit und Brot geben. Erst mit dieser Einwanderungswelle kamen Katholiken aus verschiedenen katholischen Ländern in die von überzeugten evangelischen Christen gebaute Welt. Sie profitierten von der Religionsfreiheit, so dass die Katholiken zur größten Konfession der USA werden konnten
Die Trennung von Staat und Kirche
Aus europäischer Sicht erscheint das amerikanische Staats-Kirche-Verhältnis säkular, also gegen den Willen der Kirchen vollzogen. Denn in Europa musste diese Trennung gegen die Kirchen durchgesetzt werden. Die Religionsflüchtlinge, die wegen ihrer Unterdrückung und Verfolgung durch den Staat Europa den Rücken gekehrt hatten, stießen in der noch englischen Kolonie wieder auf eine Staatskirche, die englische anglikanische Kirche, deren Oberhaupt der König, die Königin bis heute ist. Deshalb, weil die Trennung nicht von einem liberalen Grundgedanken durchgesetzt wurde, kam es zu der strikten Trennung von Staat und Kirchen. Das bedeutete eine Gleichberechtigung aller Kirchen, jedoch nicht eine Abkehr von der Religion. Da die Republikaner das Erbe der Gründergeneration hochhalten, fühlen sich die überzeugten Christen bei ihnen besser aufgehoben.
Die Demokraten sind offen für Atheisten
Es gibt jedoch nicht nur religiös motivierte Einwanderer aus Europa. Auch religionskritisch und atheistisch orientierte Menschen zog das Land an. Diese können ihre Position in einer von Meinungsfreiheit bestimmten Demokratie auch öffentlich vertreten. Sie haben bei den Demokraten ihre politische Heimat gefunden. Weil ihre Position, die Existenz Gottes zu leugnen, mit der Gründungidee nicht vereinbar ist, kosten sie der Partei die Partei die Stimmen derjenigen, die sich strikt am Evangelium orientieren. Aus europäischer Sicht gelten diese Christen als rückständig, in den USA bestimmen sie den Kurs einer Partei. Da die Gründung des Staatenbundes nicht von einer Herrscherfamilie ausging, die sich gegen andere Adelsgeschlechter durchgesetzt hatte, waren die Kirchen in den USA nicht auf den Staat angewiesen, dass dieser die Institution Kirche aus eigenem Interesse organisatorisch stützt. Darunter liegt eine noch wirksamere Strömung, die in Europa ebenso die Politik immer mehr verändert.
Die Abkehr vom Liberalismus
Amerika hat den Kandidaten der Republikaner nicht nur deshalb gewählt, weil man diesem eher zutraut, die Inflation zu stoppen und die Latinos, die über die südlichen Staaten einsickern, zurückzudrängen. Gerade die wenig qualifizierten Weißen, auch in dem de-industrialisierten Nordosten der USA fürchten um ihre Arbeitsplätze. Das hat auch die Wahl in diesen Staaten entschieden. Hinzu kommt die Abwendung vom Liberalismus und von einer sozialistischen Gesellschaftstheorie. Die Mehrheit der Bürger will diesem Modell nicht mehr folgen. Hinzu kommt die Distanz zum Staat, die auch in der Gründungs-Genetik der USA grundgelegt ist. Trump ist kein Mitglied der führenden Schicht in Washington. Seine Polemik, die für die USA nicht so untypische ist, bringt Emotionen zum Ausdruck. Er verspricht den Bürgern, die Regulierung der Gesellschaft durch Washington zu beseitigen. Damit nimmt eine er ein Motiv auf, das seit der Gründung des Staatenbundes wirksam ist. Das ist afür Europa nicht selbstverständlich, dass die Konservative mehr Freiheit versprechen.
Das Phänomen „Trump“ von der Gründungsidee der USA her verstehen
Warum wählen Christen einen Geschäftemacher mit zweifelhafter moralischer Qualität. Der Hintergrund ist die calvinistische Ausrichtung der Religionsflüchtlinge. Sie erklärt, warum Gott den erfolgreichen Geschäftsmann für den Himmel bestimmt hat und warum die USA den Weißen gehören muss.
