Auslaufmodell Links-Liberal

Der NDR setzt eine Moderatorin ab. Das kann ein Intendant anordnen. Es kommt dann jemand anderes. Auf einmal gibt es jedoch wegen eines solchen Austauschs in der Presse und im Internet eine Diskussion, die nach dem ersten Tag nicht verstummt. Es geht dabei nicht nur um die Pluralität, dass der Sender die unterschiedlichen Strömungen in der Gesellschaft abbildet. Es geht auch um die erfolglose Abwehr gegen Rechts. Ein Kommentar von Dr. Eckhard Bieger SJ.

Es braucht Auslöser für einen Konflikt. Eine konservative Moderatorin wurde von Redakteur*innen nicht hingenommen. Julia Ruhs musste abtreten, es sollen 250 Mitarbeiter*innen des Senders einen Brief unterzeichnet haben. Sie hatte vorher festgestellt, dass in den Medien eine linke Perspektive überwiege. Muss ein Intendant einem solchen Protest nachgeben?
Dieser Konflikt ist nicht neu. Er wurde bereits bei der Achtundsechziger-Bewegung ausgefochten. Diese war angetreten, die Gesellschaft umzukrempeln. Sie brachte die SPD an die Regierung. Es gab rund um die Regulierungen der Sexualität - Ehescheidung, Homosexualität, Pille, Abtreibung - heftige Gegenreaktionen. Es ging nicht ohne Gewalt. Die Rote Armeefraktion inszenierte sich in der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Martin Schleyer. Nach einer Verfolgungsjagd hatten sie keine andere Idee, als ihn umzubringen.

Links-Liberal überzeugte die Mehrheit

Trotz dieser Exzesse erhielt die linksliberale Konzeption die politische Mehrheit und fand unter den Hochschulabsolventen das Personal, um im Bildungsbereich, im Kulturbetrieb und bei Radio und Fernsehen die entscheidenden Posten zu besetzen. Das gelang allerdings im ZDF nicht so konsequent wie bei den ARD-Sendern. Der Bayerische Rundfunk war hier eine Ausnahme, die bis heute durchgehalten wird. Julia Ruhs kann die vom Bayerischen Rundfunk beigesteuerten Sendungen zu „Klar“ weiter moderieren. In der Industrie und im Handel gelang der Umbau nicht, hier setzte sich der gar nicht liberale Neoliberalismus, d.h. die einseitige Orientierung am Geld, durch. Diese, hier grob skizzierte Vorherrschaft einer bestimmten Mischung aus liberal und Karl Marx geht zu Ende. Weite Teile der Bevölkerung trauen deren Konzeption von Gesellschaft nicht mehr zu, die anstehenden Probleme zu lösen. Die Regierung aus SPD, Grün und Liberal hat unfreiwillig den Beweis dafür erbracht.

Die noch immer linke Mehrheit

Die linksliberal orientierten Bevölkerungskreise bilden wegen der Überalterung der Gesellschaft weiterhin die Mehrheit. Ihre Partei ist erstaunlicherweise nicht mehr die SPD. Wie schon die Ampelkoalition gezeigt hat, gibt es keinen Konsens, wie es weitergehen soll. Die CDU ist schon wieder an der Regierung, obwohl sie noch Zeit für ihre Neuorientierung gebraucht hätte. Sie erhielt allerdings nicht die Mehrheit, um wirklich regieren zu können. 

Die latente Gewalt

Die Studentenrevolte sprach von “Gewalt gegen Sachen”, was faktisch Gewalt gegen Polizisten bedeutete. Für ihren Marsch durch die Institutionen war physische Gewalt nicht notwendig, es brauchte nur Personalpolitik. Wie immer, wenn nicht Kompetenz entscheidet, werden zu viele leitende Positionen mit Leuten besetzt, die nur den Posten wollten. Das Ergebnis ist ein trübes Erscheinungsbild vieler Institution.
Trotz des weitgehend gewaltlosen Umbaus der Gesellschaft wirkt die Rechtfertigung von Gewalt wohl doch weiter. Die Initiative, die AFD zu verbieten, zeigt das und zugleich die Unfähigkeit der Linken, eine politische Auseinandersetzung zu führen. Die Zustimmung bei Wahlen sinkt weiter.

Der Stand der Dinge

Die Gegenbewegung wird nicht von profilierten Konservativen angeführt. Das zeigt sich auch daran, dass sie zu wenig Themen in den Medien besetzen kann, die die AFD nicht vorher schon aufgegriffen hat. Die Übergangsphase dauert bereits zu lange. Wahrscheinlich sind es Putins Drohnen, die eine neue Konzeption für die Gesellschaft erzwingen.

Der Synodale Weg der Katholischen Kirche: ein Abgesang

Die lange Vertuschung von Missbrauch in der Katholischen Kirche hat zu einer Synode geführt, die ihr Thema nur am Rande behandelte. Die Jahre, in denen die meisten Übergriffe geschahen. Es gab kein eigens Dokument zur Missbrauchsfrage, sondern zu
1. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche,
2. Frauen in Diensten und Ämtern,
3. Priesterliche Existenz heute und
4. Leben in gelingenden Beziehungen – Eine erneuerte Sexualethik.

Macht und Sexualität waren bereits die Themen der Achtundsechziger. Zur Rolle der Priester wünschte fast die Hälfte der Teilnehmer*innen eine Diskussion, ob die Katholische Kirche in Deutschland noch Priester brauche. Diese Diskussion wurde nicht geführt, leerte jedoch gründlich die Priesterseminare. Die brennenden Themen, der kontinuierliche Rückgang der Gottesdienstteilnehmer*innen sowie die Abwendung der jüngeren Generationen von der christlichen Sicht der Welt, wurden umgangen. Dass die Gläubigen die Themen, die sich die Versammlung gewählt hat, für irrelevant halten, zeigt sich in dem durchgehenden Desinteresse an den Ergebnissen des Synodalen Weges.  

Wie soll sich die Generation Z orientieren können? Sie empfinden die Gesellschaft, in die sie hineingeboren wurden, als „haltlos“. Zugleich kann das linksliberale Projekt, das mit ständig wachsenden Konsum- und Tourismus-Angeboten versehen wurde, nicht ohne massive Schuldenaufnahme am Leben erhalten werden. Die Protagonisten dieses Modells sind im Rentenalter angekommen, die Leistungen im Bundeshaushalt für diese Generation werden weiter erhöht. Die Jüngeren wissen, dass sie mit einer solchen finanziellen Ausstattung im Alter nicht mehr rechnen können.

Ein Kommentar von Dr. Eckhard Bieger SJ. 


Kategorie: Analysiert

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