Abendmahl St. Lorzenz, Nürnberg - die Kirche haben die Jesus-Jünger aufgebaut Foto: hinsehen.net E.B.

Führen muss man wollen, leiten kann man lernen

Wer eine Führungsrolle in einem Unternehmen, einer Einrichtung, einem Verband, einem Verein, einem Orden übertragen bekommt, muss innerlich zu dieser Aufgabe „Ja“ sagen, denn führen muss man wollen. Um Führung konkret umzusetzen, muss sich jede Führungskraft auch die Leitungsverfahren aneignen.

Führungskompetenz geht über Sachkompetenz hinaus

Führung ist mit Verantwortung für die definierten Werte und die Philosophie des Unternehmens, die Verfolgung der Unternehmensziele, sowie für den gezielten Einsatz der Begabungen der Mitarbeiter*innen verbunden. Dafür brauche ich als Führungskraft den Blick für das Ganze.
Führung ist vielfältig und fordert mich über mein Sach- oder Spezialwissen hinaus vor allem als Person, besser noch als Persönlichkeit. Um einer Führungsaufgabe gerecht zu werden, sind Fähigkeiten gefragt, die in Schule oder im Studium fast nie vermittelt werden, eher schon in Jugendverbänden oder in Sportvereinen. Hinzukommen muss der Wille, das eigene Tun zu hinterfragen, um zu erkennen, was wirklich hilfreich oder weniger hilfreich für andere ist. Bereits in der Jugendgruppe oder als Trainerin für Jüngere entwickle ich schon früh ein Gespür für das, was über meine Sachkompetenz, über mein mir angeeignetes Wissen oder meine praktischen Fähigkeiten hinaus notwendig ist. Um mir diese Kompetenzen anzueignen, brauche ich den Willen, mich als Person zu zeigen, mich anderen mit meinem Handeln „auszusetzen“ und Feedback für meine Weiterentwicklung zu nutzen. Da ist auch Kritikfähigkeit gefragt, denn ich bin als Führungskraft nicht fehlerfrei. Je mehr mir das bewusst ist, desto menschlicher kann ich auch mit Fehlern der Mitarbeitenden umgehen.

Entscheidung treffen

Damit ich mich für eine Führungsaufgabe entscheiden kann, muss ich erst einmal prüfen ob meine Wertvorstellungen mit denen des Unternehmens oder der Einrichtung übereinstimmen. Diese Übereinstimmung ist deshalb notwendig, weil ich ohne die Identifikation mit den Werten und Zielen des Unternehmens bei jeder Entscheidung in Gewissensnöte gerate. Ich gefährde dann sowohl den Erfolg meines Einsatzes wie den des Unternehmens und der Mitarbeitenden. Kann ich mich auf die Wertorientierung der Einrichtung, des Verbandes, des Unternehmens einlassen, richtet sich mein Augenmerk vor allem auf die Mitarbeiter*innen, die es zu führen gilt.

Das höchste Gut – die Mitarbeiter*innen

Sie sind das höchste Gut des Unternehmens, weshalb sie im besonderen Fokus stehen sollten. Ihre Begabungen und Talente sind es, die erst den Erfolg des Unternehmens ausmachen. Deshalb obliegt es mir als Führungskraft, sie dort einzusetzen, wo sie mit ihren Qualitäten das Unternehmen am besten unterstützen können. Dafür brauche ich die Fähigkeit, die Kompetenzen der Mitarbeiter*innen zu erkennen und sie darin zu unterstützen, dass sie diese auch weiter entwickeln und verwirklichen können. Ermögliche ich ihnen, an ihrem Arbeitsplatz ihre Fähigkeiten eigenständig einzusetzen, verstehe ich mich als „Hintergrundsicherung“, die jederzeit angefragt werden kann, sorge für Transparenz der Ziele und Werte nicht nur des Unternehmens, bearbeite ich Konflikte und halte Mobbing fern, kann ich davon ausgehen, dass meine Führungsstrategien viel Schaffenskraft und Energie bei den Mitarbeitenden freisetzen. Für dieses „Führen“ muss ich mich auch selbst führen. Mit einem klaren Zeitmanagement, mit Auszeiten zum Reflektieren meiner Handlungen, für Gespräche mit einem Coach, mit dem ich meine Anliegen außerhalb des Unternehmens durcharbeiten kann, bleibe ich immer „dran“, auch wenn ich älter werde und eine Generation ins Unternehmen eintritt, die anders ist. So erwarten nämlich bereits heute die Millennials und die Generation Z eine andere Führung als die, die die heute Fünfzigjährigen praktizieren.
Für Führung benötige ich emotionale Intelligenz, das ist Einfühlungsvermögen, Empathie, die Fähigkeit auf Menschen zuzugehen, aber auch persönliche, reflektierte Reife, damit ich meine eigenen „Macken“ nicht auf den Mitarbeiter*innen auslasse.