1. Der Vorsehungsglaube verbindet sich mit wirtschaftlichem Erfolg
Calvin hat eine Frage, die die Menschen im 16. Jahrhundert bewegte, strikt beantwortet. Das Problem war, dass Gott voraussieht, wie das endgültige Schicksal eines Menschen sein wird, Himmel oder Hölle. Calvin geht nicht nur von einem Wissen Gottes aus, sondern auch von seiner Allmacht. Gott bestimmt das endgültige Schicksal eines Menschen. Ob sie für den Himmel oder die Hölle berufen sind. Da im 17. Jahrhundert die Vorstellung bestand, dass nur der kleinere Teil der Menschheit in den Himmel kommen wird, wollten Viele wissen, ob sie von Gott erwählt sind. Das Anzeichen dafür ist in dieser Konzeption der wirtschaftliche Erfolg. Diese überraschende, eigentlich nicht-religiöse Antwort, gründet auf folgender Überlegung: Warum soll Gott Menschen wirtschaftlichen Erfolg zugestehen, wenn er sie für die Hölle bestimmt hat. Ein Mensch, der wirtschaftlich erfolgreich ist, ist ein von Gott Erwählter. Also auch Trump.
2. Die Ablehnung nicht-weißer Zuwanderer hat wie in Südafrika auch ihre Wurzeln im calvinistischen Vorsehungsglauben. Gott hat den Einwanderern dieses Land geschenkt. In Südafrika waren es zwei burische Kirchen holländischer Calvinisten. In den USA ist eine solche Zuordnung nicht so offensichtlich. Da jedoch die Gründungsmitglieder nicht aus dem Luthertum, sondern aus reformierten also calvinistischer Kirchen stammten, legitimiert der Vorsehungsglaube die weiße Vorherrschaft. Die von Buren gegründeten Kirchen gingen noch einen Schritt weiter. Sie erklärten, dass Gott die afrikanische Bevölkerung zu Dienern der Weißen bestimmt habe. Nicht nur die schwarze Hautfarbe wird in den USA als Berechtigung gesehen, ehemalige Sklaven zu Bürgern zweiter Klasse zu machen. Die Latinos, die aus Mittelamerika einsickern, werden nicht wie die Sklaven als notwendige Arbeitskräfte behandelt, sondern als Konkurrenten um Arbeitsplätze der Weißen.
Die Polemik gegen Migranten zeigt nicht nur eine Abkehr von der Botschaft Jesu, sondern auch von der Gründungsidee des Staatenbundes. Die republikanische Partei mit ihrem Repräsentanten Abraham Lincoln hatte die Abschaffung der Sklaverei als zentrales Anliegen formuliert. Dieses Ziel wurde zum Auslöser des amerikanischen Bürgerkriegs.
Wieso sind die Katholiken Kennedy und Biden bei den Demokraten zu Hause?
Weil ihre Väter noch wie selbstverständlich die Demokraten wählten. Es war die Partei der Gewerkschaften, die katholischen Einwanderer, die erst im 19 Jahrhundert in die USA aufbrachen, waren Handwerker und Arbeiter. Auch wenn sie wie die Kennedys erfolgreich waren, blieben sie katholisch. Die Katholische Kirche war dann die erste, die sich dezidiert gegen Abtreibung aussprach. Da die Abtreibungsfrage in den USA eine große Rolle spielt und daher für die Wahl mit entscheidend ist, haben 54% der Katholiken für die Republikaner votiert. Von Biden wurde gefordert, dass er sich gegen seine eigene Partei stellt. Wäre er Republikaner, wäre das kein Problem gewesen, als Mitglied der Demokraten konnte er allein schon deshalb nur sagen, er persönlich befürworte die Abtreibung nicht, aber nicht die Wählerinnen vor den Kopf stoßen, die wegen der Position der Demokraten dieser Partei ihre Stimme gegeben hatten.
Eckhard Bieger S.J.
Die oben formulierte Analyse stützt sich auf das Buch „Bundetheologie und Religionsfreiheit, Religion und Gemeinwesen und Nordamerika und Deutschland“,
erschienen im Echterverlag, Würzburg 2009. 193 S.
Link auf Buch https://www.echter.de/bundestheologie-und-religionsfreiheit/
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