Leitung braucht methodisches Handwerkszeug

Wenn ich als Führungskraft Aufgaben übernehme, wie: Konferenzen zu leiten, Konfliktgespräche oder Mitarbeitergespräche zu führen, dann benötige ich zusätzliches methodisches Handwerkszeug. Es sind Verfahren und Regeln, die meine Vorgehensweise in der Moderation von Gesprächssituationen absichern, damit sie nicht der Willkür und meinen Stimmungen ausgeliefert sind. Diese Verfahren sichern den Erfolg von Gesprächen. Sie sind in Fortbildungstrainings erlernbar. Bücher zu diesen Verfahren unterstützen die Leitung, wenn sie mal was nachlesen will. Es sind nur ein paar wenige aber entscheidende Verfahren und Regeln, die der Leitung die Sicherheit geben, jede Gesprächssituation moderieren zu können. Da gibt es das Verbalisieren, das zum richtigen Verstehen beiträgt, die offenen Fragen, die ein Thema weiter eröffnen als geschlossene Fragen und die schweigende Mitarbeiter*innen eher zum Sprechen bringen. Für die Bearbeitung von Konflikten ist der Blick auf die Gefühle wichtig, denn im Konflikt geht es nicht um die Sache sondern um die verletzten Gefühle. Sie müssen Thema werden, damit der Konfliktpartner verstehen kann, was sein Handeln im anderen auslöst. Für eine Konferenz, eine Diskussion, wie für Fallgespräche gibt es festgelegte Abläufe, die sicherstellen, dass die Ziele der jeweiligen Sitzung erreicht oder die Probleme gelöst werden.

Einfach gut führen – ein kompakter Leitfaden

In dem ansprechenden Buch von Magdalena M. Holztrattner können sich Führungskräfte oder diejenigen, die sich auf diese Aufgabe vorbereiten, mit den grundlegenden Fragen und Kompetenzen von Führung beschäftigen. Die Autorin greift die Kerngedanken zur „eigenen Führung“ und zu einem effektiven Zeitmanagement auf. Sie beschreibt die persönlichen „Fallen“, in die man geraten kann und was Fehler im Handeln von Führungskräften bedeuten. Als Theologin verbindet sie sich auch immer wieder mit den christlichen Werten. Dankbarkeit und Demut sind Begriffe, die mit Inhalt gefüllt werden. Sie bringt auch einige Führungselemente in Zusammenhang mit der Einstellung und dem konkreten Handeln Jesu. Am Ende jedes Artikels stellt sie den Leser*innen hilfreiche Fragen, damit sie sich vergewissern können, was schon im eigenen Verhalten gelingt oder an was noch gearbeitet werden kann.
Im zweiten Teil wendet sie den Blick auf den Umgang mit den Mitarbeitenden, der Wertschätzung, der Konfliktbearbeitung wie auch auf Kritik, die zur Verbesserung des Arbeitsklimas beiträgt. Sie greift praktische Fragen zum Homeoffice auf und gibt Tipps wie es gelingen kann, dass Mitarbeiter*innen nicht aus dem Blick verloren gehen.
Der dritte Teil befasst sich mit der Organisation als Ganzem, mit der Macht von Führung aber auch mit den unterschiedlichen Rollenverständnissen. Sie möchte in ihrem Buch dazu motivieren, dass der Alltag für Führungskräfte leichter und humorvoller wird.


Kategorie: Gelesen

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